Samuel, der Tod. Nadja Christin

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Название Samuel, der Tod
Автор произведения Nadja Christin
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847697251



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glaube, er heißt Charles, oder so ähnlich. Ich weiß auch nicht, was er macht, aber, er scheint nett zu sein.«

      Der Vampir überlegt einen Moment.

      »Woher weißt du eigentlich, dass der Blutsack bei dem unheimlichen Kerl wohnt?«

      Auf Alices Gesicht erscheint ein breites Grinsen.

      »Madame Geraldine«, sagt sie lachend.

      Liam stimmt in ihr Lachen ein.

      Madame Luisa Geraldine ist eine alte Frau, die zwei Häuser weiter wohnt. Sie hat für ihre Mitmenschen nichts als Spott übrig und ist die größte Klatschtante, der gesamten Rue Denfert Rochereau. Sie weiß alles von jedem und wenn sie etwas nicht weiß, dann erfindet sie es einfach.

      Sie war es auch, die Alice erzählte, dass die beiden Männer sich eine Wohnung teilen. Sie berichtete es in einem verschwörerischen Flüsterton und hinter vorgehaltener Hand, so als wolle sie Alice das bestgehütete Geheimnis der Welt anvertrauen. Die Kleine zuckte auf diese Offenbarung hin, nur die Schultern. Eine Reaktion, mit der Madame Geraldine nicht gerechnet hatte. Aber da sie wollte, dass Alice genauso entsetzt darüber war, wie sie, legte Madame noch einen drauf.

      »Aber«, krächzte sie heiser und rückte noch näher an Alice heran. »Stellen Sie sich vor … sie haben sogar ein Schlafzimmer … zusammen

      Triumphierend sah die Alte Alice an. Ganz so, als wollte sie noch hinzufügen: Na, was sagst du jetzt, Mädchen.

      »Waren Sie schon einmal bei den jungen Männern in der Wohnung?«, fragte Alice und sah Madame neugierig an.

      »Nein. Nein, natürlich nicht«, rief sie entsetzt und beugte sich nach hinten. Die Hände auf ihren mächtigen Busen gedrückt, die Augen aufgerissen sah sie die Jüngere furchtsam an.

      Es machte schon länger die Runde in der Straße, dass Madame Geraldine sich das ein oder andere Mal gewaltsam Zutritt zu einer Wohnung verschafft hatte, nur um ihre persönliche Neugierde zu stillen. Ob an dem Gerücht etwas Wahres dran war, wusste Alice nicht genau, aber vorstellen konnte sie es sich durchaus.

      Um das Gespräch zu beenden, zuckte die Werwölfin ein weiteres Mal mit den schmalen Schultern und sagte abweisend:

      »Und wenn schon, dann schlafen sie eben zusammen … ich denke nicht, dass uns das was angeht. Die können machen, was sie wollen.«

      Verärgert runzelte Madame ihre Stirn und wechselte rasch das Thema.

      »Ich denke nicht, dass sie ein Paar sind«, sagt Alice und schüttelt wie zur Bekräftigung den Kopf.

      »Egal, was das Klatschmaul Geraldine sagt. Der Typ kam mir viel zu männlich vor und außerdem hat er ein bisschen mit mir geflirtet.«

      Liam wendet sich wieder seinen Büchern zu. Er will nicht, dass Alice sieht, wie sehr ihn ihr letzter Satz getroffen hat.

      »Das denke ich auch nicht.« Mit Schaudern erinnert er sich an den Kerl in seinem neuen Mercedes. Nein, überlegt er den Satz weiter, der steht mit Sicherheit auf Mädchen … das, und auf Blut und Fleisch und … auf die Hölle.

      Kapitel Drei

      Es ist tiefste Nacht, als Samuel seinen Mercedes in die Garage lenkt.

      Er fuhr nicht sofort von der kleinen Kirche aus nach Hause, unterwegs hielt er noch an einem Rastplatz an. In der hintersten Ecke parkte er seinen Wagen, stellte den Motor ab und dachte nach. Sein Nacken ruhte auf der Kopfstütze und die Augen hielt er geschlossen, kein Atmen hob seinen Brustkorb, kein Muskel regte sich an ihm. Wenn ein nächtlicher Besucher des Rastplatzes ihn entdeckt hätte, so wäre dieser schreiend davon gelaufen, nur um möglichst rasch die nächste Polizeistreife anzuhalten, und ihnen stotternd mitzuteilen, dass ein Toter in einem nagelneuen Mercedes liegt.

      Aber zum Glück störte Samuels Gedanken kein noch so aufmerksamer Passant. Erst drei Stunden später wachte er aus seiner Lethargie auf und trat den Heimweg an.

      Als er über die A13 in Richtung Paris fuhr, umspielte seine Lippen bereits ein leises Lächeln. Er lenkte den Wagen weiter auf der Rue de Normandie, schenkte den hellen Lichtern, wofür diese Stadt so berühmt ist, keinerlei Aufmerksamkeit.

      Erst als er endlich in die Rue Denfert Rochereau einbog, war seine Laune wieder hergestellt.

      Selbst die Garageneinfahrt, die sich so anfühlt, als führe sie senkrecht in die Hölle, kann ihn heute nicht verärgern.

      Er freut sich auf einen schönen alten Whisky, der so wunderbar nach Holz und Rauch schmeckt und einem knisternden Feuer im Kamin.

      Als er seine Wohnung im zweiten Stock aufschließt, schlägt ihm grausam laute Rockmusik, aber auch ein herrlicher Geruch nach Schweinebraten, Kartoffeln und einem süßen Dessert, entgegen.

      »Ah, hier bin ich richtig«, sagt er leise und grinst nur noch breiter. So mies der Tag auch angefangen hat, umso besser scheint er zu enden.

      »Charlie?«, ruft Samuel laut durch die große helle Wohnung.

      »Hey, Alter«, erklingt es munter zurück. »Bin in der Küche.«

      Samuel hängt seinen Mantel in die Garderobe, zieht die Schuhe aus und streckt sich kurz.

      Bin ich froh, wenn ich aus den Klamotten rauskomme, denkt er und geht mit einem Lächeln in das große Esszimmer.

      Überall sind Lichter eingeschaltet. Deckenfluter, Strahler, und Lichtbänder, die knapp unter der Decke verlaufen und ein diffuses, blassblaues Licht aussenden. In jeder Ecke scheint eine Lampe zu stehen, es gibt kaum einen Platz, der nicht grell erleuchtet wird.

      Vor die riesige Fensterfront wurden gelbe Vorhänge geschoben. In einem schlichten, aber überbreiten Kamin, der in die Wand eingebaut wurde, knistert ein herrliches Feuer.

      Der Fernseher läuft und gibt dröhnende Musikfetzen zum Besten.

      Ein großer, sechseckiger Esstisch ist mit alten Tellern gedeckt, er wirkt wie eine altmodische Insel, in dieser hochmodernen Wohnung.

      »Setz dich, Junge. Essen ist gleich fertig.«

      Samuel dreht sich um und sieht in die Durchreiche, die den Blick auf eine lindgrüne Küche freigibt.

      In ihr hantiert ein junger Kerl mit Töpfen und Pfannen und grinst ihn frech an.

      »Wie lange habe ich noch, Charlie?«

      »Hm«, der Junge öffnet den Backofen, wirft einen raschen Blick hinein und meint dann:

      »Umziehen, Whisky einschütten, Kippe anmachen … Essen fertig.«

      Samuel lacht laut auf. »Okay, dann weiß ich Bescheid.«

      Er geht in sein eigenes Schlafzimmer, zieht sich den Anzug, die Krawatte und das Hemd aus, hängt alles sorgfältig zurück in den Schrank. Er schnappt sich ein altes T-Shirt und eine Jeans, darin fühlt er sich wohler, als in der steifen Garderobe.

      Jetzt fehlt nur noch die Zigarette und der Schnaps, genau wie Charlie sagte.

      Als Samuel zurück ins Wohnzimmer kommt, steht bereits ein gefülltes Glas auf dem kleinen Wohnzimmertisch, neben einer frischen Packung Gauloises Blau.

      »Danke, Charlie«, ruft Samuel in Richtung Küche.

      Umständlich holt er sich eine Zigarette aus der Packung, steckt sie sich zwischen die Lippen und zündet sie mit einem Zippo an. Er wirft einen Blick auf das Feuerzeug, das ihm unbekannt vorkommt. Es stellt den Ghostrider dar, der auf seiner Harley scheinbar aus dem Zippo heraus, auf einen zufährt.

      »So ein Blödsinn«, murmelt er vor sich hin und wirft das Feuerzeug zurück auf den Tisch.

      Mit Genuss inhaliert er den Rauch tief und lässt ihn stoßweise wieder entweichen, dabei produziert er fast perfekte Rauchkringel, die sich nur zögernd auflösen.

      Samuel greift nach