DIE ANKUNFT. Michael Wächter

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Название DIE ANKUNFT
Автор произведения Michael Wächter
Жанр Языкознание
Серия Die Raumsiedler von Puntirjan
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742734617



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Depot, in seinen Tiefkühlkammern und den Regalen. Jenis und seine Ma-Ting mussten ihn daraufhin inhaftierten. Er, Tüngör, musste Gugay-Aru bewachen. Er saß vor der Arrestzelle und schlummerte ein.

      Als Tüngör wieder wach wurde, war die Arrestzelle weg. Scharla Fisca, sein Schatz, lag neben ihm. Sie schlief noch immer. Sie hatte ihren freien Tag. Es war Morgen, und sein Dienst wartete nicht. Hastig erhob er sich, zog sich an und eilte an seinen Arbeitsplatz, die Funkstation, zu der die Sensationsmeldung der Landesonde unterwegs war.

       Der Komet, der einst das Eisfragment mit dem Dschersi-Modul und der Neodymschraube aus Puntirjan aufgenommen hatte, erreichte das innere Sonnensystem. Der große Gasplanet, den die Menschen Jupiter nannten, hatte ihn dorthin umgelenkt. Von der Erde aus gesehen schoss der Komet daher relativ nahe und schnell hinter der Sonne vorbei. Dabei entwickelte er einen hell leuchtenden Schweif, den man neben der hell leuchtenden Sonne jedoch nur mit viel, viel Glück entdecken konnte. Die Gase im Inneren verließen den Kometenkern, und das weniger flüchtige Material kristallisierte bei der anschließenden Abkühlung neu aus. Die Neodymschraube und das Dschersi-Modul gelangten dabei weiter in das Zentrum des Kometenkerns. Der Kern hingegen flog nicht nur hinter der Sonne vorbei – in Folge der Umlenkung durch Jupiter hatte er eine Bahn um die Sonne eingenommen, die eines Tages die Bahn der Erde kreuzen sollte. Die Erde kam ihm entgegen. Die Kollision war vorprogrammiert.

       Der Kometenkern erhitzte sich weiter, denn er kam der Sonne näher und näher. Er geriet in Bewegung, schmolz, und die Neodymschraube wurde vom Modul wegbewegt. Das Modul kam näher an die Oberfläche des Kometenkerns und seine Solarzelle empfing etwas Sonnenlicht. Der Akku konnte elektrische Energie abgeben. Der Mikrosender gab daraufhin programmgemäß einen Funkimpuls ab, doch er verfehlte den Altakol-Späher nur um einige Hundert Kilometer und verschwand im Nichts des leeren Raumes. Das Modul im Kern des Kometen, es blieb verschollen. Der Komet raste weiter durch das Sonnensystem. Sein Schwung ließ ihn die Umlaufbahn des dritten Planeten kreuzen. Und niemand konnte erahnen, welche Katastrophen das auslösen würde.

      Kapitel 4

      Auf der Funkstation der Altakolia I herrschte reger Betrieb. Die Datenauswertung lief auf vollen Touren. Das Nachtteam hatte während der letzten Schlafperiode alle Quantenrechner programmiert, die neuen, von den Vorboten eingetroffenen Datenpakete aufzubereiten. Eine erste Auswertung. Ihr Ergebnis wartete darauf, auf Tüngörs Desktop angeklickt zu werden.

      Als Tüngör kam, traf er auf SFmO Häga Oharam, den Schiffsfernmeldeoffizier. Er saß neben Wølknu Külkopp und Tomalchaiman Casnochmal, seinen beiden Stellvertretern. Das Trio hatte die ganze Nacht verfolgt, wie der Quantenrechner die Daten durcharbeitete. Sie waren wie im Rausch. Wølknu Külkopp flatterte aufgeregt mit den Flügeln. Casnochmal starrte aufgeregt auf sein Display, auf dem Zahlenkolonnen herunterratterten. Die Euphorie hatte ihre Müdigkeit hinweggespült, als die ersten Daten kamen. Casnochmal grüßte erregt.

      „Tüngör, das ist sensationell! Schau, was da kommt!“

      Tüngör wurde neugierig. Ein wenig müde flatterte er zu seiner Konsole nieder und loggte sich ein. Die vergangenen Nächte saßen ihm noch in den Knochen. Sie waren etwas kürzer gewesen. Es hatte einen feucht-fröhlichen Partyabend bei Maat Mälkem gegeben, und ein Patenonkelfest mit Jauke und seiner Scharla bei Jenis. Aber er hatte sich vom Feiern einigermaßen erholt.

      „Was gibt’s denn?“, fragte er.

      „Altakol-Späher 34“, japste Oharam. „Er hat … Er hat modulierte …“

      Die Ergebnisdatei öffnete sich auf den Displays. Alle verstummten. Jenis wurde gerufen. Er kam sofort. Oharam rief die Datei auf. Der Text erschien. Die Informationen waren umwerfend. Oharam sprühte förmlich auf, wie ein helles Feuerwerk. Auch Tüngör strahlte plötzlich wie eine Plutoniumbatterie. Begeisterung durchströmte seinen Vogelmenschkörper, wie heiße Lava. Warmes, sauerstoffreiches Frischblut schien ihm bis selbst in die Feder- und Zehenspitzen zu fließen. Alles in ihm jubelte. Jetzt verstand er die Euphorie der Anderen. Ihr Expeditionsziel war bewaldet, wie ihre Heimat. Es hatte Bewohner. Und: sie waren intelligent. Eine Sensation. Der Beweis flimmerte vor ihren Augen: modulierte Funkwellen. Die Landesonde von Altakolspäher 34 hatte sie registriert. Es gab keinen Zweifel: Die „Sariahner“ nutzten Funkverkehr zur Übertragung von Informationen. Sie hatten eine technische Zivilisation.

      Tüngör berichtete. „Die Radarsatelliten haben Sariah umrundet und aus dem Orbit gescannt. Ihre Daten zeigen an, dass es auf dem blauen Planeten schätzungsweise drei bis vier Billionen Bäume gibt, zumeist in Tundra- und Regenwaldgebieten. Überall Anzeichen einer technisierten, sariahnischen Zivilisation: geteerte Transportwege, Transportfahrzeuge zu Wasser, zu Land und in der Luft, Ballungszentren und Siedlungen, rege Berg- und Ackerbau-Aktivitäten! Und wisst ihr was? Sariah ist fast ein Doppelplanet. Ein großer Mond umrundet ihn. Unser Team hat auf seiner Rückseite Robotersonden abgesetzt. Sie haben uns dort eine neue Raumstation gebaut, die Sariarah!“

      Die Entdeckung der Zivilisation auf Sariah sprach sich rum wie ein Lauffeuer. Ma-Ting Coqey erfuhr es von Jenis als Erste. Die Astroökologin war nicht nur für die künstlichen Ökosysteme an Bord zuständig. Die Chefin der Exobiologie-Station war auch Schiffsversorgungsoffzier SVO. Fassungslos starrte sie auf ihre jubelnden Bioastronomen. Es bedeutete allerdings auch den Anfang eines Abenteuers – und einer neuen, langen, sehr langen Arbeitsphase. Sie hatten noch mehrere Annus Zeit bis Sariah. Ma-Ting flog an ihr Interfunkgerät. Eilige Interfunk-Emails gingen an alle Altakolia-I-Kollegen, die die Kommunikation mit den Sonden, Satelliten und Schwesterschiffen pflegten. Eine intensive Auswertung und –analyse aller Sondendaten lag an, mehrere Annus Analysearbeit. Neugierig und mit wachsender Begeisterung ging ihr Team die Aufgaben an. Die Sariahner waren fortan unter vollautomatischer, ferngesteuerter Beobachtung. Tüngörs Sonden-Team überwachte ihre Aktivitäten, ins Besondere die abgehörten Funksignale. General Fazzuwär aktivierte seine Spionagesatelliten.

      Es war stickig. Auf der Altakolia I begann die große Offiziersbesprechung. Tüngör hatte sie mit Ma-Ting Coqey zusammen organisiert. Die große Holokonferenz zur SDA-Strategieplanung (SDA für Sonden-Daten-Analyse) der Bordoffiziere begann noch zur Frühstückszeit. Schiffschefinformatiker SCInf Wølknu, Cjasa Bibos als sein Stellvertreter und SVO Ma-Ting Coqey saßen am Kopf des Tisches. Tüngör als Konferenzleiter und Fernmeldeoffizier Wølknu Külkopp als Protokollant hockten am anderen Tischende. Per Interfunk beigeschaltet waren Kapitän Jenis und mehrere Crewmitglieder der Kommunikations- und Astronavigationsteams.

      Jenis begrüßte die Runde. Tüngör und SCInf Wølknu eröffneten die Sitzung. FmO Wølknu Külkopp, sein Cousin, assistierte. Tüngör und Wølknu berichteten als Zuständige von den ersten Zwischenergebnissen.

      „Wahnsinn!“, zwitscherte Tüngör los.

      „Ja!“, ergänzte Wølknu. „Das haut uns um!“

      Er blickte auffordernd auf seinen Stellvertreter. Cjasa Bibos erhob sich.

      „Ich weiß, sie alle sind neugierig auf das, was wir von Sariah erfahren haben. Doch es gilt zu planen. Noch liegt ein weiter Hinweg vor uns. Den müssen wir erst einmal meistern. Wir müssen auf dem Hinflug an den vorinstallierten Raumstationen Energie auftanken, sonst reicht es nicht bis zum Ziel. Wir müssen sammeln, was wir über Sariah und das Planetensystem wissen. Ich berichte also zunächst über die Stationen, die uns auf dem Weg dorthin erwarten“, begann er.

      Es wurde ein längerer Vortrag. Er beschrieb die Körper des Planetensystems, ihre Bahnen. Tüngör deutete assistierend auf den Monitor, zeigte eine Sternkarte. Jenis schmunzelte über die Namen, die Tüngör den Himmelskörpern verpasst hatte. Vierling, Exzentriker und Arabkijan stand da.

      Daniel erzählte von äußeren Zwergplaneten, von den vier Gasriesen und von deren Eismonden, die die Raumsonden ausgemacht hatten. Dann kam er auf das innere Planetensystem Altakols – die vier Gesteinsplaneten.

      „Stellt euch vor: Der zweitinnerste Planet Altakols ist eine echte Treibhaus-Hölle. Hier ist vor rund zwei Milliarden Annus