Название | Scharfe Klingen (-Stadt) |
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Автор произведения | Ruth Broucq |
Жанр | Языкознание |
Серия | 1. Die Abgebrühten |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783748557326 |
Ruth lachte, erklärte: „ Sie ist halt ein Schlitzohr, und sie kennt ihren Sohn, deshalb war sie immer auf meiner Seite, heute sicher auch noch. Außerdem ist sie klug genug, Geschäft und Privat zu trennen. Denn die macht die Werbung sehr gerne. Ich vermute, dass die den Hausbesitzern erzählt sie hätte ihr Haus auch mit den Platten verkleidet. Nur so kann ich mir erklären, dass die Kunden so überzeugt sind, etwas wirklich Gutes zu bekommen. Dabei würde sie die Monteure wegjagen, wenn die ihr diese hässlichen Platten ans Haus nageln wollten. Aber die Vertreter sagen einheitlich, die Woods- Adressen sind Hundertprozentig geschriebene Verträge. Noch leichter könne man nicht verkaufen.“
„Also nehmen wir auch die Adressen von deiner Schwiegermutter. Aber die hat ja drei von den neuen Adressen gebracht. Ja, dann nehmen wir natürlich alle drei.“ entschied Udo.
„Aber Udo, das geht doch nicht. Ich muss doch auch an die Firma denken….“
„Was musst du? Was soll der Quatsch? Du hast doch wohl lange genug an die Firma gedacht, jetzt denken wir mal erst an uns. Außerdem kriegt die Firma doch sogar die geschriebenen Verträge, und keiner muss noch etwas tun. Ist doch sogar besser für deinen Chef, oder nicht?“ unterbrach Udo sie barsch. Sein Ton duldete keinen Widerspruch.
Bedrückt nickte Ruth und schwieg. Seine Dominanz war manchmal sehr hart. Andrerseits mochte sie gerade diesen Charakterzug an ihm, fühlte sie sich doch dadurch behütet und geborgen, was sie bei Robert nicht gekannt hatte, und was ihr immer gefehlt hatte. Dennoch war Ruth nun im Zwiespalt. Zumindest durfte sie entscheiden welche Adresse sie zuerst bearbeiten würden. „Ich würde sagen, hier das Einfamilienhaus ist das aktuellste und außerdem von meiner Schwiegermutter. Sie hat eine Randbemerkung drauf geschrieben. Da steht, dass das die Besitzer Rentner sind, also sind die immer zu Hause.“ Stellte Ruth nach Durchsicht der Listen fest.
„Gut“, meinte Udo, „ da fahren wir gleich hin. Hast du alle Verkaufs-Unterlagen?“
„Klar, hier in dem Koffer ist alles was man braucht.“ Verkündete Ruth stolz und öffnete den Alukoffer.
Udo winkte desinteressiert ab, verwendete keinen Blick darauf, sondern verlangte: „Damit kenne ich mich sowieso nicht aus, das ist deine Sache. Du schreibst die Verträge, ich verkaufe.“
Verwundert sah sie ihn an, ohne Absprache wollte er losgehen? Er hatte keine Ahnung welche Platten von welchem Material waren, deshalb war es ihr ein Rätsel, wie er verkaufen wollte. Aber er ließ ihr keine Zeit zu erklären oder fragen, denn er stand schon an der Tür und forderte: „Komm. Wir wollen mal endlich Geld verdienen!“
Frechheit siegt
Wenig später standen sie vor dem hübschen Häuschen mit dem gepflegten Vorgarten, und betrachteten die unschöne, bröckelnde Fassade.
„Wenn das Haus verkleidet ist, sieht es bestimmt wieder besser aus.“ Sagte Udo.
Ruth wollte gerade sagen, dass sie dieses hässliche Zeug nicht als Verschönerung ansähe, doch bevor sie antworten konnte, erschien in der Eingangstür ein älterer Herr und sah sie fragend an.
Udo begrüßte den Mann mit Handschlag und sagte ein wenig herablassend: „Tag Herr Schulze, na dann wollen wir ihr Haus mal wieder schön machen. Wird ja auch Zeit. Dann wollen wir mal reingehen.“
„Ich heiße Schulte, Herr? Wie ist denn Ihr Name?“ klang die Stimme des Hausbesitzers leicht verärgert.
Unbeeindruckt erwiderte Udo: „Gogolscheff, Herr Schulte, und das ist Frau Woods meine Sekretärin. Ja, was ist, wollen wir endlich reingehen?“
Seine dominante Art mit dem Kunden zu sprechen gefiel Ruth gar nicht, und sie hoffte nur, dass der Kunde nicht negativ reagierte. Auch fand sie es frech, sie als seine Sekretärin vorzustellen. Was dachte er sich nur dabei? Allerdings war es nicht ratsam einzugreifen um irgendetwas richtig zu stellen, also lächelte Ruth freundlich, und ging hinter den Beiden her ins Haus.
Der erste Verkauf lief ab wie eine Schulstunde, in der die Kunden die Schüler und Udo der Lehrer war. Ohne jegliche Ahnung von der Materie, erzählte Udo dem Ehepaar Schulte welch Glück sie hätten, von unserer Firma ihr Haus gemacht zu bekommen.
Immer wenn er in seiner dominanten Art eine kurze Zwischenfrage der Kunden zuließ, auf die er natürlich keine fachlich richtige Antwort wusste, schob er Ruth geschickt den schwarzen Peter zu: „Frau Woods, dann zeigen Sie mal ob Sie auch alles richtig behalten haben, und erklären das den Kunden mal.“
Auf die Art hielt er sich jegliche Erklärung vom Hals und kam so in keine Verlegenheit.
Oder er forderte Ruth auf: „Beweisen Sie der Familie Schulte doch mal wie gut unser Material ist.“
Er nutzte geschickt alle Informationen die er Ruths Erzählungen entnommen hatte. Es nötigte ihr Respekt ab, wie elegant er jede Situation zu seinen Gunsten nutzen konnte, ohne unangenehm aufzufallen.
Wie Ruth es bei Norbert Fuchs abgeguckt hatte, machte sie dann den Wassertest. Dabei erklärte Ruth, dass ein Fassaden-Anstrich nie mehr erforderlich sei, weil die Platten vom Regenwasser gereinigt werden. Dazu hielt sie eine Musterplatte unter den Wasserhahn und zeigte damit den Kunden, dass das Wasser ablief. Eine logische, simple Sache, ein Schauspiel für Dumme. Aber es bewirkte tatsächlich, dass die naiven Leute staunend nickten, und deshalb an die endgültige Lösung für ihre Hausfassade glaubten.
Der nächste Betrug war, dass den Kunden eine farbliche Auswahl vorgegaukelt wurde, weil in dem kleinen Musterbuch eine Farbpalette von sechs Farben vorhanden war. Bisher hatten Meiers Monteure aber nur immer die hässlichen grauen Eternit-Platten verarbeitet. Auf Ruths Frage nach den Farben weiß, schwarz, blau, rot und grün hatte Norbert Fuchs ihr erklärt, dass es die zwar gäbe, aber extra angefertigt werden müssten, und deshalb viel teurer wären. Die billigen grauen dagegen seien massenhaft auf Lager.
„Eine andere Farbe verarbeitet der Meier nicht, dann würde er weniger verdienen und wir auch weniger Provision kriegen. Grau ist doch auch schön.“ Hatte Norbert Fuchs ironisch grinsend erklärt.
Als sie dann zum Aufmaß kommen mussten und dazu nach draußen gingen, sagte Udo dreist: „Na Frau Woods, nun beweisen Sie mal was Sie von mir gelernt haben, rechnen Sie mal aus wie viel Quadratmeter das Haus hat. Keine Sorge, es muss nicht genau sein, nur ungefähr. Sie brauchen auch Fenster und Türen nicht abzuziehen, die Endrechnung wird ja nach genauem Aufmaß erstellt. Und mehr als Ihr Haus hat, kann man ja nicht berechnen, nicht wahr, Familie Schulte? Ha, ha, ha.“ Lachte Udo und die Schultes lachten mit und nickten.
Unglaublich, dachte Ruth und war ganz perplex, als sie wieder am Tisch saßen, und Udo sie aufforderte: „So Frau Woods, und nun schreiben Sie mal. Name: Schulte. Wie ist Ihr Vorname, Herr Schulte?“
Prompt kam brav die Antwort: „Hans!“
„Straße und Hausnummer kennen Sie ja, Frau Woods. Quadratmeter haben wir eben ausgemessen, Einhundertfünfzig, schreiben Sie bitte circa vor die Zahl, und den unglaublich günstigen Musterhaus-Preis, weil wir Ihr Haus als Musterhaus in dieser Gegend benutzen wollen, Sechsunddreißig Mark pro Quadratmeter. Ja, da staunen Sie, Herr und Frau Schulte, nicht wahr? So günstig kriegt das keiner mehr, hier in der Gegend. Und Sie werden erleben, dass Ihre Nachbarn Sie beneiden werden. Fertig, Frau Woods? So, hier müssen Sie unterschreiben, Herr Schulte. Sie sind doch alleine unterschriftsberechtigt? Sonst muss Ihre Frau auch noch unterschreiben. Nein? Muss sie nicht?“
Während Schulte verwundert den Kopf schüttelte, hielt Udo ihm einen Kugelschreiber hin.
Als der Kunde noch zögerte, sah Udo demonstrativ auf seine Armbanduhr und forderte ungehalten: „Nun machen Sie mal, ich habe nicht ewig Zeit. Der nächste Termin wartet schon. In der Nebenstraße der Kunde wäre sofort bereit den Musterhausrabatt einzustreichen. Also hier unten müssen Sie unterschreiben.“ Dabei tippte er ungeduldig auf die Unterschriftslinie.
Ruth wurde es abwechselnd heiß und kalt und sie hoffte nur, dass man ihr nicht ansehen konnte, wie sehr sie sich für Udos freche