Название | Hitzeschlacht |
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Автор произведения | Robert Lang |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783754174814 |
„Das habe ich schon veranlasst, Schatz. Du bist hier so sicher, wie es nur menschenmöglich ist. So sicher wie in Abrahams Schoß“, fügt er lächelnd hinzu.
*
Als Moshe im Camp des Mossad ankommt, will sein Kommandant ihn umgehend sprechen.
„Kommen Sie rein, Moshe“, ruft er ihn in sein Büro. „Ich will Ihnen nochmals mein und unser aller Beileid aussprechen, aber setzen Sie sich bitte.“
„Danke, Herr Kommandant. Ich melde mich zum Dienst zurück.“ - „Langsam, langsam, ich habe Ihnen eine Woche Zeit gegeben, also haben Sie noch etwa zweiundsiebzig Stunden frei. Versuchen Sie den Kopf wieder frei zu bekommen, so schwierig das auch sein mag.“
„Ich denke…“
„Moment! Ich bin noch nicht fertig. Sie treffen sich morgen früh um acht Uhr dreißig mit unserem hauseigenen Psychologen. Er wird über Ihre Einsatzbereitschaft entscheiden; das letzte Wort liegt aber weiterhin bei mir.
Aber zuallererst wird er mit Ihnen zusammen versuchen, ein oder zwei Verhaltensregeln zu erarbeiten, die Ihnen dabei helfen sollen, diese schwierige Zeit zu überstehen. Und jetzt gehen Sie bitte auf Ihre Stube und schlafen Sie sich aus. Sie sehen furchtbar aus.“
4
Es ist erst halb sieben, aber der Tag ist schon jetzt ein gebrauchter Tag für Kommissar Schuchardt von der Frankfurter Kripo, der erst um zwei Uhr morgens einschlafen konnte und bereits jetzt in der Pförtnerloge von Erdmanns Spedition sitzt, lauwarmen Kaffee schlürft und sich die Einzelheiten über diesen krassen Fall von Vandalismus erzählen lässt. Das erfordert eine Menge Geduld, denn der alte Nachtpförtner ist immer noch außer sich und kaum dazu in der Lage, zwei zusammenhängende Sätze zu formulieren.
Ein eiliger Hintergrundcheck des Lebenslaufes von Bernhard Cullmann hat nichts ergeben. Seit siebenundzwanzig Jahren bei Erdmann beschäftigt, zuerst als Fahrer, doch nach einem schweren Unfall mit Todesfolge wird er von Erdmann an die Pforte seines Fuhrparks versetzt, wo er jetzt schon mehr als zehn Jahre vorwiegend nachts seinen Dienst verrichtet. Für die Polizei ist er ein unbeschriebenes Blatt, die Möglichkeit, dass er mit den nächtlichen Besuchern unter einer Decke steckt und sie freiwillig hereingelassen hat, ist nicht in Betracht zu ziehen.
Um zehn Minuten vor fünf hat man Schuchardt aus dem Bett geklingelt, aber nicht wegen eines Einbruchs in eine x-beliebige Firma, sondern deshalb, weil es sich um den Betrieb eines Mannes handelt, der vor weniger als einer Woche seine Enkelin durch einen – möglicherweise politisch oder rassistisch motivierten – Mord verloren hat; und weil der Einbruch und die Zerstörungswut der vergangenen Nacht in einer wie auch immer gearteten Beziehung zu dieser Untat stehen könnte.
Cullmann streckt dem Kommissar zum wiederholten Mal seine von der Fesselung aufgescheuerten Handgelenke hin, aber der kann auch nichts mit ihnen anfangen. „Wenn diese Tiere wenigstens Klebeband oder eine Wäscheleine benutzt hätten“, jammert er. Schuchardt versucht, mitfühlend dreinzuschauen und befürchtet, dass ihm das nicht so recht gelingt. Er ist zu müde für gutgemeinte Verrenkungen.
„Sie haben meinen Kollegen gesagt, dass es zwei Männer waren, richtig?“ - „Diejenigen von den Kerlen, die mich gefesselt und mit diesem widerlichen Lappen geknebelt haben, waren zu zweit, das stimmt. Aber ich habe der Streife auch gesagt, dass noch mindestens zwei weitere Männer im Auto saßen. Vielleicht sogar drei“, schiebt er atemlos hinterher. Cullmann hat ein fortschreitendes Lungenemphysem, das ihn bald genug arbeitslos und zuletzt völlig bewegungsunfähig machen wird. Ein schöner Gruß seiner Lunge an all die Zigaretten, die er in den letzten fünfundvierzig Jahren gequalmt hat.
Der „widerliche Lappen“ ist eines dieser arabischen oder palästinensischen Kampftücher, die man des Öfteren in den Fernsehnachrichten oder bei linken Demonstrationen sieht. Das sieht wie eine Visitenkarte aus, denkt Schuchardt.
„Nochmal zu dem Fahrzeug, eine schwarze Limousine, sagten Sie?“ - „Nichts dergleichen habe ich gesagt. Ich sagte nur dunkel. Schauen Sie mal hier raus. Sehen Sie die Laternenmasten vor und hinter der Schranke? Diese Funzeln verbreiten nachts ein diffuses gelbliches Licht, das alles, was im entferntesten dunkel ist, schwarz aussehen lässt.“
„Okay, aber bei einem Audi A8 sind Sie sicher, ja?“
„Felsenfest. Mein Bruder fährt so eine Karre, der ist Architekt und kann sich das leisten.“
Audi oder BMW… hatte das nicht die trinkfeste Zeitungsfrau gesagt, als sie das Fahrzeug von Rebeccas Entführern in Sachsenhausen beschrieb?
Aber das mag Zufall sein. Schuchardt kann sich nicht vorstellen, dass Kriminelle montags als Nazis verkehren und freitags als Palästinenser auftreten.
Trotzdem ist da irgendein Zusammenhang. Erdmanns Enkelin, Erdmanns Fuhrpark.
„Den Kollegen von der Streife haben Sie außerdem zu Protokoll gegeben, dass es sich vermutlich um Araber handelte. Warum?“
„Schwarze Bärte, und der eine rief ein paarmal ,Alla akba‘.“
„Alla akba? Nicht Allahu akbar?“
„Wenn ich es Ihnen sage, es war ,alla akba‘. Ich bin alt und meine Pumpe streikt manchmal – aber schwerhörig bin ich nicht.“
Schuchardt, der bedauerlicherweise nicht Orientalistik studiert hat, macht sich eine diesbezügliche Notiz. Er wird jemanden vom Fach fragen, ob es Dialekte oder dem Arabischen verwandte Sprachen gibt, sodass sich diese Diskrepanz erklären ließe.
„War das alles, oder kommt noch etwas?“ - „Derjenige, der vor mir stand, als sie mich fesselten, stank aufdringlich nach Knoblauch, vielleicht auch zusammen mit etwas anderem.“
„Ich rieche auch einmal in der Woche nach Knoblauch. Nämlich dann, wenn ich mein ,Pollo al Ajillo‘ beim Spanier meiner Wahl gegessen habe.“ Schuchardt kommt zwar auf leisen Pfoten daher, aber er kann stachelig werden wie ein Igel, wenn ihm etwas missfällt.
„Ich meinte ja nur…“ sagt Cullmann und ist sichtlich eingeschnappt.
„Das Kennzeichen des Wagens war abgedeckt, haben Sie den Kollegen gesagt. Sind Sie sich diesbezüglich absolut sicher?“
„Aber ja. Ich muss die immer aufschreiben, bevor ich jemandem die Schranke öffne. Das ist Vorschrift. Und Sie können das durch die Kamera im Eingang überprüfen. Die muss das Auto aufgenommen haben.“
„Sind Sie denn nicht stutzig geworden, als das Kennzeichen nicht lesbar war?“
„Doch, aber es ging alles sehr schnell, viel zu schnell, um den Alarm zu betätigen. Die Karre hielt, und drei Sekunden später waren die Kerle schon hier drinnen. Ich hatte überhaupt keine Chance, etwas zu unternehmen.“
„Gut“, Schuchardt steht auf und wirft den leeren Pappbecher in den Mülleimer neben der Kaffeemaschine, „wenn ich noch Fragen habe, melde ich mich. Sie können jetzt nach Hause fahren, wenn Sie sich dazu in der Lage fühlen. Wenn nicht, findet sich sicher jemand, der Sie heimbringt. Die Fahrer Ihrer Firma haben ja heute nichts weiter zu tun, wenn ich das richtig verstanden habe.“
„Das können Sie laut sagen, hier steht erstmal alles still. Und es wird verdammt teuer.“
„Auf Wiedersehen, Herr Cullmann.“
Aber hoffentlich nicht so bald.
Schuchardts Laune ist erbärmlich an diesem Morgen. In seiner Wohnung kühlt es nachts höchstens auf achtundzwanzig Grad ab, das sind zehn Grad zu viel für einen erholsamen Schlaf. Das geht nun seit Wochen so, und es ist keine Abkühlung in Sicht.
Er macht noch einen Anstandsbesuch beim Fuhrparkleiter der Firma und erkundigt sich nach dem angerichteten Schaden. Der Mann ist ein einziges Nervenbündel.