Einmal und nie wieder. Anno Dazumal

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Название Einmal und nie wieder
Автор произведения Anno Dazumal
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738010541



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nur über meinen Mann reden.“ „Na ja, mit dem Problem hätte ich nicht zu kämpfen. Gut, kommen wir nun endlich zum Geschäft! Meine Güte, was dieser Anruf schon wieder kostet! Sie bringen das Geld nach Duisburg, dort gehen Sie vom Fußballstadion aus Richtung Stadtmitte und irgendwann auf dem Weg werden Sie einen Busch entdecken, auf dem „Hier bitte die Koffer hinlegen“ steht. Dort legen Sie die Koffer hin und dann verschwinden Sie wieder. Je schneller wir das Geld kriegen, desto größer sind Ihre Chancen, Ihren Mann nie wieder sehen zu müssen.“ „Alles klar. Ich bin schon unterwegs!“ ließ Frau Klein begeistert von sich hören und beendete das Gespräch.

      Es war so ruhig wie immer in Duisburg und so fiel Frau Klein das Auto schon auf, das sie ständig verfolgte. „Das werden wohl die Entführer sein“, dachte sie sich und winkte den Insassen des Wagens deshalb freundlich zu. „Was soll denn das Gewinke von der blöden Kuh?“ fragte der eine Zivilpolizist seinen Kollegen. „Was weiß ich? Wahrscheinlich hat sie gemerkt, daß wir von der Polizei sind“, vermutete der Andere. „Daran bist nur Du Schuld, Du mit Deinem Polizistenschnurrbart.“ „Halts Maul und paß auf! Sonst liegen wir gleich im Straßengraben.“ „Wie denn? Wir sind hier in der Stadt. Du hast wohl Deinen Rausch noch nicht ausgeschlafen.“ „Macht doch nichts. Das ist halt der Vorteil, wenn man Polizist ist. Man kann besoffen Auto fahren und niemand kann was dagegen machen.“ „Na ja, ganz so wie früher ist es auch nicht mehr. Inzwischen gibt es sogar Kollegen, die dürfte man gar nicht Kollegen, sondern müßte sie Wichser nennen, die nehmen sogar ihren volltrunkenen Kollegen den Schein weg.“ „Frechheit sowas! Nur um damit angeben können, daß sie mehrere Führerscheine haben.“ „Also, vergiß unseren Auftrag nicht! Wir müssen dafür sorgen, daß die Entführer unbedingt ihr Geld bekommen. Notfalls müssen wir es ihnen hinterher fahren, auch wenn sie vor uns flüchten.“ „Manchmal ist es wirklich blöd, Polizist zu sein. Stell Dir vor, wir wären ganz normale Leute! Wir würden uns das Geld schnappen und uns aus dem Staub machen.“ „Geht halt mal nicht. Paß auf, die bremst!“ Um ein Haar hätte es einen Auffahrunfall gegeben und das wäre dann wohl doch ein wenig peinlich gewesen. „Donnerwetter, Sie haben es aber eilig. Soll ich Ihnen das Geld gleich geben, oder es erst in den Busch legen?“ wollte Frau Klein von ihnen wissen, nachdem sie ausgestiegen und zu ihrem Auto gekommen war. „Legen Sie es dorthin wo Sie es hinlegen sollen!“ verlangte einer der beiden „Zivis“. „Mach ich! Aber bitte sorgen Sie dafür, daß es meinem Mann nicht zu gut geht. Der soll ruhig mal in Angst und Schrecken leben, weil ich ihm daheim nicht immer das Fürchten lehren konnte“, erklärte sie, bevor sie das Geld auf den Zettel legte. Sie hatte gar nicht daran gedacht, den Weg vom Stadion aus zu Fuß zu gehen, dazu war sie viel zu faul. Danach verschwand sie und die Polizisten wunderten sich. „Irre ich mich, oder hat uns die für die Entführer gehalten?“ „Kein Wunder, bei Deiner Visage.“ „Also ganz richtig im Kopf ist die auch nicht. Als ob die Entführer es so auffällig machen würden.“ „Aber echt. Na ja, das wäre mal wieder eine tolle Story für die Zeitungsfritzen. Frau des Entführten hält Polizisten für Entführer. Hört sich gut an.“

      Derweil war Jörg mit seinem Sohn Klaus ebenfalls ganz in der Nähe. „Also, paß auf! Du läufst jetzt immer diesen Gehsteig entlang. Da vorne, vor dem grünen Haus liegen in einem Busch ein oder zwei Koffer. Die nimmst Du mit und bringst sie hierher!“ ordnete Jörg an. „Und was springt dabei für mich heraus?“ erkundigte sich der Kleine. „Wenn Du es schaffst, dann kannst Du von nun an so viel fernsehen wie Du willst.“ Zehntelsekunden später war der Junge schon aus dem Auto gesprungen und machte sich auf den Weg. „Also, ich würde so einen kleinen Kerl nicht unbeaufsichtigt draußen rum rennen lassen“, gab der Zivilpolizist am Steuer zu bedenken, als er Klaus herankommen sah. „Aber wirklich. In unserer Zeit, wo für Kinder überall Gefahren lauern.“ „Na ja, er hat ja Glück. Wir sind da und können ein bißchen auf ihn aufpassen.“ „Aber nur, wenn er nicht weiter rennt.“ „Nein, guck mal, anscheinend wohnt der in dem Haus da.“ „Warum springt er dann über den Zaun?“ „Keine Ahnung. Hey, was soll das denn? Hat sich der Lausebengel doch das Lösegeld geschnappt.“ „Jetzt aber schnell!“ Plötzlich sprangen die beiden Männer aus ihrem Auto, holten Klaus ein und nahmen ihm den Koffer weg. „Hey, der gehört mir! Ich hab ihn gefunden!“ schrie der Kleine wütend. „Den läßt Du schön hier liegen. Und jetzt verpiß Dich!“ schnauzte ihn der ältere Polizist an, der schon fast außer Puste war. Daraufhin suchte Klaus das Weite, also das Auto seines Vaters. Als der hörte, was passiert war, fuhr er so schnell er konnte davon, da er die Gefahr erkannte.

      Jedoch dachten die beiden Gesetzeshüter gar nicht daran, eine Verfolgung zu starten, da sie der Meinung waren, daß der Junge die Koffer zufällig gesehen hätte und deshalb mitnehmen hatte wollen. Sie wären auch nie auf die verrückte Idee gekommen, daß jenes Kind zu den Entführern gehören könnte, so daß sie sich, nachdem sie den Koffer wieder an seinen Platz gelegt hatten, in ihren Wagen setzten und darauf warteten, daß sich etwas tat. Und so war es auch. Nach einiger Zeit kam jemand aus dem Haus heraus und wollte zu Fuß in Richtung Innenstadt gehen, als ihm plötzlich ein Koffer auffiel, der da in seinem Garten lag. Der Mann nahm ihn und sah den Zettel darunter. Auch jenen hob er auf und wollte mit beiden Teilen zurück ins Haus gehen, als er auf einmal festgehalten wurde und Handschellen klickten. „Hilfe! Ich werde überfallen!“ brüllte er erschrocken, doch davon ließen sich die Polizisten nicht stören. „Sie sind verhaftet, weil Sie unter Verdacht stehen, den Manager Werner Klein entführt zu haben“, verkündete einer der Polizisten. Da begann der Mann schallend zu lachen und rief: „Ich hab doch schon immer gewußt, daß Ihr Polizisten die Idioten der Nation seid! Glaubt Ihr denn, der Entführer wäre so blöd und ließe sich das Geld vor die Haustür stellen?“ „Warum nicht? In diesem Fall ist alles möglich. Wir haben es mit ganz und gar unkonventionellen Entführern zu tun.“ „Sie können gern mein Haus durchsuchen und mich auch die nächsten zwei Wochen beschatten, aber ich glaube, das wird Sie langweilen, wenn Sie jeden Tag acht Stunden neben mir in der Fabrik stehen müssen. Ich habe mit dieser Entführung so wenig zu tun, wie Sie mit einem guten Rasierapparat.“ „Keine Beleidigungen! Aber warum haben dann die Entführer gerade diesen Ort als Platz für die Lösegeldübergabe ausgesucht?“ „Keine Ahnung. Ihr seid die Polizisten, ich weiß nur, daß ich keinen Manager entführt habe und daß ich mit der ganzen Sache nichts zu tun habe.“ „Warum wollten Sie dann den Koffer mit ins Haus nehmen?“ „Weil der in meinem Garten rum gelegen ist. Sie hätten doch dasselbe getan, wenn bei Ihnen im Garten ein Koffer gelegen wäre.“ „Nein, ich hätte einen Sprengstoffexperten gerufen, denn wenn in meinem Garten ein Koffer liegen würde, dann wäre bestimmt ein Attentat auf mich geplant.“ „Kann ich jetzt wieder gehen?“ „Meinetwegen. Aber der Koffer bleibt hier.“ „Schade.“ Der Mann hatte anscheinend vergessen, daß er ursprünglich in die Stadt gewollt hatte und ging statt dessen ins Haus zurück. Abgesehen davon passierte nichts mehr und irgendwann wurde es den beiden Herren von der Polizei zu blöd. „Weißt Du was ich glaube?“ „Daß Du Dich mal wieder waschen solltest.“ „Ja, das auch, aber erst nächstes Jahr. Nein, ich denke, daß uns die Entführer verarscht haben.“ „Möglich. Es kann aber auch sein, daß es an uns gelegen hat. Vielleicht hätten wir uns nicht so auffällig direkt vor das Haus, in dessen Garten der Koffer liegt, stellen sollen.“ „Ach was! Wahrscheinlich wollen die das Geld noch gar nicht, oder sie gehen total auf Nummer sicher.“ „Und was jetzt?“ „Blöde Frage. Wir fahren das Geld natürlich zu Frau Klein zurück.“ Wenig später standen sie vor ihrer Haustür. Sie öffnete. „Ach, Sie sind es. Hat etwa mit dem Geld was nicht gepaßt? Äh, finden Sie nicht, daß es für Sie als Entführer ein wenig riskant ist, hier aufzutauchen, noch dazu, wo ich Polizisten in der Wohnung habe?“ fragte sie verdattert. Jene tauchten Sekunden später hinter ihr auf. „Aber Frau Klein, wir sind nicht die Entführer, wir sind Zivilpolizisten“, erklärte einer von ihnen. „Was! Sie wagen es, mich so zu hintergehen? Und das Geld haben Sie auch wieder mitgebracht! Was fällt Ihnen eigentlich ein, sich da einzumischen? Es reicht mir schon, daß ich Ihre beiden Kollegen durchfüttern muß, da haben Sie mir gerade noch gefehlt. Ich war in dem festen Glauben, daß ich meinen Mann nie wieder sehen muß und jetzt kommen Sie daher und bringen das Geld zurück! Was soll denn der Scheiß? Ich habe doch niemandem von der Übergabe erzählt. Werde ich etwa doch abgehört?“ „Nein, Sie werden nur rund um die Uhr überwacht. Ganz ruhig. Ihrem Mann wird schon noch was geschehen.“

      „Unverschämtheit!“