Название | Einmal und nie wieder |
---|---|
Автор произведения | Anno Dazumal |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738010541 |
„So, da bin ich wieder“, begrüßte Jörg den Entführten, der gerade beim Essen war. „Sagen Sie mal, wie haben Sie nur so lange überleben können? Ihre Frau hat ja vom Kochen genausoviel Ahnung wie ein Fisch vom Fliegen. Da trete ich lieber freiwillig in den Hungerstreik“, stellte Klein erbost fest. „Na ja, ich gebe mein Essen immer den Kindern und hol mir dann was in der Stadt. Aber gestreikt wird hier nicht. Außer Sie sind in einer Gewerkschaft, aber das kann ich mir nicht vorstellen.“ „Na gut, dann besorgen Sie mir was zu Essen. Ich habe einen Bärenhunger.“ „Bären kann ich Ihnen nicht besorgen. Außerdem hab ich ganz andere Probleme.“ „So, dann schütten Sie mir mal Ihr Herz aus!“ „Aber gern. Das ist ja alles so fies, diese Welt ist so ungerecht, da will man gar kein Entführer mehr sein“, schluchzte Jörg. „Aber was ist denn? Hier, nehmen Sie ein Taschentuch und lassen Sie erst mal alles raus, was sich in Ihnen angestaut hat. Danach wird aber erzählt.“ Jörg tat wie ihm geheißen, bevor er begann: „Ich hab mir das alles so schön ausgedacht. Bin mit dem Jungen nach Duisburg gefahren und hab ihn dann beauftragt, den Koffer mit dem Geld zu holen. Und was passiert? Nehmen doch zwei so böse Zivilpolizisten ihm einfach den Koffer weg. Ich hab mit ihnen vor wenigen Minuten gesprochen. Die haben sich nicht mal entschuldigt.“ „Schlimm, schlimm. Wissen Sie was, lassen Sie mich das mal machen! Ich organisiere das schon so, daß Sie Ihr Geld bekommen. Haben Sie wenigstens meine Briefe aufgegeben?“ „Na klar, aber Sie haben mich auch gewaltig enttäuscht. Kein einziger Fluchtgedanke in Ihren Briefen, nicht mal ein versteckter Aufruf Sie zu befreien, nicht die kleinste Verschlüsselung. Wissen Sie, was Sie sich erlauben, das ist auch schon eine enorme Frechheit! Ich setze mich da hin und suche fast eine Stunde lang in Ihren Briefen nach Zweideutigkeiten und geheimen Mitteilungen, aber ich habe nicht das Geringste gefunden. Also, dieser Entführerjob ist echt frustrierend.“ „Keine Sorge. Ich verschaffe Ihnen Ihr Geld und dann können Sie irgendwo ganz weit weg Fremdenführer werden.“ „Sind Sie jetzt vollkommen durchgeknallt! Ich werde doch mit dem Geld, das ich dann habe, keinen Gedanken daran verschwenden zu arbeiten. Wenn, dann werde ich höchstens Verführer.“ „Schön für Sie. So, nachdem ich mir jetzt Ihre Sorgen und Nöte angehört habe, bin jetzt ich an der Reihe. Ich habe hier eine Beschwerdeliste ausgearbeitet und ich verlange, daß Sie die jetzt mit mir zusammen durchgehen!“ „Hey, das ist keine Liste, das ist ja ein Katalog.“ „Ganz richtig. Und ich werde dieses Haus nicht eher verlassen, bis nicht sämtliche Mißstände behoben worden sind.“ „Wer erpreßt hier wen? Schön langsam bekomme ich Angst. Ich glaube, ich sollte die Polizei rufen.“ „Die wird Ihre Schulden auch nicht begleichen. Vergessen Sie nicht, daß ich derjenige bin, der Ihnen eine glückliche Zukunft bescheren kann, also kümmern Sie sich gefälligst darum, daß ich mich hier bei Ihnen wohl fühle.“ „Na ja, dann fangen wir halt mal an! Also hören Sie, so schlecht ist die Luft hier drin auch nicht, wie Sie da schreiben! Sie sollten mal in unser Klo, dann wären Sie froh, wenn Sie wieder in Ihr Zimmer dürfen.“ „Ich fordere einen Ventilator.“ „Passen Sie lieber auf, daß das kein Eigentor wird. Sie könnten sich verkühlen.“ „Lieber verkühle ich mich, als daß ich hier ersticke.“ „Gut, dann können Sie ins Klo umziehen. Dort haben Sie zwar ein Fenster, aber Sie werden mit Sicherheit erstinken.“ „Ja gut, dann lassen wir das mal aus. Nächstes Problem: Ihre Kinder.“ „Das kann ich gut verstehen. Aber Sie übersehen, daß ich mit diesen Fratzen schon viel länger klarkommen muß wie Sie. Ich weiß selber, daß das eine kleine Teufelsbrut ist, aber ich hab sie halt mal und werd sie auch nicht mehr los.“ „Sie haben ja gar keine Ahnung, was sich die kleinen Biester alles erlauben. Immer wenn sie merken, daß Sie und Ihre Frau nicht in der Nähe sind, kommen sie ins Zimmer und schauen fern. Oder sie ärgern mich, beleidigen mich, sagen schmutzige Wörter und bewerfen mich mit ekligen kleinen Bakterien.“ „Wie das?“ „Sie husten mir was, ziehen meine Ohren in die Länge und spucken mir ins Gesicht.“ „Hey, die haben ja richtig was gelernt!“ „Was soll das heißen?“ „Daß sich die Kinder weiterentwickelt haben. Früher haben die mir die Haare raus gerissen, die ganze Wohnung voll geschissen und die ganze Nacht die Musikanlage aufgedreht. Im Vergleich dazu sind sie inzwischen richtige Engel.“ „Das lasse ich so nicht gelten. Hören Sie, wenn mich Ihre Kinder nicht in Ruhe lassen, dann bleibe ich für immer bei Ihnen hier.“ „Oh nein! Das hätte uns gerade noch gefehlt. Also gut, dann werde ich in Zukunft den Schlüssel abziehen. Sind wir jetzt endlich fertig?“ „Sie sind mir vielleicht ein Witzbold. Wir haben gerade meinen zweiten Beschwerdepunkt abgehakt. Davon gibt es 893.“ „Du meine Güte, haben Sie nicht zufällig einen Strick für mich dabei?“ „Das würde Ihnen so passen. Weiter geht’s! Diese Nachttöpfe sind eine Frechheit. Wie soll ich denn da hinein scheißen?“ „Sie stellen sich hin, lassen Ihre Hosen runter und dann lassen Sie Ihren Dreck schön gemütlich in den Nachttopf gleiten. Passen Sie aber auf, daß Sie genau zielen und daß Ihr Kot nicht von einer Windböe erfaßt wird, beziehungsweise von einem Windstoß des Ventilators. Wenn Sie vorbei scheißen,