Название | Kullmann und das Lehrersterben |
---|---|
Автор произведения | Elke Schwab |
Жанр | Языкознание |
Серия | Kullmann-Reihe |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783750237292 |
Stöhnen war die Antwort, doch Schnur ließ sich nicht aufhalten: »Ich weiß, ich weiß! Das ist eine langweilige und trockene Arbeit. Gehört aber dazu. Denn, sollte Andernach sich tatsächlich einen Feind in der Schule geschaffen haben, finden wir ihn nur durch Akteneinsicht.«
Stille statt Zustimmung.
»Ich sehe, wir sind uns einig«, erkannte Schnur.
»Gibt es eigentlich etwas, was wir schon an Fakten haben?«, fragte Forseti in die frustrierte Runde.
»Nur den Todeszeitpunkt und die Todesart, wenn auch noch nicht offiziell«, gestand Schnur.
»Dann stehen Zeugenbefragungen im näheren Umfeld der Schule an.«
Schnur schaute auf seinen Vorgesetzten und sah, wie er sich mit der Staatsanwältin absprach. Mürrisch antwortete er darauf: »Das wird nicht so einfach. Dort wohnen keine Leute in unmittelbarer Nachbarschaft.«
Esther fuhr hoch und rief: »Aber dafür gibt es direkt gegenüber eine Fahrschule!«
»Ja und?«
»Nachtfahrten«, antwortete Esther, als habe sie damit den Jackpot geknackt.
»Nachtfahrten?«, wiederholte Schnur begriffsstutzig.
»Ja! Um zur Führerscheinprüfung zugelassen zu werden, müssen die Schüler eine bestimmte Anzahl an Nachtfahrten absolvieren. Am besten fragen wir dort an, ob zu der Zeit, als Bertram Andernach getötet wurde, zufällig jemand in der Fahrschule war.«
»Esther, du bist klasse«, lobte Schnur. »Auf die Idee wäre ich nicht gekommen. Da der Geistesblitz von dir kommt, darfst du dich darum kümmern.«
Zufrieden lehnte sich Esther zurück.
»Anton wird dich begleiten«, fügte Schnur an. »Und Erik wird ab sofort mit Andrea zusammenarbeiten.«
Schnur erhob sich von seinem Platz und bemerkte abschließend: »Ich habe mir die delikateste Aufgabe vorbehalten – nämlich den Besuch beim Gerichtsmediziner.«
Kapitel 12
Ein Haus sah aus wie das andere. Erik hatte Mühe zu erkennen, in welchem die Wohnung lag, die er suchte. Die Reduktion der Bauweise dieser Häuser auf das Wesentliche und die Verwendung von Baustoffen wie Spannbeton, Stahl und Glas gaben ihnen einen trostlosen Anstrich. Der Verzicht auf Dekoration und die Verwendung einheitlicher Materialien förderte ein uniformes Erscheinungsbild der Gebäude, was viel Wohnraum für geringen Bauaufwand ergab. Zum Glück stachen ihm die Hausnummern groß und deutlich entgegen. Das ersparte ihm langes Suchen. Die Deutschherrenstraße in Saarbrücken gefiel ihm nicht sonderlich. Aber er wollte nicht kritisieren, denn die Brauerstraße, in der seine Wohnung lag, gehörte wegen des Drogenhilfezentrums auch nicht gerade zu den gehobenen Wohngebieten Saarbrückens.
Da war es. Und ein Parkplatz direkt davor. Was wollte er mehr?
Er stellte seinen schicken BMW ab, stieg aus und schaute sich ein wenig um, bevor er sein Schmuckstück allein dieser rauen Welt überließ. Dann klingelte er auf den Klingelknopf, der die fünfte Etage anzeigte. Ein Summen, Erik trat ein.
Die Freude sollte nicht enden, denn einen Fahrstuhl gab es nicht. Also lief er die fünf Treppen. Zum Glück hatte er darin schon Übung. Seine eigene Wohnung lag ebenfalls im fünften Stock.
Bernhard Diez staunte nicht schlecht, als er seinen ehemaligen Arbeitskollegen schnaufend auf seine Wohnung zukommen sah.
»Du? Willst du dich an meinem Unglück weiden?«
»Blödsinn«, wehrte Erik ab. »Ich will deinen Rat als Fachmann.«
»Komm mir nicht so! Schleimen zieht bei mir nicht.«
»Na gut«, lenkte Erik ein. »Dann will ich eben den Verfall deines beschissenen Daseins bewundern. Gefällt dir die Antwort besser?«
»Ja! Das klingt wenigstens ehrlicher!«
Seit seiner Suspendierung vom Polizeidienst hatte Bernhards Sarkasmus noch zugenommen. Doch Erik kannte ihn besser, weshalb er diese Spitzen einfach überging. Er betrat eine kleine aufgeräumte Wohnung. Eine merkwürdige Uniform hing an einem Schrank, sonst gab es nichts zu sehen, was Fragen aufwerfen könnte.
»Was ist das?«
»Mein neuer Arbeitsanzug«, antwortete Bernhard. »Ich arbeite als Nachtwächter bei einer Saarbrücker Wach- und Schließgesellschaft.«
Erik grinste.
»Irgendwas muss ich ja tun«, grummelte Bernhard. »Täglich Richterin Barbara Salesch im Fernsehen angucken ist nicht mein Ding. Und ein bisschen Geld zum Leben brauche ich auch noch.«
»Ich sage ja gar nichts.«
»Das ist es ja. Würdest du was sagen, wüsste ich wenigstens, was du denkst.«
Erik überlegte kurz, bevor er antwortete: »Ich finde es gut, dass du das machst. So kommst du nicht aus der Übung. Schnur ist nämlich immer noch an deiner Sache dran. Er will dich wieder haben und tut alles, damit das Verfahren zu deinen Gunsten entschieden wird.«
»Echt?« Bernhard war so erstaunt, dass ihm keine spitze Bemerkung dazu einfiel. »Der gute Jürgen Schnur. Irgendwie schade, dass nicht er Kriminalrat ist.«
»Stimmt. Schnur ist das Beste, was uns passieren konnte.«
»Aber darum bist du bestimmt nicht zu mir gekommen. Oder doch?«
»Nein. Es geht um den Mord an dem Deutschlehrer in Saarlouis.«
Bernhard lachte. »Das habe ich mir gedacht. Der Fall ist so berühmt, dass es niemanden gibt, der nicht davon weiß.«
»Hast du schon bei Youtube reingeschaut?«
»Nein.«
»Dann tu das bitte«, bat Erik. »Ich will dir nämlich was zeigen.«
»Warum machst du das nicht selbst?«, fragte Bernhard, während er seinen Computer einschaltete und den Internetbrowser öffnete.
»Mein privater Rechner ist hinüber – hab mein Geld lieber in ein neues Auto statt in einen neuen Rechner investiert. Und auf der Dienststelle wollte ich nicht, weil ich jetzt so eine nette Mutti im Nacken sitzen habe. Ich wollte mir dir darüber reden.«
»Welche Mutti hast du im Nacken sitzen?« Bernhard konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
»Andrea Westrich heißt sie. Eigentlich ist sie ganz nett. Sie muss früher schon mal bei uns gearbeitet haben. Kennst du sie?«
Bernhard überlegte eine Weile, bis er sich erinnerte: »Ich habe den Namen schon mal gehört. Mehr aber nicht.«
Der Bildschirm zeigte die Youtube-Seite an. Verschiedene Bilder wurden mit dem Hinweis auf ein Video angezeigt. Immer war es das des erhängten Lehrers.
»Das ist ja furchtbar«, stöhnte Erik. »Was ist nur aus den Menschen geworden?«
»Willst du es jetzt sehen? Oder willst du lieber über den Zerfall unserer Moral philosophieren?«, fragte Bernhard.
»Ich will es mir natürlich ansehen«, gestand Erik.
»Also bist du auch nicht besser!« Bernhard grinste. »Ich wundere mich nur, dass die Kollegen diese Videos noch nicht gesperrt haben.«
»Das werden sie bald tun. Deshalb will ich es dir vorher schnell noch zeigen.«
Bernhard loggte sich bei Youtube ein, was Erik die Frage entlockte: »Sag nur, du hast ein Konto bei Youtube?«
»Klar! Ich muss doch wissen, was auf der Welt los ist.«
»Und diese Lehrerfilme sind geschützt?« Erik staunte.
»Ja! Schau was unter dem Lehrer-Video steht: ›Dieses Video beziehungsweise