Das Lachen der Sonne. Dennis Klofta

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Название Das Lachen der Sonne
Автор произведения Dennis Klofta
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754173930



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sie einen bricht, hin und her wirft und einen dann wieder lieb in die Arme nimmt, dann entsteht eine seer enge Beziehung, die wie die Liebe zu meener leeben Frau ist.«

      »Nur etwas tiefer und größer.«, erwiderte er leicht verächtlich und lachte hustend durch seine Nase. Er wollte sich gerade wegdrehen –

      »Hast du denn vorhin etwas anderes gemeint?«

      »Vielleicht etwas tieferes als das!«, antwortete er höhnisch.

      »Und die Liebe zu einer Frau ist etwa nichts Tiefes?«

      »Doch, aber...«

      Daraufhin lachte der Alte. »Muss es denn immer gleich im Meer versinken, damit es wahr ist? Mag sin, dat ich keen Poet oder Philosoff bin und mich nicht so söhn ausdrücken kann wie du, sondern nur ein alter betrunkener Matrose bin, aber immerhin, wohnt dieser Matrose obm Meer und nicht nur in söunen Gedanken drüber. Und eens kann ick dir ock verspreken, im Gegensatz zu deenen tollen Gedanken, is dat nich so moi.« Er nahm einen Schluck aus seiner Flasche und griente ihn an, »wie die Liebe übrigens auch nicht.«

      »Wen interessiert schon die Realität –« murmelte er in sein Glas.

      »Den Träumer!«, antwortete der Alte sofort.

      Verwirrt schaute er von seinem Glas auf und sah seinen Gesprächspartner zum ersten mal an.

      »Ja – wo kickst du denn hin, wenn du am Deck stehst? Wovon solltest du denn sonst Träumen, wenn nicht von ihr?«

      Der Alte hielt ihm seine Flasche zum Prost entgegen. Beide nahmen einen großen Schluck, dass der Alte ihm sein Glas wieder auffüllen musste und dabei fortfuhr:

      »Und wer weiß, vielleicht ist die Realität manchmal mehr Traum als der Traum selbst.«

      »Seemannsgarn?«, fragte er nüchtern sein Glas hebend.

      »Seemannsgarn.«, antwortete der Alte und hob seine Flasche zum Prost.

      »Riesenkraken und ein weißer Wal oder was?«

      Wieder lachte der Alte nur. »Es gibt etwas viel Gefährlicheres als das, was sich in der Dunkelheit verbirgt.“

      »Und dat wär?« Er ahmte ihn nach.

      »Die Dunkelheit selbst.«

      Er schaute ihn mit unglaubwürdigen Augen an. »Naja die Dunkelheit kann sich wohl schlecht in sich selbst verbergen?«

      Der Alte hatte eine große rot-geschwollene Nase im Gesicht, die einige Pickel trug. Den Rest seines Gesichts versteckte er hinter einem rauen, grauen Bart aus dem ein schiefes gelbes Lächeln hervortrat. Seine groben aderreichen Hände zitterten und waren übersät mit braunen Flecken. Man sah ihm sein raues und arbeitsreiches Leben an. Doch trotz dieses groben Aussehens, lagen ihm zwei freundliche zufriedene Augen gegenüber, die seinem Misstrauen strahlend standhielten. Und es war dieses Lächeln, das ihm Angst machte. Er fühlte, dass der Alte recht hatte. Nein, er fühlte es nicht nur, er befürchtete es – ›womit denn?‹ Er war schon zu betrunken, er konnte nicht mehr klar denken.

      Der Alte hatte seinen Einwand ignoriert und war einfach fortgefahren. »Oh gloub mir, dat Meer ist viel gefährlicher als du gloubst. Unberechenbar is se.«

      »Ja, das hab ich schon oft in den letzten Tagen gehört.«

      »Du gloubst, dat hier is'n Sturm? Dat is'n Witz, nix weeder als ne leichte Böe.«

      Der Alte hörte jetzt gar nicht mehr auf zu reden, ging nicht weiter auf ihn ein. Er machte nur eine Pause, um einen weiteren Schluck aus seiner Flasche zu nehmen.

      Und er machte es ihm nach, nahm bei jeder Pause einen tiefen Schluck aus seinem Glas und hörte schweigend zu.

      »Swarz wird de Himmel, so dunkel, wie du ihn noch nie gesehn hast und die Wellen sind rasende Tiere mit wild, schäumenden Mündern, alles verslingenden Armen, die wie wilde Paukenschläge gegen unsere Wände slagen.«

      Er steigerte sich so vom Alkohol angeregt hinein, dass seine Sätze immer sprunghafter und unverständlicher wurden.

      »Fallen, fliegen, reiten obm Water, dass nur mit uns spielt … solange du noch am Treiben bist, weißt du dat allet good is … wir slagen oufs Wassa, wild slagen die Pauken … Angst kommt, wenn die Stille … wir fallen, zu lang, zu lang … wenn wir nicht mehr slagen, wer slegt dann … dann die swatte Wand, ein dunkler Schadden … Himmel oder See … Sekunden vergehn und keine Pauke schlegt … nicht unser Schiff, nicht das Meer, nicht unsere Herzen … und dann bricht sie – wie kann sie brechen, eine Welle kann verswinden, tanzen, aber brechen … mittn obm Meer … sie slägt zu mit aller Gewalt … bricht das Deck … bricht die Scheiben … alles Schwarz … überall Lärm … überall fliegen Container umher, zertrümmern unsere Köppe … 's gibt keen Deck, keen Meer, keen Boden … alles Schwarz… Lärm.«

      »Ach so ein Quatsch.«

      Eingenommen und eingeschläfert hatte er die dritte Stimme, die zu ihnen an den Tresen gekommen war, überhört. Alles hatte sich vor ihm aufgelöst, die Tische, die Theke, der Erzähler, alles war in einer betrunken Wolke verschwunden.

      »Wenn es solch alles verschlingende in die Dunkelheit ziehende Wellen wirklich geben würde, hätten sie doch schon längst viel mehr Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Schon alleine wegen der ganzen verlorenen Container.«

      »Schräze icht unkelleit«

      Er wusste, was er sagen wollte, aber sein Mund brachte nicht die richtigen Wörter hervor.

      »Was sachst du?«

      Er wurde ausgelacht.

      »Ä at zweän hit unkllait tsa.«

      »Und wo soll da bidde der Unterschied sein.«

      »ner udershit st n' le.«

       Der Himmel wurde Schwarz, ein seichtes Gold der untergehenden Sonne war noch zu sehen. Dann sind es nur noch schwarze Wolken, schwarze düstere Wolken, die den blauen Nachthimmel verschieben. Lärm.

      (Kapitel 5 – Ozellan – Die Augen der Meere)

       Das Individuum besitzt weder Gesicht noch Namen. Es besitzt nur zwei eindringlich blickende Augen.

      Als er aufwachte war ihm übel. Sein Magen war ein wild pulsierender Vulkan. Er versuchte sich aufzurichten, doch kaum bewegte er sich, schoss ihm ein stechender Schmerz in den Kopf. Sofort ließ er sich wieder fallen und legte seine rechte Hand auf seine Stirn. Sie war zu warm. Alles um ihn herum drehte sich. Er schaute auf die Uhr – fünf Minuten zu spät. Das hieß er musste jetzt sofort hoch, um noch rechtzeitig an Deck zu sein. Essen hätte er eh nicht drin behalten können, so verrückt, wie sich sein Magen drehte.

      Mit Mühe zwang er sich zum Aufstehen. Dann schoss es ihm den Hals herauf – »öup« nur Luft. Vorsichtig ging er ins Badezimmer. Kaum dort angekommen, klappte er über der Toilette zusammen. ›Spucken‹, dachte er, einfach nur Spucken, dann würde es ihm bestimmt besser gehen. Er konzentrierte sich fest auf seinen Magen und fing an zu würgen. Es ging nicht. Er stand wieder auf und ging zum Waschbecken. Kaum hatte er sich ein wenig Wasser ins Gesicht geworfen, als er erneut übers Klo fiel – – Seine Stirn pochte, er spürte jede Ader. Dann ließ der Schmerz wieder nach.

      Am Deck wurde er bereits von einem breiten Grinsen erwartet: »Na, schon wieder durch?«

      Er brauchte nicht zu antworteten, sein Blick und seine Körperhaltung sagten schon genug.

      »Hier – nimm eine von denen, dann wird es dir viel besser gehen.«

      Widerwillig nahm er die Pille in den Mund und drückte sie mit etwas gesammelten Spucke herunter.

      »Wie lange haben wir gestern eigentlich noch gemacht?«, fragte er dann stöhnend.

      »Keine Ahnung, du bist auf jeden Fall irgendwann ins Bett.«

      »Willst du sagen, dass