Das Mysterium der Wölfe. Anna Brocks

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Название Das Mysterium der Wölfe
Автор произведения Anna Brocks
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754954881



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      Anna Brocks

      Das Mysterium der Wölfe

      Band 3: Licht und Schatten

       Anna Brocks

      Das Mysterium der Wölfe

      Licht und Schatten

      Impressum

      Texte: © 2022 Copyright by Anna Brocks

      Umschlag: © 2022 Copyright by Anna Brocks

      Verantwortlich

      für den Inhalt: Anna Brocks

      [email protected]

      Druck: epubli – ein Service der Neopubli GmbH, Berlin

      Kapitel 1

       Irrwege

      Die Tage verschwimmen ineinander. Ich habe jegliche Verbindung zu meinen Freunden verloren. Nun ist es mir endlich möglich, über mich und all die Geschehnisse der letzten Wochen nachzudenken. Leider bin ich dabei zu der Erkenntnis gekommen, dass ich so gut wie nichts weiß. Ich weiß nicht, wie lange ich nun schon allein umherstreife, geschweige denn, wo ich bin. Das Portal hat mich in ein Waldgebiet transportiert. Je weiter ich nach Norden gehe, desto düsterer wird es, aber irgendeine Richtung muss ich einschlagen, nicht wahr?

      Die Tatsache, dass ich nicht einmal weiß, wer genau ich bin, macht mir jedoch noch viel mehr zu schaffen. Es ist zwar leichter, Entscheidungen zu treffen, da ich nun allein bin, aber mir ist noch immer nicht klar, wo mein Platz ist. An manchen Tagen vermisse ich meine Freunde so sehr, dass ich kurz davor bin, umzukehren und sie zu suchen. Das ist jedoch ohnehin unmöglich. Ich könnte am anderen Ende der Welt gelandet sein und meine Freunde vielleicht nie wieder sehen.

      Diese Ungewissheit plagt mich. All die Fragen, auf die ich keine Antworten weiß. Wie geht es meinen Freunden? Sind sie noch am Leben? Gab es eine Auseinandersetzung mit den Schattenwölfen? Ich werde wohl damit leben müssen, nichts davon zu wissen.

      Vor drei Tagen habe ich mir ein neues Ziel gesetzt. Ich muss einen Anhaltspunkt finden. Irgendwo in dieser gottverlassenen Gegend muss es doch eine Stadt oder zumindest ein kleines Örtchen geben. Bisher waren die einzigen Lebewesen, denen ich begegnet bin, wilde Tiere und diese haben nicht lange in meiner Gegenwart überlebt. Seitdem ich mich den Schatten zugewandt habe, bin ich um einiges stärker. Es fällt mir nicht schwer, allein zu jagen, im Gegenteil. Sobald ich mein Ziel fixiert habe, hat es keine Chance mehr.

      Diese Fähigkeiten sind von Vorteil, doch die schwarze Aura, die mich umhüllt, könnte andere abschrecken, besonders die Menschen. Dazu kommen noch die roten Augen. Über all das habe ich mir zwar bereits Gedanken gemacht, aber bisher konnte ich noch keine Lösung für das Problem finden. Aber eigentlich spielt das keine Rolle. Ich gehe einfach in die nächste Stadt hinein und falls sich mir irgendjemand in den Weg stellt, werde ich ihm die Leviten lesen. Angst zu haben, ist schlecht, aber Angst zu verursachen? Diese Eigenschaft kann durchaus nützlich sein.

      Apropos nützlich, es wäre gut, wenn ich wüsste, wie spät es ist. Seit drei Tagen verdeckt eine dicke Wolkendecke den Himmel und ich habe die Sonne seitdem nicht mehr gesehen. Ich vermute mal, dass es später Nachmittag ist. Wird wohl Zeit, eine Pause zu machen. Heute bin ich schon mehrere Stunden gelaufen. Ich werde mich auf die Jagd begeben und mir dann ein schönes Plätzchen zum Schlafen suchen.

      Wie erwartet war die Jagd ein Leichtes für mich. Ehrlich gesagt fehlt mir manchmal die Herausforderung. Das große Wildschwein, das ich erlegt habe, war kein angemessener Gegner. Die Überreste des ausgewachsenen Keilers liegen wenige Meter entfernt von mir, während ich mich neben einem Baum niedergelassen habe und meine Schnauze in das schwarze Fell kuschele.

      Seitdem ich hier angekommen bin, habe ich mich nicht mehr in einen Menschen verwandelt. Warum auch? Ich fühle mich als Wölfin viel wohler. Der Menschenkörper ist nur eine Lüge, genauso wie die Lichtwölfin, die sich angeblich noch in mir befinden soll. Alle haben mir nur Lügen aufgetischt. Kyrion, meine Eltern und vor allem Jake. In meinen Augen ist er nichts weiter als ein Lichtwolf, der mich auf seine Seite ziehen wollte. Meine Gedanken werden immer finsterer. Wenn er mich so sehen könnte. Er würde mich nicht wiedererkennen.

      Um mich ist alles still. Alle Tiere sind geflohen, als sie meine Nähe gespürt haben. Sogar die Vögel sind verschwunden und haben ihre Nester in den Baumkronen zurückgelassen. Wölfe sind Rudeltiere, wie? Dass ich nicht lache.

      Das viele Nachdenken macht mich müde. Ein starker Wind kommt auf. Sieht nach Regen aus. Was ist das? Der Wind trägt diesen Geruch mit sich. Einen Geruch, den ich jederzeit erkennen würde. Eine Stadt. Ich muss näher an der Zivilisation sein, als ich geglaubt habe. Vielleicht habe ich nun doch endlich Glück.

      Also ziehe ich weiter. Während dem Gehen verwandle ich mich in meine menschliche Gestalt. Es ist merkwürdig, wieder auf zwei Beinen zu laufen. Ich fühle mich alles andere als wohl in dieser Form, aber es muss leider sein. Trotz allem vermute ich, dass ich auch als Mensch nicht gerade unauffällig bin. Dunkle Aura, zerrissene Klamotten, von den roten Augen mal ganz abgesehen. Ich werde mir wohl neue Sachen besorgen müssen. Eine Sonnenbrille wäre nicht schlecht. Außerdem freue ich mich auf eine Dusche. Ich wische mir die frischen Blutspritzer aus dem Gesicht, streife mir meine Haare vor die Augen und lege einen Zahn zu.

      Es ist ruhig hier, zu ruhig. Keine Menschenseele ist mir auf dem Weg hierher begegnet und auch jetzt erkenne ich niemanden. Die Stadt scheint verlassen zu sein. Die Straße, auf der ich mich bewege, ist völlig zerstört, nahezu unbefahrbar. Nun stehe ich noch ein paar hundert Meter von der kleinen Stadt entfernt. Die Gegend ist trostlos. Einzelne Wolkenfetzen verdecken die Sonne. Die Luft ist trocken und der Wind peitscht mir ins Gesicht. Das Gras ist gelblich bis braun. Man sieht kaum Bäume. Kein Vergleich also zu dem Wald, in dem ich mich zuvor noch befunden habe.

      Nun gut, ich sollte mich davon nicht irritieren lassen. Vielleicht lebt in der Stadt noch jemand. Mal sehen. Was ist das? Dieses Gefühl. Es ist lange her, dass ich so etwas gerochen habe. Ganz eindeutig, in dieser Stadt lebt tatsächlich jemand, nur bin ich mir nicht mehr sicher, ob es Menschen sind.

      Egal, nun bin ich schon fast da. Nur noch wenige Schritte und ich gehe am ersten Gebäude vorbei. Der Geruch wird markanter. Wenn ich mich nicht irre, müssen es ziemlich viele sein, mindestens zehn. Ich kann nur nicht genau wahrnehmen, ob sie noch hier, oder bereits verschwunden sind. Eines steht zumindest fest, es muss ein ganzes Rudel gewesen sein, sonst würde ich deren Duft nicht so stark wahrnehmen. Aber was zum Teufel macht ein Wolfsrudel in einer verlassenen Stadt wie dieser? Haben sie einen Unterschlupf gesucht?

      Ich würde mich hier jedenfalls nicht niederlassen. Je weiter ich in das Innere der Stadt vordringe, desto schäbiger wird sie. Die meisten Türen sind mit Holzbrettern zugenagelt, viele Fenster zerbrochen und die Straßen aufgerissen. Man sieht keinerlei Lebewesen. Nur die eine oder andere Krähe fliegt krächzend über die Gebäude hinweg.

      Je mehr ich in das Zentrum der Stadt komme, desto stärker rieche ich meine Artgenossen, dennoch bleibe ich ganz ruhig. Ich denke gar nicht daran, meine Gestalt zu verändern. Wieso denn auch? Sollten sie tatsächlich dumm genug sein, mich anzugreifen, werde ich auch so mit ihnen fertig. Ob sie bereits gespürt haben, dass ich ihre Stadt betreten habe? Vermutlich haben sie eine Wölfin wahrgenommen, aber sie können nicht mal ansatzweise erahnen, mit wem sie es hier zu tun haben.

      Da ist es, das Stadtzentrum. Ich betrete einen alten Platz, in dessen Mitte sich eine Statue befindet, zumindest das, was von ihr übrig ist. Der Kopf und die Arme des ca. zwei Meter großen Mannes im Anzug fehlen. Was hier wohl geschehen ist? Neugierig gehe ich näher an die Figur heran und erkenne etwas Interessantes. Überall sind Kratzer. Mächtige Klauen haben ihre Spuren im Gestein hinterlassen. Nun besteht absolut kein Zweifel mehr. Ich bin nicht allein.

      „Wen haben wir denn da?“ Ich drehe mich sofort um. „Es kommt selten vor, dass uns jemand besucht.“ Wenige Meter vor mir steht ein junger Mann und mustert mich genau. Nachdenklich fährt er sich durch den dichten, blonden Vollbart. Er ist eindeutig