Arguh:Blendwerk. Adam Wutkowski

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Название Arguh:Blendwerk
Автор произведения Adam Wutkowski
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783752920819



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Versammlung eingekehrt war, richtete dieser erneut das Wort an die Menge: «Am heutigen Tage haben wir uns hier versammelt, um uns ein genaueres Bild von der Lage zu machen. Wir, und das möchte ich hier noch einmal betonen, haben uns hier nicht versammelt, um den Boden mit Halbwahrheiten zu nähren oder um die Interessen von einigen zu schützen.», sagte dieser und konnte sich einen Blick in Richtung des Viehbarons nicht verkneifen.

      «Es ist nun an der Zeit jenen Gehör zu verschaffen, die die Gräuel der Chiks selbst miterlebt hatten.», fuhr schließlich der Hauptmann fort, wendete sich von den Versammelten ab und richtete seinen Blick auf zwei Gardisten, die jeweils rechts und links vor einer kleinen Tür postiert waren. Auf ein kaum wahrnehmbares Nicken seitens des Hauptmanns öffnete einer der Gardisten die Tür und machte somit den Weg frei für einen in die Jahre gekommenen Mann und eine Frau. Sichtlich überwältigt von der Größe der Halle und der auf sie gerichteten Blicke, setzten die beiden nur zögernd einen Fuß vor den anderen. Als sie jedoch schließlich die Mitte der Halle erreicht hatten, wurden sie von einem freundlich dreinblickenden Hauptmann empfangen.

      «Trotz all dem Unglück, das euch in den letzten Tagen widerfahren ist, habt ihr auf meine Bitte hin euch dazu bereit erklärt, uns von eurem Unglück zu berichten. Wir alle wissen das zu schätzen. Doch nun spricht! Sagt, was ihr erlebt habt. Lasst nichts aus!», forderte der Hauptmann die beiden Neuankömmlinge auf und trat einen Schritt zur Seite.

      «Sie kamen nachts.», begann der Mann in einer leicht zittrigen Stimme zu sprechen. «Das Donnern ihrer Pferdehufen war schon von weitem zu hören. Ohne irgendeine Vorwarnung zündeten sie unsere Häuser an, töteten das Vieh und jeden, der sich ihnen in den Weg stellte. Schnell war die Nacht von den Schreien der Verwundeten und jener, die um ihre Angehörigen trauerten erfüllt. Doch als ob das nicht genug wäre, trieben die Chiks die Überlebenden wie Vieh zusammen. Zogen die Alten und Schwachen aus der Menge heraus und erschlugen sie vor den Augen der Anwesenden. Allen anderen banden sie ein Seil um den Hals und führten sie ab in die Nacht, aus der sie noch vor wenigen Augenblicken gekommen waren. 17 Jahre lang haben ich und meine Familie auf dem Grund und Boden gelebt. Und nun ist alles dahin. Ich will ihnen nichts vormachen. Ich war nie ein Freund von den Chiks. Ich wusste schon immer, dass man ihnen nicht trauen kann. Es sind Wilde, die keinen Anstand besitzen. Sie haben vor den Augen meiner Frau und mir unserem ältesten Sohn ein Schwert in die Brust gestoßen, als dieser versuchte seine Schwester in Sicherheit zu bringen. Meine Tochter nahmen sie anschließend mit sich. Bis auf das, was wir am Leib trugen, ist uns nichts geblieben. Von unserem kleinen Dorf ist nur ein Haufen Asche geblieben. Uns allein haben sie verschont. Haben uns einfach stehen gelassen. Nicht aus Mitleid. Nicht, weil sie des Mordens überdrüssig waren. Nein. Sie haben uns verschont, damit wir allen erzählen, was uns wiederfahren ist.», beendete der Mann seine Erzählung, seine leise vor sich hin weinende Frau im Arm haltend.

      «Danke! Vielen Dank für die Schilderung der Ereignisse. Wir trauern mit euch und bedauern euren Verlust. Doch sagt uns! Habt ihr während des Angriffs irgendetwas beobachten können, dass uns helfen könnte zu verstehen, was die Chiks antrieb? Haben die Chiks versucht, euch etwas mitzuteilen? Haben sie irgendwelche Drohungen ausgesprochen oder die Gefangenen beschuldigt, schuld an irgendeinem Unheil zu sein?», fuhr der Hauptmann fort.

      «Nein. Nichts!», flüsterte der Bauer nachdenklich, seine Frau immer noch fest umklammert. «Den Chiks ging es nicht ums Reden. Mit ihrem Überfall haben sie uns eine klare Botschaft geschickt. Sie sind auf Krieg aus.», berichtete dieser und zog im nächsten Augenblick wie zum Beweis einen Pfeil aus seinem Umhang hervor und warf diesen auf den Boden. Sofort fielen alle Blicke auf den Pfeil, auf seine Spitze und die Federn. Augenblicklich wurde jedem Anwesenden klar, dass es sich hier um einen Pfeil der Chiks handelte. Als schließlich das Gemurmel der Anwesenden immer stärker wurde, erhob der Hauptmann erneut seine Hände und brachte die Anwesenden zum Schweigen.

      «Danke!», lenkte der Hauptmann die Aufmerksamkeit auf sich, während er im nächsten Augenblick als Zeichen des Mitgefühls seine Hand auf die Schulter des Mannes legte. Doch dann wandte er sich energisch von den beiden ab und richtete seinen Blick herausfordernd den Versammelten zu. Noch während er seinen Blick langsam über die Menge schweifen ließ, wurde der alte Mann und seine Frau von einem der Gardisten aus der Halle geführt.

      «Im Laufe des späten Nachmittags sind noch weitere Überlebende aus anderen Dörfern eingetroffen. Alle berichten dasselbe. Ein bewaffneter Trupp von Chik-Kriegern, wildes Geschrei, Tod und Verderben. In vielen Fällen wurden Kinder und alte Menschen bei den Angriffen getötet, während die jungen Männer und Frauen verschleppt wurden. Bis vor kurzem hatten wir noch keinen Anhaltspunkt, welches Ziel die Chiks mit ihren Angriffen verfolgen…», fasste der Hauptmann die Ereignisse zusammen und hielt für einen Moment inne. «…doch nun scheint Bewegung in die Sache gekommen zu sein. Wie ihr wisst, haben wir nach den letzten Übergriffen mehrere Trupps zusammengestellt, die entlang der Täler patrouillieren sollten. Nun konnte keiner dieser Trupps den Angriff verhindern, aber es ist einem dieser Trupps gelungen, einen Spähtrupp von Chik Kriegern zu stellen. Nach einem heftigen Kampf und einer wilden Verfolgungsjagd ist es den Chiks gelungen zu entkommen. Doch ihren Anführer konnten unsere Männer gefangen nehmen und hierher bringen.»

      Nachdem die Bekanntgabe über die Gefangennahme eines Chiks die Runde gemacht hatte, brach das Gemurmel unter den Männern erneut auf. Und wieder musste der Hauptmann seine Hände in die Höhe heben, um sich Gehör zu verschaffen.

      Als schließlich Ruhe unter den Versammelten herrschte, gab der Hauptmann mit einem leichten Wink seiner Hand einen seiner Gardisten ein Zeichen. Daraufhin öffnete sich die gleiche Tür wie zuvor und zwei bewaffnete Männer mit einem in kettengelegten jungen Mann traten in die Halle ein. Ausgehend von der Kleidung, die aus gegerbten Leder und Fellstücken, versetzt mit Knochenteilen von irgendwelchen Tieren, bestand, wurde jedem in der Halle sofort bewusst, dass es sich hierbei um den Chik-Gefangen handeln musste. Als dieser schließlich von seinen beiden Begleitern in die Mitte der Halle geschleppt und von ihrem festen Handgriff befreit wurde, sank dieser mit gesenktem Haupt völlig entkräftet auf seine Knie.

      Beim Anblick des Gefangenen überkam die Anwesenden das Verlangen ihrer aufgestauten Wut Luft zu machen. Von einem Augenblick auf den anderen prallte eine Wucht von Beschimpfungen und Anschuldigungen auf den jungen Gefangenen herunter. Innerhalb von wenigen Minuten war die Luft in der großen Halle so aufgeheizt, dass der Hauptmann die Versammelten zur Ruhe und Ordnung ermahnen musste. «Ruhe!», erhob sich donnernd die Stimme des Hauptmanns über die Halle und bahnte sich ihren Weg durch den Lärm der Männer bis hin zum äußersten Winkel der Versammlungshalle. Obwohl die Atmosphäre in dem Raum förmlich zu explodieren drohte, reichte dieses eine Wort des Hauptmanns aus, um innerhalb von wenigen Augenblicken die Halle in Schweigen zu hüllen.

      «Bartos.», führte der Hauptmann mit fester Stimme fort und wendete seinen Blick von der versammelten Menge ab und hin zu einem der Wachen, die soeben samt des Gefangenen die Halle betreten hatten. «Richte das Wort an den Gefangenen und übersetze allen Anwesenden, was der Gefangene zu seiner Verteidigung zu sagen hat.»

      Doch entgegen der Erwartung des Hauptmanns und der Anwesenden erfüllte plötzlich nicht der Klang einer fremden Sprache den Raum, sondern die vertrauten Töne ihrer eigenen Sprache.

      «Hört mich an!», forderte der Gefangene die Aufmerksamkeit der Versammelten ein. Als sich der Gefangene der Aufmerksamkeit aller bewusst war, ließ er seinen Blick herausfordernd langsam über die Reihe gleiten.

      «Dem Süden kann man nicht trauen. Nur Trug und Verrat. Der Samen von einst ist aufgegangen und hat nun auch die Frucht verdorben. Euer Spiel nimmt bald ein jähes Ende. Eure gespaltene Zunge wird euch ins Verderben stürzen. Zehntausend unserer Krieger haben ihren Frieden mit den Geistern unserer Ahnen geschlossen und sind für ihre letzte Reise bereit. Das solltet ihr nun auch machen.»

      Fassungslos und wie von einer tiefen Starre erfasst, erwachten die Anwesenden nur langsam aus ihrer Verblüffung. Viele der Anwesenden wussten mit dem Gesagten nur wenig anzufangen. Doch die Erwähnung einer Streitmacht aus über zehntausend Kriegern traf die Anwesenden mitten ins Mark. Selbst jene, die vor wenigen Minuten den Krieg so ehrfürchtig herbeisehnten, verstummten. Denn auch ihnen wurde sofort bewusst, dass das Grenzland einer Streitmacht von zehntausend Kriegern nichts entgegen zusetzen hatte.

      Schließlich