Vae Victis. György Kristián Szitás

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Название Vae Victis
Автор произведения György Kristián Szitás
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783748590743



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der Mittagszeit hinter sich bringen, damit sie am Nachmittag mit dem Abstieg beginnen konnten. Er hoffte einerseits, dass sie nicht auf Gafner treffen würden, wollte diesen aber lieber bei sich wissen, als in Ysmays Nähe.

      Sie kamen gut voran und hatten die Ebene bereits fast durchschritten, als ihnen eine große Gestalt mit zwei Schwertern entgegentrat:

      Gafner!

      „Ich werde mich an Euch allen rächen und Ysmay mit Gewalt zu meiner Frau machen!“ rief er den Kundschaftern entgegen.

      „Damit hast Du Deinen Standpunkt klargemacht,“ entgegnete Jotan ruhig.

      Vaughn griff nach seinen Schwertern, aber Jotan legte seine Hand auf den Arm des großen Kriegers:

      „Diese Suppe muss ich alleine auslöffeln. Sollte er mich töten, bringt unseren Auftrag zu Ende und bewahre Ysmay davor, ihr Leben mit diesem Mann verbringen zu müssen! Das geht vor!“ schärfte er Vaughn ein und sah ihm dabei tief in die Augen.

      „Du aber bist unser Übersetzer!“ wandte Finnian ein.

      „Ihr kommt schon klar!“ entgegnete ruhig Jotan und bereitete sich mental auf den Kampf vor.

      Er legte den Mantel ab, nahm seinen Stab, zog sein Schwert und ging alleine auf Gafner zu:

      „Diesen Händel machen wir beide unter uns aus, da es die Frau betrifft, die wir beide lieben! Die Anderen haben damit nichts zu tun!“

      „So sei es!“

      Gafner wirbelte mit seinen beiden Schwertern durch die Luft, aber Jotan blieb ruhig stehen, in der linken Hand seinen Stab, in der rechten sein Schwert.

      Gafner schlug zum Schein auf Jotans linke Seite, doch dessen Stab schnellte zu Gafners Gesicht vor und traf ihn an der Schläfe. Verwundert zuckte der Krieger zurück und der Schlag mit dem zweiten Schwert ging ins Leere.

      „Das war gut,“ raunte Vaughn seinen Gefährten zu. „Er hat den Schlag nur angetäuscht, um mit dem zweiten Schwert besser durchzukommen. Schaut hin, jetzt setzt er von der anderen Seite an, aber Jotan rammt ihn den Stab wieder an die Brust, damit Gafner die Luft weg bleibt.“

      Vaughn ging bei jeder Bewegung der Kämpfenden unwillkürlich mit.

      „Seht ihr eigentlich, dass Jotan bisher seine Stellung kaum verändert hat. Ohje! Gafner schlägt drein wie ein germanischer Berserker! Hoppla!“

      Jotan war einen Schritt zur Seite gewichen und hatte Gafner ins Leere laufen lassen, dann trennte ein gezielter Schlag Gafners Haupt vom Rumpf.

      Der Körper lief ohne Kopf noch einen Schritt weiter, strauchelte und fiel der Länge nach hin, während der Kopf zur Seite gefallen war und ein entsetzter Gesichtsausdruck die Bewegungen des Körpers beobachtete, zu dem er noch wenige Sekunden vorher gehört hatte..

      Jotan atmete schwer durch, es war lange her, dass er so einen Kampf hatte bestehen müssen und er hatte nicht damit gerechnet, dass es letztlich so einfach sein würde. Zentnerschwere Lasten vielen von seinem Herzen ab und so lächelte er erleichtert.

      „Wir sollten die Waffen behalten und den Kopf zurück ins Dorf schicken,“ meine Amdegh.

      Jotan schüttelte den Kopf: „Nein, er war ein Krieger, auch wenn er zum Verbrecher wurde. Wir werden ihn hier mit seinen Waffen bestatten, wie es sich geziemt. Ich will seinen Geist nicht auch noch gegen mich haben!“

      Und so sammelten sie Steine und Geröll zusammen, um Gafner ein würdigeres Grabmal zu errichten, als es dieser vermutlich verdient hatte.

      Nachdem die Sonne über ihrer Arbeit untergegangen war, verbrachten sie ihre zweite Nacht auf der Ebene, allerdings in würdigem Abstand zur Grabstelle des Brudermörders.

      +++

      Am folgenden Tag begannen sie mit dem Abstieg ins Tal, da das Wetter für die Jahreszeit sehr mild war, kamen sie gut voran und so hatten sie gegen Abend die Berge hinter sich gelassen. In der Ferne machten sie ein Gehöft aus, das aus mehreren Gebäuden bestand, aber noch zu weit weg war, um es vor Einbruch der Nacht zu erreichen.

      So suchten sie sich eine geschützte Stelle im Berghang und richteten sich für die Nacht ein, während der Wind um ihre Ohren pfiff und ein leichter Nieselregen einsetzte.

      Kurz vor Einbruch der Dunkelheit stand plötzlich Amdegh auf und sah in die Richtung des kleinen Gehöfts, er meinte er hätte dort eine Gestalt gesehen, aber wahrscheinlich hatte er sich getäuscht.

      Das Lagerfeuer strahlte weit in die Ferne und wenn dort ein Mensch war, dann müsste er dieses Feuer sehen.

      Jotan war dies zwar nicht recht, aber durch das Feuer breitete sich wenigstens ein bisschen Wärme in ihren Herzen aus, so dass sie der Dunkelheit und der aufziehenden Kälte um sie herum widerstehen konnten. Der Heiler dachte an Ysmay, rollte sich in seinen weiten Mantel ein und war nach ein paar Augenblicken eingeschlafen.

      Amdegh hingegen hatte beim Anblick der Person in dem Gehöft ein Gefühl gespürt, das er noch nicht kannte und so blieb er lange sitzen, starrte ins Feuer und versuchte sich über seine Gefühlswelt im Klaren zu werden.

       Julia und Lucius

      # Galia Cisalpina, 351 a.u.c., fünf Nächte bis Samhain (Monat des Winteranfangs) (=~ 402 v. Chr., 27. Oktober) #

      Julia versorgte mit dem letzten Licht des Tages die Ziegen ihres Vaters und trieb diese in den Stall, damit sie vor dem aufkommenden Winter geschützt waren, der sich mit Nieselregen und Wind bemerkbar machte.

      Sie schloss die grob gezimmerte Türe des kleinen Stalles und blickte müde und freudlos in die Richtung der nahen Berge. Für einen Moment meinte sie dort ein kleines Feuer wahrgenommen zu haben, aber der aufkommende Wind trieb sie ins Innere des kleinen Wohnhauses, das ihr und ihrem Vater als Heimstatt diente.

      Etwas hatte sie bei dem Anblick dieses Feuers berührt, als sie aber die entsetzlich geschwollenen Augen ihres Vaters ansah, wurde das Gefühl der Hoffnung von dem stärkeren Gefühl der Hilflosigkeit vertrieben. Wer würde sich um diese Jahreszeit schon aus den Bergen zu ihrem kleinen Gehöft verirren? Dem letzten Hof, der von der einst so stolzen Siedlung der Tauriner übrig geblieben war.

      Julia trug eine Salbe ihrer verstorbenen Mutter, es war eigentlich nur Fett mit klein geschnittenen Buchenblättern vermischt, auf die Augen ihres Vaters auf und legte sich selbst schlafen. Ihr Vater war bereits eingeschlafen, als sie das kleine Wohnhaus betreten hatte. Sie setzte sich auf den Rand ihres Bettes und dachte nochmals an das Feuer, vertrieb aber den Gedanken daran. Der nächste Tag hatte wieder viel Arbeit für sie, sonst würden sie und ihr Vater endgültig untergehen.

      Die Salbe ihrer Mutter wirkte nicht wirklich, da die Schwellung nicht zurückging, aber immerhin ließen die Schmerzen ihres Vaters nach und er konnte durchschlafen.

      Als ihre Mutter noch lebte war immer wieder eine Woge der Freude durch das kleine, aber feine Wohnhaus gezogen. Doch mit ihr war alle Freude gewichen. Als dann die Augen ihres Vater anfingen zuzuschwellen, kamen ihr die feinen Verzierungen an den Holzläden und den Tischbeinen, die ihre Mutter so gemocht hatte, wie feister, unnötiger Tand vor.

      Julia streckte sich auf ihrem Bett aus, das alleine schon wegen der Enge des Caban nicht weit entfernt vom Bett ihres Vaters stand. Sie zog eine Decke über sich und war innerhalb sehr kurzer Zeit eingeschlafen.

      +++

      Als die Kundschafter um Jotan in die Nähe des kleinen Bauernhofs kamen, sahen sie dahinter einen kleinen Fluss.

      „Diesen Fluss nennen die Etrusker Padus, wir haben also Eturien erreicht. Lasst uns mal sehen, was und wen wir in dem Bauernhof dort vorn finden. Wir sollten uns mit den Leuten dort gut stellen, damit wir den Winter hier verbringen können.“

      Nach einer Weile fügte er hinzu: „Vielleicht können wir uns auch nützlich machen, schaut Euch mal die Dächer an, hier ist viel zu tun!“

      Amdegh meinte nur: „Die Gatter überleben den nächsten Winter auch nicht, die fallen schon fast vom Anschauen auseinander!“