Название | Der Weg der Liebe |
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Автор произведения | Orison Swett Marden |
Жанр | Сделай Сам |
Серия | |
Издательство | Сделай Сам |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783742734129 |
Nero ließ oft einen seinem goldenen Palast gegenüberliegenden See mit lebendigen Fackeln beleuchten, die aus zusammengebundenen und mit Teer bestrichenen Christen hergestellt waren. Es war ein weit verbreiteter Brauch, kranke oder verkrüppelte Kinder auf verlassenen Orten auszusetzen, wo sie dem Hungertod oder den wilden Tieren preisgegeben wurden. Ebenso grausam verfuhr man mit Greisen, die infolge Altersschwäche dienstunfähig geworden waren.
Trotzdem die ganze Macht des römischen Weltreichs gegen die Christen aufgeboten wurde, fuhren sie fort, das Evangelium zu predigen und das Werk Christi weiterzuführen. Und siehe, trotz aller Verfolgung, trotz Marter und Kreuzespfahl, wirkte langsam, aber sicher der Sauerteig der christlichen Lehre, bis schließlich das ehemals stockheidnische Rom der Mittelpunkt der Christenheit wurde. Heute birgt es eine unübersehbare Fülle christlicher Denkmäler.
Aber was ist zu sagen zu den Verfolgungen, die im Namen der Christenheit verhängt werden? Was zu den Greueln des Weltkriegs? Zu den unaussprechlichen Grausamkeiten und Barbareien, welche sogenannte Christen verüben? Die Antwort lautet dahin, daß trotz all dieser Untaten des Kriegs der Sauerteig der Liebe still weiterschafft.
Ein Augenzeuge, der die europäischen Schlachtfelder besucht hat, sagt: „Du siehst die Hölle weit offen auf dem Kampfplatz, aber der Himmel ist's nicht minder. Dieses Heldentum, diese Ausdauer, Hingabe, Freudigkeit auch im schwersten Leiden, die Bereitwilligkeit, das Leben zu opfern, um einen Kameraden zu retten, das sind alles Tugenden, die mehr bedeuten und höher zu bewerten sind als die Erfüllung der unmittelbaren militärischen Dienstpflichten.“ Ein anderer sagt: „Wahres Christentum zeigt sich auf dem Schlachtfeld in wunderbarer Vollendung. Das Schlachtfeld wird zum Schauplatz der Liebe.“
Obschon der große europäische Krieg der grauenhafteste der Weltgeschichte ist, so fehlt es doch nirgends an Beweisen für die fortdauernde Wirkung und Herrschaft der Liebe. Die selbstloseste Hingabe beseelt das große Heer der Helfer und Helferinnen des Roten Kreuzes, die ohne Ansehen der Volks- oder Kirchen-Zugehörigkeit, der Rassen- oder Standesunterschiede alle verwundeten Soldaten auf den Kampfplätzen der ganzen Welt als Brüder behandeln, indem sie ihnen die Wunden verbinden und durch ihre Pflege Gesundheit und Leben wieder schenken.
Wie oft kommt es vor, daß Soldaten verschiedener Nationen, die in der Schlacht grimmige Feinde waren und auf jede Weise einander nach dem Leben trachteten, Seite an Seite im Lazarett herausfinden, daß sie in Wirklichkeit eins sind in ihren Gefühlen und Empfindungen, Brüder dem Herzen nach, ohne daß sie es vorher wußten. Fern von der Stätte des Hasses und Blutvergießens schließen sie Freund- und Bruderschaft fürs Leben.
Pessimisten erblicken in dem Krieg nur die Vernichtung der Zivilisation und die Loslassung aller Dämonen des Hasses. Aber die Liebe ist stärker als der Haß und erzeugt Leben selbst aus dem Tod. Sogar auf dem Schlachtfeld streut sie die Saat eines neuen großen Lebens aus, das alles, was die Welt bisher gesehen, in Schatten stellt.
Nie seit Menschengedenken ist der Wahlspruch der französischen Revolution „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ so Allgemeingut der Menschheit geworden wie während des Weltkriegs. Das große Unglück hob alle Klassen- und Parteiunterschiede auf. Die scharfen sozialen, religiösen und politischen Grenzlinien, die vorher in den kriegführenden Ländern gezogen waren, verschwanden an vielen Orten. Die gemeinsame Not brachte die Menschen einander näher. Männer und Frauen aller Stände und Parteien wirkten zusammen auf das eine Endziel hin.
Vornehme Familien nahmen Kriegswitwen und -waisen bei sich auf. Damen von Rang und Stand verrichteten die niedrigsten Dienste der Krankenpflege, stellten sich in den Dienst der niederen und höheren Schule, arbeiteten auf kaufmännischen und behördlichen Schreibstuben und lenkten den Kraftwagen oder die Straßenbahn. In Deutschland sind Frauen, vorher an keine Art von Arbeit gewöhnt, freudig an die Stelle ihrer Männer getreten, als diese dem Ruf des Vaterlandes zu den Waffen folgten, und haben, auch als infolge der Absperrung unserer Aus- und Einfuhr die Schwierigkeiten sich bergehoch vor ihnen auftürmten, mit unerschütterlicher Treue standgehalten. Ähnliches liest man auch von anderen Ländern, die in das Völkerringen verwickelt waren.
Hoffen wir, daß die von der Liebe und dem Geist der Brüderlichkeit aufgehobenen Schranken nie wieder errichtet werden; daß der Friede — wenn er einmal wirklich seinen Einzug hält — eine Wiedergeburt der Völker auf neuer Grundlage bringen wird.
Ein denkwürdiger Vorgang hat sich in den Vereinigten Staaten am 21. Juli 1911, fünfzig Jahre nach der Schlacht bei Bull Run, zugetragen. Die Überlebenden der blauen und der grauen Armee kamen zusammen und begruben den letzten Rest feindlicher Absonderung, der aus den Tagen des Bürgerkriegs noch vorhanden war und die Beziehungen zwischen den Nord- und Südstaaten beschattete. „Die Veteranen stellten sich in Reih und Glied auf und marschierten auf der Heinrichshöhe gegeneinander, wobei sie die Gefechtsbewegungen, die sie vor fünfzig Jahren auszuführen gehabt hatten, wiederholten. Als die beiden langen Linien sich trafen, machten sie Halt und reichten sich die Hände. Ein mächtiger Jubelruf erdröhnte, und manchem alten Graubart rollten die Tränen über die Wange herab.“
Es mag lange dauern, bis die Wunden, die der Weltkrieg geschlagen, vernarbt und all die Greuel, die verübt wurden, aus dem Gedächtnis ausgewischt sind; aber der Tag wird kommen, wo alle Nationen sich brüderlich die Hand reichen und zum Besten der ganzen Welt zusammenwirken. Der Haß wird der Liebe weichen, und die Liebe wird allen Streit und Krieg, alle Rache, Selbstsucht und Raubgier aus der Welt verbannen. Jahrhundertelang haben die Menschen es mit dem Haß, dem Krieg und dem Blutvergießen versucht — umsonst; denn mit Gewalt ist noch nie etwas ausgerichtet worden. Im zwanzigsten Jahrhundert ist kein Platz mehr für Staatslenker oder Völker, die eine Säbelherrschaft gründen wollen. In unserem Zeitalter bedeutet Friede so viel wie Fortschritt.
Eine hochstehende Frau, die viele Jahre lang zusammen mit ihrem Gemahl für humanitäre Zwecke tätig war, hatte einst einen merkwürdigen Traum von einem neuen Zeitalter, das für die Menschheit anbrach. Sie erzählte ihn folgendermaßen:
„Mir träumte einst von dem Kommen einer neuen Zeit, in der Männer und Frauen gleicherweise und mit vereinten Kräften kämpfen für die Emporhebung des Menschengeschlechts und die Befreiung der Welt von allem Übel. Ich sah die Menschenkinder aller Himmelsstriche wie die Bienen arbeiten, um die Wurzeln der Übel, womit die menschliche Gesellschaft behaftet ist, bloßzulegen und das ganze Gewebe des Lasters und Elends zu enthüllen; aber auch um die besten Heilmittel gegen all diese Übel und Leiden zu entdecken.
Da erschien plötzlich ein neues, wunderbares, alles durchdringendes Licht, dessen Glanz mit menschlichen Worten sich nicht beschreiben läßt — das Licht einer neugeborenen Hoffnung und Liebesflamme. Die Quelle dieses Lichts war menschliche Anstrengung — das unsterbliche Ringen und Schaffen von Tausenden und Abertausenden von Männern und Frauen. Ich sah sie alle, Seite an Seite, Schulter an Schulter, erfüllt von demselben unwiderruflichen Vorsatz, jedes Antlitz zu erleuchten mit einem Glanz, der nicht von dieser Welt stammt. Alle stürmten auf ein gemeinsames Ziel los, alle strebten danach, einem und demselben Feind den Fuß auf den Nacken zu setzen, ein und dasselbe unvergängliche Gut zu erringen.
Und dann kam der Sieg. Alles Übel war von der Erde verschwunden. Alles Elend ausgemerzt. Die Menschheit war erlöst und gerüstet, um in ein neues Zeitalter menschlichen Verstehens, allumfassenden Mitgefühls und ewig dienstbereiter Hilfe einzutreten: das Zeitalter des unzerstörbaren Friedens und der vollkommenen Liebe, die alles Denken übersteigt.“
Das ist der Traum von Jahrtausenden, die Hoffnung des Menschen seit dem Sündenfall; und jedes Jahrhundert, jedes Jahr bringt uns seiner Erfüllung näher. Trotz widersprechenden Erfahrungen und so vielen offenkundigen Übeln in unsrer Mitte, trotz so manchen Rückfällen und Entmutigungen gewinnt der Geist Christi, der Geist der menschlichen Brüderlichkeit, langsam an Boden und durchdringt die Massen. Die Nächstenliebe hat in den letzten 25 Jahren größere Fortschritte gemacht als in den vorangehenden zwei Jahrhunderten. Das tritt uns auf allen Gebieten des Lebens entgegen. Wir sehen es daran, daß Männer