Название | Wegbier |
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Автор произведения | L. A. Hermann |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783748587200 |
Wegbier
Roman
von L. A. Hermann
Für die Bands, die ich so liebe
Inhaltsverzeichnis
1. Alltag
Das Licht fiel fahl durch den schweren, roten Vorhang, den Markus vor dem Fenster angebracht hatte. Er schlief nicht mehr, wie noch zu Studentenzeiten, auf einer Matratze. Er hatte sich gebraucht auf eBay-Kleinanzeigen ein einfaches Bettgestell aus hellem Holz gekauft. Er wusste mittlerweile den Stauraum unter einem Bett zu schätzen. Dort lagen die Bücher aus dem Studium und verstaubten. Er hatte es nicht geschafft, sie zu verkaufen.
Markus blinzelte. Er war verkatert. Berufsrisiko. Nach jahrelanger Arbeit in der Kneipe hätte er es eigentlich besser wissen müssen. Es war kein besonders spektakulärer Abend gewesen. Im „Rabatz“ war es gestern nicht mal besonders voll. Keine Stammkundschaft, mit der man sich unterhalten hätte können. Ihm war schnell langweilig geworden. Aber das Bier hatte mal wieder viel zu gut geschmeckt. Die Macht der Gewohnheit.
Markus streckte sich. Seine Zunge fühlte sich belegt an, so als ob er krank werden würde. Er hustete ein paar Mal, dann wuchtete er sich aus seinem Bett. Immer knarzte es. Ein Mädchen hatte er schon länger nicht mehr mit nach Hause gebracht. Irgendwie hatte das für ihn den Reiz verloren. Er hatte das Gefühl, mit diesen nächtlichen Bekanntschaften, immer und immer wieder das gleiche Gespräch zu führen. Auf Dauer ziemlich ermüdend.
In seiner Wohnung, die eigentlich nur ein großes Zimmer war, herrschte Chaos. Unter einem Klamottenberg war der alte Flohmarkt-Sessel gerade noch so zu erahnen, in der Spüle stapelte sich sein gesamtes Geschirr und auf dem Boden standen aufgereiht Wein- und Olivenölflaschen. Wenigstens das sah ordentlich aus.
Markus torkelte ins Bad. Viel mehr eine winzige, grüngekachelte Nasszelle. Einige Fließen waren gesprungen, bei anderen die Kanten weggebrochen. Viel Platz war darin nicht. Eine Person konnte sich gerade so umdrehen.
Verschlafen blickte ihn ein junger Mann mit Drei-Tage-, oder eher Vier-Tage-Bart, im Spiegel entgegen. Er war jetzt 29. Schon lange zeichneten sich Lachfältchen um die Augen herum ab. Das machte ihm nichts aus. Was ihm aber störte, war sein zu nehmend weniger werdendes Haar. Beugte er sich nach vorne, konnte er im Spiegel eine beginnende Platte sehen. Wenn er hin faste, spürte er seine Kopfhaut. Entsetzt riss er dann jedes mal die Hand weg. Er schätze, es war von Vorteil, dass er mit 1,85 recht groß war. Im Winter konnte er das mit einer Mütze kaschieren. Im Sommer mit Caps oder Hüten, aber die verlor er viel zu oft und für Caps war er eigentlich nicht der Typ. Eine weitere Option, die er hatte, die Markus aber ganz weit wegschob, war die Glatze. Und das wollte er nicht. Er mochte seine stinknormalen braunen Haare. Und so benutzte er weiterhin koffeinhaltiges Shampoo, in der Hoffnung, es würde irgendetwas bringen.
Frisch geduscht und wieder halbwegs klar setzte er sich an seinen kleinen Esstisch. Den Vorhang hatte er mittlerweile zur Seite geschoben. Ein schöner Tag. Es war kurz vor zwölf. In einer Thermoskanne hatte er noch lauwarmen Filterkaffee vom Abend zuvor. Das und ein harter Brotrand mit etwas Frischkäse würde als Frühstück reichen müssen. Und eine Zigarette. Er musste mal wieder einkaufen gehen. Das Brot war hart, mühsam kaute er darauf rum. Vielleicht würde er es heute nach der Arbeit schnell noch zum Tengelmann schaffen. Er sollte sich auch mal wieder bei Manni blicken lassen. Schon die ganze Woche hatte er das noch nicht geschafft. Markus bekam ein schlechtes Gewissen. Er fühlte sich für ihn verantwortlich. Es war fast so, als hätte er mit seinem Einzug einen Opa dazu bekommen.
Manni wohnte in der Wohnung gegenüber. Erst hatte Markus nur freundlich gegrüßt, wenn er ihn zufällig im Treppenhaus getroffen hatte. Dann hatte er damit angefangen, für den Nachbarn den Müll runterzubringen. Nach ein paar mal Müll wegbringen, hatte Markus einen fleckigen Einkaufszettel von Manni entgegengenommen und für ihn ein paar Besorgungen erledigt. Im Laufe der Zeit hatten sie sich immer mehr aneinandergewöhnt. Markus war froh darüber, einen Freund im Haus zu haben.
Seit ungefähr eineinhalb Jahren arbeitete Markus schon nachmittags in der Buchhandlung. Nachdem das mit dem Studium vorbei war und das BaFög weggefallen war, hatte Markus dringend einen Job gebraucht. Das Geld von der Kneipe hatte nicht für Miete, Essen und Tabak gereicht. Schon gar nicht in München. Am liebsten hätte Markus damals nur den ganzen Tag gemalt, geraucht und zum Fenster hinunter geschaut. Doch von brotloser Kunst wird man nicht satt, hatte sein Vater mal gesagt.
Kurzzeitig hatte Markus mit dem Gedanken gespielt eine Lehre anzufangen. Irgendwas Praktisches. Vielleicht Schreiner, wie sein Vater. Markus war sich sicher gewesen, dass ihm das Spaß gemacht hätte. Als kleiner Junge hatte ihn sein Papa öfter mit in die Werkstatt genommen. Der Geruch von Sägespäne erinnerte ihn immer an seine Kindheit.
Markus war in seiner Verzweiflung damals sogar bei der Agentur für Arbeit gewesen, um sich nach einer Ausbildung erkundigen. Doch der schlechte Verdienst hatte ihn abgeschreckt. Etwas deprimiert hatte Markus danach das Arbeitsamt verlassen und war durch die Gegend geschlurft. Einfach loslaufen