Im Bann der Ziege. Marko Cornelius

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Название Im Bann der Ziege
Автор произведения Marko Cornelius
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738080193



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Um den geplanten Schachzug dennoch zum Gelingen zu führen, zwang er eines Nachts durch ein spätmittelalterliches Beschwörungsritual sämtliche zwölf Geister aus den photographischen Platten sich ihm zu zeigen und vollbrachte es, sie zu materialisieren. Wie sie ihm noch zu gleicher Stunde berichteten, hatten sie dem Häuptling aus Janssens Traum ihr Lebtag in sklavischer Knechtschaft gedient, denn sie waren selbst noch Kinder gewesen, als jener angeblich ihre Sippe unterworfen hatte, um seinen eigenen Stamm zu stärken. Janssen vertraute den Wesen auf naive Art, deren Körper amorphen Massen gleich sich in beliebigen Formgebungen zu zeigen vermochten, nur an ihren relativ gleichbleibenden Köpfen waren sie voneinander zu unterscheiden. Es mussten ähnliche Gestalten gewesen sein, von denen die trunkenen Seebären in den Spelunken einst berichtet hatten. Der Reihe nach erwiesen sie Janssen ihre Reverenzen, nannten ihm jeweils Namen und Absicht eines jeden, dann gelobten sie in Treue und Ergebenheit ihm immerfort zu unterstehen sowie alle Fragen zu beantworten nach denen die Welt giert, wenn er doch nur daran festhielte, dem verhassten Häuptling niemals den Blutzoll zu zahlen. So wurde also ein Pakt geschmiedet zwischen einem lebenden Menschen und den Gestaden des Jenseits; zu welchem Preis - zumindest Marinus Janssen wusste es nicht. Jedoch sollte er bald viel erfahren über das Wesen der Dinge, viel mehr als im beizeiten recht erschien und kleinliche Fragen verloren sich alsbald in abgrundtiefen Einsichten. Es war ihm, als ob sich in fremden Dimensionen Raum und Zeit vor Geburtsschmerzen krümmten um dann den gordischen Knoten der Erkenntnis mit dem Hervorbringen einer Totgeburt lösen zu wollen: das Absolute schien tatsächlich nicht neben dem Lebendigen existieren zu können; die belebte Welt verkam zur schieren Illusion - ein Traum unter den Myriaden von Träumen dort draußen hinter den Planeten.

      So kam es, dass Janssen seinem bisherigen Leben und dem menschlichen Dasein im Allgemeinen hinfort Hohn spottete. Die Geister der Pikten waren ihm schnell zu ständigen Begleitern und Weggefährten in seiner ansonsten einsamen Behausung geworden, ja man konnte sagen, diese verschrobenen Seelen waren ihm eine dauerhafte geistige Fluchtburg. Sie waren ihm bisweilen ebenda ein geneigtes Publikum, welches sich an den absonderlichen Lächerlichkeiten und bedeutungslosen Szenarien humaner Wesensart nun regelmäßig in einem kleinen improvisierten Theater zu ergötzen pflegte; und er war ihr Star, der sich genüsslich in seinem Ruhm sonnte je mehr er eben die Abstrusitäten seiner eigenen Spezies durch den Dreck ziehen konnte. Doch in unbedachter Hybris, verwarf er die Wahrheit aus den alten Schriften, konnte nicht mehr unterscheiden zwischen Rat und Warnung sondern entsagte jedem überlieferten Verstande; wurde achtlos!

      »So sei was du herbeigerufen habest denn auch bereit Beizeit zu bannen, so denn der Nachtgewalt verfallen dein schmählich Geist, solch noch vermag, denn wisse ewiglich da waltet das Böse hin zum jüngsten Tag …«, las er noch einmal. Wieder begann er über den alten Text zu lachen, doch diesmal blieben seine Zuhörer stumm. Er zog den staubigen Bühnenvorhang auf, welcher gelegentlich zu einem grotesken Versteckspiel diente, und erschrak unweigerlich in seinem tiefsten Innern. Obschon er geglaubt hatte jegliche Möglichkeit des Empfindens von Furcht sei von ihm abgefallen, übermannte ihn sein Urinstinkt wie er es niemals mehr zu erleben gedacht hatte. Tausend ghoulische Augen starrten aus dem Tartarus des schwarzen Zuschauerraumes zu ihm empor; während eine Stimme sich regte und voll boshafter Ironie ein alttestamentarisches Bibelzitat vorsprach: »Glücklich der Mann, der nicht folgt dem Rat der Gottlosen, den Weg der Sünder nicht betritt und nicht im Kreis der Spötter sitzt.« Alle übrigen blieben stumm. Da begriff Marinus Janssen, dass der Spruch ihm gegolten hatte; sein Herz begann zu verkrampfen und kalter Schweiß brach ihm aus.

      »Dachtest du wahrhaftig, du könntest ihnen vertrauen? Dachtest du wirklich sie würden mich tatsächlich hintergehen? Du bist ein Narr, Janssen.«

      Als er den schrecklichen Häuptling der Pikten aus dem Halbdunkel auf sich zukommen sah, wusste er, dass er verloren war. Ohne Gegenwehr nahm er es hin, als sich jener mit gierigem Gaumen über ihn beugte und mit seinem Blut auch den letzten Rest überheblicher Arroganz aussaugte, bis sein ehemals so wohl geformtes Antlitz zu einer grauenerregenden Fratze erkaltet war.

      Als der Vorhang in dieser Nacht zum letzten Mal fiel, hatte Marinus Janssen seinen Meister gefunden - denn er war tot.

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