Der Hanseschatz von Lübeck. Hans-Joachim Schmidt

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Название Der Hanseschatz von Lübeck
Автор произведения Hans-Joachim Schmidt
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847658689



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finanzkräftigste Kontor und eines der 4 Kontore der Hanse. Brügge war zudem im Mittelalter der Welthandelsmarkt. Es war für die deutschen Händler das Tor nach Venedig und zum Orient. Jetzt war es möglich an Waren wie z. B. Pfeffer, Safran oder hochwertige Seide zu kommen, was den Kaufleuten Lübecks zuvor verwehrt blieb.

      In Brügge wurde übrigens vor über 700 Jahren die Börse „erfunden“ durch die Kaufmannsfamilie Buerze. Jenes Gründerhaus steht noch heute.

      Das Haus der Börse in Brügge

      Hildebrand Veckinchusen um 1392

      Hildebrands weitere Handelsgeschäfte waren durch Streitigkeiten mit russischen Kaufleuten, Räuber zu Land und vor allem durch die Aktivitäten der Piraten zur See bedroht. Immer wieder überfielen Freibeuter, wie sie auch genannt wurden, seine Hanseschiffe.

      Sehr zum Ärger von Veckinchusen und Alois Menssen eroberten die Piraten abermals Visby und machten daraus ein Piratennest.

      Nicht nur, dass die Piraten jetzt wieder eine ideale Ausgangsposition für ihre Kaperfahrten in der gesamten Ostsee hatten. Ein weiteres Ärgernis war, dass die Warenströme der Hanse versiegten und die Kaufleute sich ihrer Arbeit beraubt sahen.

      Die Rettung sollte jetzt der Deutsche Orden, Schild und Schwert der Hanse, bringen, so die Hoffnung der Kaufleute. Denn der Deutsche Orden verdiente ganz gut an den Geschäften mit den Hansestädten. Allein aus der Tatsache heraus, dass dem Orden einiges an Verdiensten verloren ging, war ihnen das Piratenpack ohnehin ein Dorn im Auge.

      Hochmeister Konrad von Jungingen selbst schiffte sich 1398 mit einem riesigen Aufgebot an Rittern in Gotland ein, um die Piraten aus Visby zu verjagen. Mit ihren übermächtigen Landkämpfen hatten sie Erfolg und eroberten Visby zurück.

      Störtebeker und seine Gefolgsleute erfuhren von diesem Gemetzel zwischen den Piraten und dem Deutschen Orden und machen sich unverrichteter Dinge vom Acker -Richtung Nordsee.

      Jetzt wurde die Nordsee zur „Mordsee“.

      Dieser Sieg brachte das Geschäftsleben der Kaufleute, vor allem denen aus Lübeck, wie den Menssens und Veckinchusens, wieder in Schwung.

      Trotz der Niederlage der Piraten gegen den Deutschorden kamen die Piraten Hildebrand Veckinchusen und seinen Geschäften immer näher. Piraten gefährdeten jetzt auch die Handelsrouten nach Brügge und London, jene, die er sehr erfolgreich bediente.

      Einer der Seeräuber war der gefürchtete Klaus Störtebeker. Er war der Schrecken der Meere schlechthin. Piraten seines Schlages gab es einige. Wie z. B. Gödeke Michels, Henning Wichmann und Klaus Scheld. Aber nur Störtebeker brachte es zu Ruhm und ging somit in die Geschichte um die Hanse ein.

      Störtebeker und seine Mannen die sich an der friesischen Küste, im Friesenbogen, festgesetzt hatten, überfielen Veckinchusens Koggen, die mit Waren auf dem Seeweg von Riga nach Brügge unterwegs waren. Trotz heftigen Widerstands durch die angeheuerten Söldner, verlor er zwei Mal hintereinander Kogge und Ladung.

      Störtebeker entwickelte sich vom anfänglich legalen Kaperfahrer zum Seeräuber. In dieser Funktion als Seeräuber nannten er und seine Leute sich Vitalienbrüder.

      Kaperfahrer waren jene Seeleute, die ursprünglich im Auftrag der Obrigkeiten ein Patent erhielten, welches sie berechtigte in Kriegszeiten feindliche Schiffe anzugreifen, zu kapern. Ein Seeräuber dagegen, wie eben Störtebeker, hatte, nachdem die Kriege beendet waren und ihnen die Lizenz zum Kapern entzogen wurde, keinen Verdienst mehr und handelte ab sofort auf eigene Rechnung, als Seeräuber.

      Piraten überfielen tatsächlich alles was eine fette Beute versprach und dazu gehörten immer wieder die Koggen der reichen Kaufleute, wie eben die von Veckinchusen.

      Um ihre Ziele möglichst effektiv zu erreichen, setzten sich die Seeräuber abermals auf der Insel Gotland fest. Mit dieser Besetzung behinderten sie nun den gesamten Ostseehandel. Mittlerweile war die Piratenflotte so groß, dass es irgendwann unmöglich war, unbehelligt die See zu durchkreuzen.

      Gestärkt wurden die Vitalienbrüder von Herzog Albrecht I. von Bayern und dem Grafen von Holland und Hennegau durch einen im August 1400 beurkundeten Vertrag. Sie stellten mit diesem Vertrag 114 Vitalienbrüder unter ihren Schutz.

      Mit diesem verbrieften Schutz engten sie den Seeweg nach England und Holland und somit den Handel ein, was vor allem die Hamburger Kaufleute betraf. Um diesen Piraten, vor allem dem gefährlichsten unter ihnen, Störtebeker, das Handwerk zu legen, machte man mobil. An vorderster Front der Mobilmachung stand die Hansestadt Hamburg. Obwohl sich genug Söldner für diesen Einsatz meldeten, bestand Alois Menssen darauf, im Gegensatz zu den Veckinchusen Brüdern, die sich während dieser Zeit nach Brügge abgesetzt hatten, freiwillig an dem Einsatz gegen die Freibeuter teilzunehmen. Sein Freund, der Hamburger Ratsherr Herrmann Lange, nahm sein Angebot gern an. Aber nur, wenn er während des Kampfes direkt an seiner Seite bliebe.

      Die Zerschlagung der Piraten sollte von Erfolg gekrönt werden. Im April 1401 wurde Klaus Störtebeker von jenem Verband Hamburgischer Friedekoggen, das waren die Kriegsschiffe zu der Zeit, die vor allem gegen Seeräuber vorgingen, unter der Führung der Hamburger Ratsherren und Englandfahrer Nikolaus Schocke und Hermann Lange vor Helgoland gestellt. Störtebekers erbitterter Kampf brachte ihm und seine Anhängern nichts. Er und seine Crew wurden gefangen genommen und auf der Bunten Kuh, einer Schnigge, auf der auch Alois mitsegelte, über die Elbe nach Hamburg verbracht.

      Eine Schnigge war ein flaches, offenes und meist schnelles Segelschiff, welches als Führungsschiff der hansischen Flotte diente.

      Böse Zungen behaupten, so jedenfalls die Legende, dass die Festnahme Störtebekers nur möglich war, weil er von einem seiner Piratenfreunde verraten wurde. Er sabotierte die Steueranlage seines Schiffes und machte es somit manövrierunfähig. Das soll die „Bunte Kuh“ ausgenutzt haben und zerstörte daraufhin Störtebekers Hauptmast.

      Als man Alois Menssen nach der Saga befragte, konnte er das so nicht bestätigen.

      Noch im selben Jahr wurden Störtebeker und 72 seiner Gefährten, auf dem Grasbrook (heute Hafencity) vor Hamburgs Hafeneinfahrt enthauptet. Im Beisein der Crew der glorreichen Flotte, die ihn zur Strecke gebracht hatte.

      Dort steht eins der Denkmäler von Störtebeker.

      Klaus Störtebeker als Denkmal in Marienhafe, Landkreis Aurich, Marktplatz.

      Um diese Enthauptung und dass er das Leben 12 seiner Gefährten gerettet haben soll, ranken sich viele Legenden.

      Anderen Quellen zu Folge soll Störtebeker aber der Hinrichtung entkommen sein.

      Der Vollständigkeit halber muss Folgendes hinzugefügt werden, was vielleicht nicht jedem gefallen wird.

      Neuesten Erkenntnissen zufolge soll Störtebeker gar kein Seeräuber gewesen sein, sondern ein Kaufmann und Kapitän, namens Johann Störtebeker aus Danzig. Ein Störtebeker mit dem Vornamen Klaus ist in keiner Quelle der Archive auch nur erwähnt.

      Wie kam es nun zu jenem „Klaus“?

      Herman Korner (1365-1438), ein Söldnerführer und Geschichtsschreiber, verfasste als Lübecker Chronist die „Chronica Novella“ in der er einen Klaus Störtebeker erwähnte.

      Der Gelehrte, Geistliche, sowie Syndicus (Jurist) und Diplomat Albert Krantz (1448-1517), der im Auftrag der Hansestädte Lübeck und Hamburg agierte, hatte diesen Namen in seiner Wandalia (Geschichte der Vandalen) weiter verbreitet.

      Nichtsdestotrotz wird der Mythos um Klaus Störtebeker weiter leben.

      Und um es abzurunden, der Stadtteil Buntekuh in Lübeck geht übrigens nicht auf das Schiff „Bunte Kuh“ zurück. Buntekuh geht auf einen Hof (um 1680) zurück,