Der Hanseschatz von Lübeck. Hans-Joachim Schmidt

Читать онлайн.
Название Der Hanseschatz von Lübeck
Автор произведения Hans-Joachim Schmidt
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847658689



Скачать книгу

Mittelpunkt des Handelns. Allerdings war anfangs nicht Lübeck, sondern Visby der Hauptort der Hanse, das sollte sich aber bald ändern.

      Die Farben der Hanse waren rot und weiß. Als Kennzeichen ihrer Zugehörigkeit benutzten die Kaufleute weiß-rote Fahnen, unter anderem für ihre Handelsschiffe.

      Dass sich die Hanse als Macht überhaupt so entwickeln konnte, lag in erster Linie daran, dass sich die deutschen Kaiser eher mit Italien und dem Papsttum beschäftigten, als um die Belange ihrer Regentschaften. Diese Nachlässigkeit war für die Entwicklung der Hanse das Optimum. Der Erfolg der Hansekaufleute lag am Gewinn der Waren aus der ganzen Welt, die sie in Europa vertrieben und an deren Umschlag. Auch die Stadt Lübeck verdiente daran und das nicht zu wenig. Die alten Salzspeicher an der Trave und das Holstentor zeugen noch heute von Macht und Überfluss.

      Skizze der Holstentore um 1700.

      Ganz vorn ist das zweite, äußere Holstentor. Gefolgt vom äußeren und mittleren Holstentor. Hinter der Holstenbrücke liegt das innere Holstentor - in dieser Zeichnung der Fachwerkbau, der das ursprüngliche Tor im 17. Jahrhundert ersetzt hatte.

      Die Salzspeicher, direkt neben dem Holstentor an der Obertrave, wurden zwischen 1579 und 1745 im Stil der Backsteinrenaissance und des Backsteinbarock erbaut.

      Das spätgotische Holstentor - Wahrzeichen Lübecks (Ansicht Stadtseite) wurde 1478 erbaut. Es ist ein Stadttor, welches die Altstadt der Hansestadt nach Westen begrenzt. Das Holstentor ist neben dem Burgtor ein Überbleibsel der Befestigungsanlagen.

      Die gesamte Holstentoranlage von 1728.

      Ausschnitt aus einer Stadtansicht von Friedrich Bernhard Werner.

      Ein unerwarteter Handel

      Karl Menssen war einer dieser freien Schonenfahrer, der sich der Heringsschwärme bis ins schwedische Öresund hin bemächtigte. Seines Standes war er Kaufmann und Schiffer. Seine Familie war eine der Ersten und von Lübeck überhaupt, die das Recht an Gebieten und den Fang von Fischen um Schonen zugeteilt bekamen.

      Von seiner Erscheinung her war Karl Menssen ein stattlicher Herr von fünfundvierzig Jahren mit festem Wohnsitz in der Hansestadt Lübeck.

      Menssen war sehr geschickt, um nicht zu sagen gewieft, in seinem Handeln mit Fisch, jenen Heringen um Schonen, Stockfisch aus dem Norden als auch anderer Waren, wie Pelzen und Bernsteinen, wenn es seinen Interessen, um nicht zu sagen seinem Geldbeutel, dienlich war. Sein Erfolg gründete auch daher, dass er erkannte, dass er, wenn er Ware verkauft hatte, andere Ware zuladen musste, um nicht leer den Rückweg antreten zu müssen. Manchmal erledigte er auch einfach nur so einen Transport und verdiente sich dadurch nicht nur Ansehen.

      Diesem Modell eiferten viele seiner Kaufmannskollegen nach. Ganz selten gehörten Gewürze zu seiner Handelsware. Nicht zuletzt, weil diese Ware unter der Federführung einer anderen Kaufmannsfamilie lag, der Familie Wittenborg unter der Führung von Johann, der das Geschäft von seinem Vater Hermann übernahm.

      Der schwunghafte Handel mit Gewürzen wie Pfeffer und Safran begann aber erst um etwa 1401.

      Nicht selten botete Karl Menssen Mitinteressenten aus, um seine angestrebte Handelsware zu erhalten. Dass im Endeffekt einige dabei auf der Strecke blieben, bewegte ihn nicht. Denn er hatte ein Weib und sechs Kinder, alles Knaben, zu ernähren. Allzu oft musste er als fürsorgender Familienvater diese Tatsache seinen Konkurrenten gegenüber als Argument für sein unerbittliches Vorgehen vorschieben, weil es eben so oft Streit wegen seiner skrupellosen kaufmännischen Methoden gab.

      Eigentlich bestand kein Grund so hart mit seinen Handelspartnern und Konkurrenten umzugehen, denn der Familie Menssen ging es nicht schlecht, nein, eher sogar sehr gut und das war allgemein bekannt, auch außerhalb Lübecks. Umso unverständlicher war es, gerade für seine Kaufmannskollegen die selbst Kinder zu ernähren hatten, dass er sich dennoch so in den Vordergrund spielte. Kam es etwas lauter zu Unmut in diesen Kreisen, gab er gern an, dass schließlich zwei seiner Jungs im Handwerk tätig und nicht so wie er Kaufmann waren um ihn zu unterstützen, was viele Kinder anderer Kaufleute taten.

      Sehr zum Leidwesen Menssens konnte sich in der Tat bisher keiner seiner Söhne für den Handel begeistern, auch sein drittältester Sohn war ebenfalls bestrebt sich anderweitig zu orientieren. Er wollte sich in der Medizin niederlassen, so wie sein Vater selbst es zuvor tat. Nur brach Karl Menssen auf Wunsch seines Vaters, der ebenfalls Kaufmann war, sein Medizinstudium ab und stieg in das Geschäft seines Vaters ein.

      Das war nichts Ungewöhnliches zu jener Zeit. Damals ging man gern dem Wunsch des Vaters nach. Die Menssens waren derzeit in der vierten Generation Kaufleute und durch Karl Menssen würde dieses Gewerbe wohl noch lange in der Familie währen. Er hatte die Hoffnung, dass wenigstens einer seiner Söhne seinem Wusch das Geschäft zu übernehmen nachkam. Sein Jüngster, der Alois, schien sich dafür zu begeistern. Jedenfalls bekniete er immer seinen Vater bei seinen Handelsgeschäften dabei sein zu dürfen. Er hätte ihn gern mitgenommen, aber seine Frau war strikt dagegen, weil er noch zu jung für die See sei.

      So streng und skrupellos Menssen in seinem Handeln auch war, umso liebevoller und nachgiebiger war er seiner Familie gegenüber.

      Wir könnten jetzt fast annehmen uns im 21. Jahrhundert zu befinden. So ist es aber nicht, denn wir schreiben das Jahr 1356. Das Jahr in dem der erste allgemeine Hansetag, die Versammlung der Hansestädte, im Lübecker Rathaus stattfand.

      Menssens Handelspartner waren die, die sich ausschließlich über den Seeweg erreichen ließen, eben wegen des Fischhandels.

      Einer seiner Vorteile beim Handel war, dass er sowohl Latein als auch Russisch sehr gut sprach und schrieb.

      Dass Menssen und seine Kollegen den Ostseeraum überhaupt bedienen konnten, war nur möglich weil Lübeck 1160 das Soester Stadtrecht erhielt und im Jahr darauf das Artlenburger Privileg. Dieses Privileg war damals außerordentlich wichtig für die Kaufleute Lübecks, weil sie dadurch rechtlich mit den dominierenden Gotländischen Kaufleuten gleichgestellt wurden und im Ostseehandel kräftig mitwirken konnten.

      Nur sehr selten machte Menssen Touren die übers Land gingen und wenn dann nur wenn es sich nicht vermeiden ließ oder wenn der zu erwartende Gewinn seine Bedenken übertraf.

      Einen dieser unüblichen und für ihn ungeliebten Handelswege sollte ihn Anfang 1361 nach Halle an der Saale führen. Es ließ sich im Verlauf eines Handelsangebotes dann doch nicht vermeiden, selbst den Landweg zu beschreiten. Es waren die Unruhen, die ihn selbst tätig werden ließen.

      Der ortsansässige Kaufmann Hansen wurde bei Karl Menssen wegen einer größeren Handelsware vorstellig.

      Menssen und Hansen kannten sich sehr gut. Sie konnten sich zwar nicht ausstehen, respektierten sich aber. Zumindest wenn das Thema Loyalität im Handel zur Sprache kam.

      Hansen mied nach Möglichkeit die Gesellschaft Menssens, nicht nur wegen seiner unsagbaren Erfolge und Skrupellosigkeit in dem Geschäft, sondern auch, weil er Hansen damals seine Freundin Isolde ausspannte und später heiratete. Menssen hätte eigentlich nie seine Frau kennen gelernt, hätte nicht Hansen dieses Mädchen bei einer seiner kaufmännischen Unternehmungen aus Sachsen mitgebracht. Zu allem Überfluss zahlte Hansen auch noch einen nicht unwesentlichen Betrag an Isoldes Eltern für das damals vierzehnjährige Mädchen. Schließlich war Isolde zu der Zeit das älteste von 8 Kindern und trug für den Unterhalt ihrer Familie bei.

      Hansen musste Isolde ja überall wie eine Trophäe herumzeigen. Auch oder gerade vor Menssen wollte er seinen Triumph zelebrieren. Er wusste, dass Menssen schon lange eine Frau suchte, aber nie die Richtige