SPIONE, KUNDSCHAFTER DES FRIEDENS UND AGENTEN. Gerd Frank

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Название SPIONE, KUNDSCHAFTER DES FRIEDENS UND AGENTEN
Автор произведения Gerd Frank
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783752922950



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Vater und ihr Bruder 1934 gestorben waren (der Bruder war in der 'Nacht der langen Messer', im Zusammenhang mit dem Röhm-Putsch, ermordet worden) - ihre berufliche Karriere auf.

      Nur sechs Jahre später starb Elsbeth Schragmüller im Alter von nur 52 Jahren an Knochentuberkulose in München. Die Strapazen des Krieges hatten Spuren hinterlassen, vor allem an ihrer Gesundheit gezehrt: Längere Zeit hatte sie in Krankenhäusern und Sanatorien verbringen müssen. Eine Grabstelle ist nicht belegt und auch bestätigte oder beglaubigte Bilder sind nicht vorhanden. Das Fräulein Doktor soll extrem schlank, hübsch, reserviert und blond gewesen sein. (3)

      Bereits im Krieg hatten verschiedene Legenden um 'das Fräulein Doktor' kursiert. Danach wurde die Spionin anonym zur Fahndung ausgeschrieben. Erst nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gelang ihre Identifizierung, weil der amerikanischen Besatzung ein Dossier des Generalmajors Friedrich Gempp in die Hände gefallen war (4). Was an Gerüchten über ihr Leben bekannt geworden war, wurde von Hans Rudolf Berndorff 1929 in einem frei erfundenen Roman zusammengefasst, der auch zur Grundlage für mehrere Filme und ein Theaterstück wurde. Demzufolge soll sie als Geliebte eines Offiziers bereits mit 16 Jahren ein Kind tot geboren haben, worauf sie von ihren Eltern aus dem Haus geworfen sein soll; später soll sie morphiumabhängig gewesen sein und nach Kriegsende in einer Irrenanstalt geendet haben. In der Zwischenzeit habe sie - getarnt als Studentin oder verkleidet als Putzfrau - zahlreiche erotische Abenteuer erlebt und die Alliierten ausspioniert. Recht abenteuerliche Spekulationen bringt auch Magnus Hirschfeld: Sie soll nach seinen Quellen 1916 den Spionagedienst in Paris neu eingerichtet haben und später über die Schweizer Grenze geflohen sein. 1918 sei sie als 'südamerikanische Krankenschwester' getarnt 1918 erneut nach Frankreich gekommen, wo sie Informationen hinter der Frontlinie gesammelt habe.

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      (1) Hieber, Hanne. „Mademoiselle Docteur alias Elisabeth Schragmüller – Eine Geheimdienstkarriere im 1. Weltkrieg.“ In: „Heimatblätter“, Beilage Nr. 6 vom 4.9.2004.

      (2) Hieber, Hanne: „Die Chefin von Mata Hari. Mademoiselle Docteur alias Elsbeth Schragmüller, Leiterin der Spionageabteilung Frankreich des deutschen Geheimdienstes im Ersten Weltkrieg.“ In: „Beiträge zur Geschichte Dortmunds und der Grafschaft Mark.“ Bd. 96/97. Dortmund 2005/2006.

      (3) Ebenda.

      (4) Dieser Bericht wurde zunächst bei der 'National Archives and Records Administration' (NARA) in Washington / USA verwahrt; aktuell befindet er sich im Freiburger Militärarchiv.

      DIE SCHÖNE SPIONIN (MATA HARI)

      Die niederländische Tänzerin Margaretha Geertruida Zelle, die später unter dem Künstlernamen Mata Hari (1) weltberühmt geworden ist, wurde am 7. August 1876 in Leeuwarden geboren. In den Jahren ihrer Ehe trug sie auch die Namen Marguerite Campbell und Gretha MacLeod. Ihr Tarnname während ihrer Tätigkeit für den deutschen Geheimdienst war H-21.

      Die Frau war vor und während des Ersten Weltkrieges als exotische Nackttänzerin aufgetreten, hatte den Ruf einer exzentrischen Künstlerin und wird als bekannteste Spionin aller Zeiten betrachtet. Am 25. Juli 1917 wurde 'Mata Hari' aufgrund von Doppelspionage und Hochverrat von einem französischen Militärgericht zum Tode verurteilt und am 15. Oktober 1917 in Vincennes hingerichtet.

      Margaretha Zelle hatte noch drei jüngere Brüder und wurde in ihrer Kindheit nur Greet gerufen, was ihr allerdings nicht sonderlich gefallen haben soll (2) . Zunächst ging sie in die Leeuwarder Gemeindeschule, dann ab September 1890 recht unregelmäßig und mit geringem Erfolg in die 'Middelbare Meisjes School'.

      Der Vater betrieb ein Hutgeschäft und war als Prahlhans und Verschwender bekannt. Er ließ sich gerne als 'Baron' titulieren, obgleich er von keiner adeligen Familie abstammte. Auch bei der Tochter scheint dieser Wunsch ausgeprägt gewesen zu sein; sie beantragte nämlich im Jahre 1908 beim Kabinett der Königin eine Änderung ihres Familiennamens Zelle-MacLeod in "van Zelle van Ahlden", was jedoch abgelehnt wurde. Auch ein zweites Gesuch, diesmal an die Königin selbst gerichtet, wurde nicht genehmigt. (3)

      Als Margarethas Vater durch Börsenspekulationen Wohlstand erwarb, kaufte er ein altes Patrizierhaus; die verwöhnte Tochter bekam zu ihrem sechsten Geburtstag eine Kutsche, welche von Ziegen gezogen wurde. Die Leute erinnerten sich noch viele Jahre später an das "kleine Mädchen mit der dunklen Haut, den mandelförmigen Augen und dem schwarzen Haar auf dem Leiterwägelchen“ (4), das wie eine orientalische Prinzessin ausgesehen habe.

      Ebenso schnell wie er reich geworden war, verarmte der Vater wieder: Aufgrund von diesmal verlustreichen Börsenspekulationen wurde er insolvent und musste das repräsentative Domizil aufgeben und eine simple Stadtwohnung mieten. Die Ehe der Eltern wurde nur deshalb nicht geschieden, weil die Mutter plötzlich an Tuberkulose verstarb. (5) Margarethas Vater verzog nach Amsterdam, wo er als Handelsreisender arbeitete und erneut heiratete.

      Die Großmutter mütterlicherseits nahm die Kinder in Pflege; Margaretha kam ins Haus ihres Patenonkels, der mit einer Schwester ihres Vaters verheiratet war. Nach seinem Wunsch sollte die junge Frau zur Kindergärtnerin ausgebildet werden, was ihr jedoch nicht sonderlich zusagte. Sie brach die Ausbildung schnell ab und ging dann nach Den Haag. Dort weckte eine Zeitungsanzeige ihr Interesse: „Officier met verlof uit Indië (6) zoekt meisje met lief karakter met het doel een huwelijk aan te gaan“ (Offizier, auf Urlaub aus Indonesien, sucht junge Frau mit liebenswürdigem Charakter zur Eheschließung) stand da in den 'Nieuws van den Dag' (Tagesnachrichten). Der Kolonialoffizier Campbell Rudolph MacLeod hatte sie aufgegeben; mit rund 20 Jahren, die er älter als Margaretha war, litt er an Rheuma und hatte Diabetes. Damit war er nicht gerade der ideale Ehepartner für die ehrgeizige junge Frau, dennoch fühlte sie sich von seinem weltmännischen Auftreten positiv angesprochen und so heiratete die Neunzehnjährige im Juli 1895 den Offizier. Das Paar zog nach Amsterdam, die Flitterwochen verbrachten die beiden in Wiesbaden. Sohn Norman John wurde - als Siebenmonatskind - im Januar 1896 geboren.

      Schon bald darauf kam es zu Konflikten. Die Schwägerinnen verstanden sich überhaupt nicht, auch in der Ehe selbst gab es häufig Streitereien, weil Margaretha mit ihrer häuslichen Situation nicht sonderlich zufrieden war. Im Mai 1897 reiste das Paar nach Batavia (7) in Java, wo MacLeod stationiert war. Er wurde noch im gleichen Jahr zum Major befördert und nach Malang versetzt; dort wurde im Mai 1898 Töchterchen Luisa Jeanne (8) geboren wurde.

      Dieser Ort wurde während der Kolonialzeit als 'Côte d'Azur Indonesiens', weil er zahlreiche Vergnügungs- und Arbeitsmöglichkeiten bot. Dort blühte Margaretha sichtlich auf; bald beteiligte sie sich auch am kulturellen Leben. Als 1898 anlässlich der Feiern zur Thronbesteigung Königin Wilhelminas das Schauspiel "Die Kreuzfahrer" von August von Kotzebue aufgeführt wurde, durfte Margaretha die Rolle der Königin spielen - dies war das erste Mal, dass sie in der Öffentlichkeit auftrat. (9)

      Im März des darauffolgenden Jahres wurde MacLeod nach Medan auf Sumatra versetzt und so wurde das Ehepaar zunächst für etwa sieben Monate voneinander getrennt. MacLeod war seit dem ersten Auftritt seiner Gattin recht eifersüchtig geworden; zudem störte ihn ihr überaus sorgloser Umgang mit dem Haushaltsgeld, weshalb er sie häufig zu mehr Sparsamkeit ermahnte. Das Paar entfremdete sich immer mehr, die persönlichen Spannungen nahmen zu. (10)

      Im Juni 1899 starb der kleine Norman an den Folgen einer Vergiftung: Eine Hausangestellte der Familie gab noch auf dem Sterbebett zu, dass sie ihm Gift ins Essen gemischt hatte, weil sie sich damit für die frühere Bestrafung ihres Liebhabers durch MacLeod rächen wollte. Das Töchterchen entging dem gleichen Schicksal nur deshalb, weil beizeiten ein Arzt geholt worden war.

      Als der Major im Herbst 1900 nach 28 Dienstjahren in den Ruhestand versetzt wurde, zog die Familie nach Sindanglaya; Margaretha wollte allerdings unbedingt nach Europa zurückkehren. MacLeod wollte davon nichts wissen, weil ihm klar war, dass seine Ruhestandsbezüge dort für ein angemessenes Leben nicht ausreichen würden, weshalb die Eheprobleme immer gravierender wurden.