Das Erbe im Keltengrund. Ariane Nasskalt

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Название Das Erbe im Keltengrund
Автор произведения Ariane Nasskalt
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738004045



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er sich erst kurz zuvor darüber geärgert hatte, dass ihm Irmgard Mayer wiederholt ins Wort gefallen war, ließ Konrad Schmieg nun, um die bereits zur Genüge gehörte Tirade „wenn der Amtsleiter nicht bei bester Gesundheit ist …“ abzuwenden, seinen Gesprächspartner ebenfalls nicht ausreden.

      „Konntest du denn keine Angehörigen ausfindig machen, die sich darum hätten kümmern können?“

      „Von Klaras Bruder ist keine Adresse bekannt. Nachdem er hier straffällig geworden ist, hat er sich auf und davon gemacht. Weil er nicht wollte, dass seine inzwischen verstorbene Ex-Frau bei ihm absahnt, hat er ne Menge Geld verschoben und …“

      „Das weiß ich doch! Ich bin doch nicht Onkel Otto aus Buxtehude“, unterbrach der Polizist seinen Schulkameraden aus der Grundschulzeit nochmals. Konrad Schmieg hatte sich mit der Angewohnheit seines Mitschülers Hans, alles ausführlich zu erklären und x-mal bereits Bekanntes zu predigen, schon immer schwergetan. Mit den Jahren hatte sich dessen Marotte leider noch verstärkt.

      „Ich wollte eigentlich nur wissen, ob Klara außer ihrem Neffen noch andere Verwandtschaft hatte!“, formulierte der Polizist seine Frage neu.

      „Nein, da gibt es tatsächlich niemanden. Sonst hätte dieser Ulf Reimann ja nicht geerbt.“

      „Eigentlich wäre ja zuerst dessen Vater dran gewesen!“

      „Weißt du nicht mehr? Der hatte doch nach dem Tod seiner Mutter eine Verzichtserklärung unterschrieben, die auch das Vermögen seiner Schwester einschloss. Vermutlich war das nur so eine pro forma Geschichte, damit Gläubiger nicht an sein Geld kamen“.

      „Ach natürlich, ja!“ Mist, jetzt hatte er diesem Pedanten Gelegenheit für eine Belehrung geboten. Der ließ sich heute aber auch alles aus der Nase ziehen.

      „Und der Neffe hat sich erst gemeldet, nachdem du ihm mitgeteilt hattest, dass er alles erben wird, stimmt’s?“

      Notar Haussmann beantwortete diese Frage nicht. Sein breit gezogener Mund ließ aber darauf schließen, dass er mit seiner Vermutung richtig lag. Wieder einmal sah sich Konrad Schmieg in seiner Menschenkenntnis bestätigt.

      „In der Zeit war ich leider im Urlaub. Wir kamen erst eine Woche nach Klaras Beerdigung wieder zurück. Ehm… Ich habe aber gehört, dass sich auch Klaras Freundin, diese Irmgard Mayer, bei allem herausgehalten hat.“

      Der Notar nickte und setzte seine Nickelbrille wieder auf, die er zuvor mit einem Papiertaschentuch gereinigt hatte. „Das kann man wohl sagen. Befreundet waren die beiden aber bestimmt nicht.“

      „Warum waren sie dann ständig zusammen? Wenn ich beim Maierhof vorbeigefahren bin, stand oft Irmgard Mayers Auto auf der Zufahrt.“

      Bevor der Gefragte antworten konnte, setzte Konrad Schmieg ein „Ehm“ nach und stellte eine weitere Frage: „Erst jetzt fällt mir die Namensgleichheit auf. Hat Irmgard Mayer irgendetwas mit dem Maierhof oder den Reimanns zu tun? Eine weitläufige Verwandtschaft, oder so?“

      „Das glaube ich nicht! Zumindest besteht keine Verwandtschaft im gesetzlichen Sinn. Aber so eine weitläufige Verwandtschaft spielt ja bei der Erbfolge sowieso keine Rolle. Zudem schreibt sich die Mayer ja mit „y“ und der Hofname wird mit einem „i“ geführt!“

      Wieder antwortete der Polizist mit einem „Ehm“, hakte dann aber nach. „Du hast meine Frage noch nicht beantwortet, was die beiden Frauen miteinander verband. Ich habe das Gefühl, dass du mehr darüber weißt.“

      „Ist denn diese Frage privater Natur?“

      Konrad Schmieg wich mit der Gegenfrage: „Würde ich denn fragen, wenn es keinen Grund dafür gäbe?“ aus.

      Der Notar grinste. „Verstehe! Aber bevor sich der Paragrafenschimmel wiehernd ins Fäustchen lacht, weil dir dadurch eine wichtige Erkenntnis durch die Lappen geht, will ich mal nicht so sein.“ Er hob die Hand und spreizte die Finger in die Höhe.

      „Aber behalt´s für dich, du weißt die Schweigepflicht! Klara Reimann war nämlich am Tag vor dem Unfall bei mir. Ohne vorherige Terminabsprache platzte sie mitten in einer Besprechung herein. Sie hatte es fürchterlich wichtig, wollte auf keinen Fall, dass die Mayer die Ergebnisse ihrer Nachforschungen in ihrem Buch veröffentlicht.“

      Konrad Schmieg zog die Augenbrauen hoch.„Sieh an, die Mayersche schreibt ein Buch! Sicher weißt du auch, worüber sie schreibt und warum Klara Reimann nicht erwähnt werden wollte? Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Klara etwas zu verheimlichen hatte.“

      „All zu viel weiß ich jetzt auch nicht. Ich war an dem Tag zu beschäftigt, um länger mit Klara reden zu können. Und den Termin, den ich für den nächsten Tag mit ihr vereinbart hatte, konnte sie dann leider nicht mehr wahrnehmen. Ich weiß nur, dass Irmgard Mayer sie zur Hofgeschichte befragt hat. Der Maierhof ist ja der älteste urkundlich erwähnte Hof in unserer Gegend und schon seit dem achtzehnten Jahrhundert im Besitz der Reimannschen Familie. Bei ihren Nachforschungen muss Frau Mayer auf irgendetwas gestoßen sein, was der Klara gar nicht behagte!“

      „Merkwürdig, dass von diesem Vorhaben noch nichts an die Öffentlichkeit gedrungen ist.“

      Notar Haussmann sah kurz auf seine Armbanduhr. „Das wundert mich auch. Möglicherweise wollten die beiden durch ihr Schweigen den WOW-Effekt beim Erscheinen des Buches verstärken. Vielleicht machte ihnen aber auch nur die Geheimniskrämerei Spaß.“

      Obwohl außer ihnen beiden niemand im Raum war, neigte er den Kopf näher zu Konrad und senkte die Stimme. „Ganz offensichtlich frönen junge Frauen nicht dieser Leidenschaft. Die Verschwiegenheit ist wohl erst dran, wenn andere Vergnügungen rar werden.“

      Wie erwartetet, entlockte er Konrad mit dieser Feststellung ein Schmunzeln. Der Polizist wurde aber sofort wieder ernst. „Wann erscheint denn dieses Buch?“

      „Wohl schon bald. Wenn ich Frau Reimann richtig verstanden habe, werden vor allem die alten Geschichten, die sich um den Hof ranken, aufgenommen. Es wird ja gemunkelt, dass sich in der Senkung eine keltische Kultstätte befunden haben soll.“

      „Ja, die Energiefeldgeschichte und der ganze Kram! Kann mir vorstellen, dass die Mayer auf diesen Zug aufgesprungen ist. Esoterik ist ja groß in Mode.“

      „Du, ich würde das nicht alles von der Hand weisen. Auch Wünschelrutengänger werden belächelt, obwohl sie durchaus Erfolge vorweisen können.“

      „Wer’s glauben will, soll’s glauben“, antwortete der Polizist mit einem spöttischen Unterton in der Stimme. „Warum kam sie mit dieser Sache denn zu dir? Ist für so was nicht ein Anwalt zuständig?“

      Notar Haussmann grinste: „Du willst damit wohl sagen, dass sie von einem solchen besser beraten worden wäre?“

      Als der Polizist zu einer Antwort ansetzte, unterbrach er ihn: „Lass man, du hast ja nicht ganz unrecht. Aber da sie auch davon sprach, dass sie ihr Erbe und die Hofübergabe regeln wollte, habe ich sie erst mal nicht weiter verwiesen.“

      „Das klingt ja gerade so, als ob ihr Neffe durch den Unglücksfall profitiert hätte. Womöglich wollte sie ihm nicht alles oder vielleicht auch gar nichts vermachen? Weißt du Näheres?“

      Hans Haussmann schüttelte den Kopf. „Nein, mehr weiß ich auch nicht. Ich hatte wirklich keine Zeit, länger mit Klara Reimann zu reden. Sag mal, vermutest du denn, dass unsere liebe Klara keines natürlichen Todes gestorben ist?“

      Wunderbar, nun konnte er diesem stoppelhaarigen Anzugträger zeigen, welcher Art seine eigene Auffassung über die Schweigepflicht war. Trotz gewisser Dissonanzen gehörten sie schon seit vielen Jahren dem gleichen Stammtisch an. Bedauern vortäuschend zog Konrad Schmieg leicht die Schultern hoch.

      „Hannns“, begann er gedehnt, „Du verstehst sicher, dass ich dir über meine Beweggründe keine Auskunft geben darf. Nur soviel: Ich gehe eigentlich mehr dem Bauchgrimmen eines jungen Mannes