Angsthase gegen Zahnarzt. Christine Jörg

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Название Angsthase gegen Zahnarzt
Автор произведения Christine Jörg
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847605423



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könnt schon den Tisch decken.“ Ich stelle das Tablett mit Tellern, Besteck und Gläsern vor sie hin. „Und vergesst nicht die Hände zu waschen.“ Groß schauen mich Beide an. Ich lache und kehre in die Küche zurück.

      Gehorsam befolgen sie meine Anordnung und decken den Tisch. Als ich die Frikadellen und die Salate bringe, sind sie zufrieden. Doch es dauert nur fünf Minuten und ihr Gespräch kehrt zur Arbeit zurück. Ich bin Luft. Darüber bin ich froh. Zum Glück ist Markus Eifersucht im Keim erstickt worden. Aber das kann ich nicht zulassen. Klipp und klar muss ich es ihm zu verstehen geben, wenn er kein Vertrauen in mich hat kann er gleich die Koffer packen. Ich zicke schließlich auch nicht herum, wenn er Patientinnen in den Zähnen herumstochert und dabei auch noch lustige Geschichten zum Besten gibt.

      Die beiden Männer sind so ins Gespräch vertieft, dass ich mich, als ich fertig gegessen habe, ins Arbeitszimmer verziehe. Ich habe noch eine kleine Übersetzung zu erledigen, die morgen Vormittag abgeholt wird.

      Es dauert nicht allzu lange und Hadi ruft mir auf Wiedersehen über den Flur zu. Ich begleite ihn zur Tür und verabschiede ihn mit einem Händedruck.

      Im Wohnzimmer ist Markus dabei den Tisch abzuräumen.

      „Markus, ich habe mich nicht für die Blumen bedankt. Womit verdiene ich sie?“

      „Ich wollte dir eine kleine Freude bereiten. Korrigierst du öfters Referate und Memos?“, will er wissen.

      „Ja“, gebe ich zu, „das kommt ab und zu vor, besonders vor Semesterende. Markus, noch was anderes. Dein Verhalten vorhin hat mich gekränkt. Ich versichere dir, auch wenn du ab und zu andere Männer hier siehst, sind das Freunde oder Bekannte. Sonst läuft da nichts. Ich habe nie mehr als einen Geliebten zur gleichen Zeit. Besonders, wenn er so gebaut ist wie du. Eifersucht ist fehl am Platz. Etwas Vertrauen wäre angebracht. Nicht?“

      „Ja“, gibt er zu und zieht mich kurz an sich, „ich habe blöd reagiert. Aber ich war so enttäuscht, dass du nicht alleine zu Hause warst. Ganz klar, du hast deine Freunde, wie ich meine. Und das mit dem Vertrauen, ist ein Grundstein für jede gesunde, glückliche Beziehung. Warst du böse als ich mit ihm über die Arbeit diskutierte?“

      „Nein, ich habe nur noch zu tun, und deswegen habe ich mich zurückgezogen.“

      „Na, dann arbeite mal, ich kümmere mich um das Geschirr so gut ich kann.“ Und so trennen sich unsere Wege. Er geht in die Küche und ich ins Arbeitszimmer. Irgendwie wird er das Geschirr schon in die Spülmaschine schichten und den Rest kann ich morgen abspülen.

      Wie üblich, wenn ich arbeite, ist alles mit Papier und verschiedenen Nachschlagewerken vollgelegt. So übersetze ich einige offizielle Dokumente, die für Heirat und Aufenthaltsgenehmigung benötigt werden. Ich habe noch nicht alles erledigt, als Markus sich zu mir gesellt.

      „Stört es dich, wenn ich in deinen Büchern stöbere?“

      „Nein, mach nur. Hoffentlich habe ich keine Geheimnisse versteckt.“ Ich lächle und wende mich wieder meiner Arbeit zu.

      Plötzlich sagt Markus: „Interessierst du dich fürs Fliegen?“

      Ich blicke ihn über den Bildschirm hinweg an. „Ja, ein wenig“, gebe ich zu.

      „Fliegst du auch?“, will er nun wissen.

      „Nein. Ich hatte es vor, aber bis jetzt fehlt mir der Mumm und das nötige Kleingeld.“

      „Ich dachte schon ich komme zu einem kleinen Rundflug“, sagt er scheinbar enttäuscht.

      Mit dem Buch über das Fliegen setzt sich Markus in den Schaukelstuhl, neben dem Schreibtisch. Nun lässt er mich weiterarbeiten.

      Ich wieder in meine Übersetzung vertieft als er sagt: „Doktor Osmani? War dein Mann auch Doktor?“

      Ich schüttle den Kopf. „Nein, so weit war er noch nicht. Weshalb?“

      „Weil das hier steht“, und zeigt mir einen Umschlag, den ich offensichtlich als Lesezeichen benützt hatte.

      „Nein, das bin dann wohl ich“, sage ich langsam. Zwar hatte ich hart dafür gearbeitet, aber im Grunde genommen habe ich es nicht mit der Titelwirtschaft. Als ich in Istanbul promoviert habe, war es um mir einen Wunsch zu erfüllen und nicht um den Doktor vor dem Namen stehen zu haben. Auch wenn es sich so gehört.

      Markus schaut mich groß an: „Du! Das wusste ich gar nicht. In was hast du promoviert?“

      Da gibt es viel was du noch nicht weißt, schießt es mir durch den Kopf.

      „In Philologie“. erwidere ich. „Türkisch“, füge ich noch hinzu.

      „Interessant“, sagt er neugierig geworden

      „Nun ja“, glaube ich erklären zu müssen, „schließlich wollte ich meine Zeit in Istanbul nicht nutzlos verstreichen lassen.“

      „Na, da erfährt man Sachen“, meint er anerkennend.

      „Nur nichts übertreiben, ich habe auch nicht mehr getan als andere“, erwidere ich nur. „Zum Beispiel, du.“ Damit wende ich mich wieder dem Computer zu. Ich muss die Übersetzungen heute erledigen.

      Nach kurzer Zeit unterbricht er mich wieder: „Sag mal, Angelika, ist das ein Foto von deinem Mann?“

      Ich sehe auf das Foto in seiner Hand. Er zeigt mir Mustafas Foto und betrachtet es genau. Am liebsten hätte ich es ihm aus der Hand gerissen und an seinen Platz zurückgestellt. Kein Mensch hatte das Recht, es zu nehmen, doch ich rühre mich nicht, sondern bejahe nur seine Frage.

      „Was hat er studiert?“

      „Physik.“ Es war mir unangenehm mit ihm darüber zu sprechen, aber weiterhin unternehme ich nichts um das Gespräch zu unterbinden.

      „Er muss ein sehr netter Mensch gewesen sein. Das sieht man schon an den Gesichtszügen“, und er zeigt mit der linken Hand auf das Foto um zu verdeutlichen, was er meint. ‚Hör endlich auf‘, schreit es in mir, aber ich schweige.

      „Das war er auch“, sage ich nur. Oh, wenn er doch aufhören würde über Mustafa zu sprechen.

      Doch es geht weiter: „Ich verstehe gar nicht, dass ihr keine Kinder hattet. Wie lange wart ihr verheiratet?“

      „Acht Jahre“, gebe ich zur Antwort, „wir hatten zunächst keine Zeit. Dann hat es nicht geklappt. Und danach war es zu spät.“

      Nun blickt er vom Foto auf und sieht mich an. Er bemerkt meine Rührung, tritt zu mir und streichelt mir die rechte Wange. „Tut mir Leid, Liebes.“

      Hätte er nichts gesagt, ich hätte mich vielleicht noch beherrschen können, doch nun ist es aus und ich heule los. Markus kniet sich vor meinen Stuhl, legt meinen Kopf an seine Brust und klopft mir zärtlich den Rücken.

      Nach einem Weilchen mache ich mich von ihm los und suche die Papiertaschentücher auf dem Schreibtisch. Markus sieht den Karton zuerst und reicht mir die Schachtel. Ich wische mir die Augen ab, schnäuze mich geräuschvoll und sage:

      „Entschuldige, Markus, aber manchmal, wenn man über Mustafa spricht überkommt mich eine große Traurigkeit.“

      „Ich hätte dich nicht darauf ansprechen dürfen. Aber ich wusste nicht, dass du noch so sehr trauerst. Ab und zu tut es ganz gut zu weinen. Außerdem machen Tränen schöne Augen.“ Dabei lächelt er vorsichtig. „Du hattest ziemlich jung geheiratet.“

      „Ja. Ich war einundzwanzig.“ Jetzt geht es mir besser. Sicherlich ist es gut, wenn Markus diesen traurigen Teil meines Lebens kennt.

      „Sag mal, wie hatte deine Familie reagiert?“, will er nun wissen.

      „Och, meine Eltern hatten mich vor ein Ultimatum gestellt. Entweder heirate ich nicht und ich bleibe ihre Tochter oder sie haben keine Tochter mehr. Na ja, seitdem habe ich eben keine Eltern mehr. Sie waren gegen die Ehe ohne Mustafa je kennen gelernt zu haben. Ganz ehrlich, ich habe mich meiner Eltern ob ihres Verhaltens geschämt. Aber das ist lange her.“

      „Seither