Название | Die Pferdelords 06 - Die Paladine der toten Stadt |
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Автор произведения | Michael Schenk |
Жанр | Языкознание |
Серия | Die Pferdelords |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783750222038 |
Marnalf seufzte erleichtert. »Wollt Ihr nicht auch ein wenig von dem
Schinken probieren? Er ist sehr gut, und ich muss gestehen, es entspannt
mich, davon zu kosten.«
»Ich bin nicht hungrig«, brummte Nedeam. »Aber ich will endlich wissen,
was für einer Prüfung Ihr mich unterzogen habt.«
»Das ist Euer gutes Recht.« Der Graue Zauberer schien zu überlegen. »Ihr
wisst nur wenig von meiner Art, Ihr Menschenwesen. Ich muss also etwas
ausholen. Ihr kennt die Elfen und wisst, dass sie sich regelmäßig der
Schröpfung unterziehen müssen?«
»Ja. Aber was hat das mit uns beiden zu tun?«
»Wenig und doch sehr viel.«
Nedeam seufzte. Solch unklare Worte waren nicht nach seinem
Geschmack. »Erklärt es.«
»Ich bin ja dabei. Es ist nur nicht so einfach. Wo war ich? Ja, nun, die
Schröpfung. Ein Elf bringt sein Wissen zu Papier und leert dann in der
Zeremonie der Schröpfung sein Gedächtnis. Es geschieht im Kreise der
Familie, damit kein Wissen von persönlichem Belang gelöscht wird. Wir
Grauen Wesen verfügen über eine ähnliche Fähigkeit. Doch sie dient uns
dazu, die Verbindung mit einem anderen Wesen aufzunehmen, um sein
Wissen in uns zu transferieren. Das Graue Wesen, dem Ihr bei den Elfen
begegnet seid, hat genau das bei Euch versucht.« Nedeam erinnerte sich an
den bösartigen Magier, der ihn im Haus des Urbaums verhört hatte, und
nickte unbewusst. Marnalf lächelte. »Dann habt Ihr gegen das Wesen
gekämpft und es bezwungen. Mit Hilfe der Elfin Llarana habt Ihr es über die
Brüstung eines Balkons geschoben, und es ist zu Tode gestürzt. War es so?«
»Ja, so war es.«
»Der Kampf war nicht leicht und dauerte eine Weile, nicht wahr? Das
Wesen hat sich heftig gewehrt, mit seinen Körperkräften und den Kräften
seines Geistes. Bis zuletzt hat es versucht, in Euren Geist einzudringen und
ihn zu beherrschen.« Marnalf trat näher an Nedeam heran, der es zuließ, da er
wusste, dass von dem Magier keine Gefahr mehr ausging. »Wenn ein Wesen
vergeht, so wird Energie freigesetzt, die Aura seines Lebens. Dabei ist völlig
gleichgültig, welches Leben vergeht. Eine Blume etwa hat eine winzige Aura,
die eines Menschen ist ungleich größer. Und die eines Wesens meiner Art
könnt Ihr kaum ermessen. Aber als der Graue Zauberer begriff, dass er
sterben würde, da wart Ihr, Nedeam, in körperlichem Kontakt zu ihm.«
»Das gilt auch für Llarana. Sie ergriff seine Beine, als wir das Wesen über
die Brüstung hoben.«
»Aber Euer Geist war es, mit dem sich die Kreatur verschmolzen hatte.
Nur wenige Augenblicke lang, Nedeam, Pferdelord, nur wenige Augenblicke.
Aber die haben Veränderungen in Euch bewirkt.« Marnalf nickte zu seinen
Worten. »Manchmal gehen dabei Fähigkeiten auf ein anderes Wesen über.
Das ist bei Euch geschehen, Nedeam. Ohne Zweifel.«
Der Erste Schwertmann erblasste. »Was hat das zu bedeuten?«
»Zeigt mir die Wunde, Nedeam. Seht Ihr? Es hat schon aufgehört zu
bluten. Bis sie sich schließt, wird es zwar noch dauern, aber sie heilt sehr
schnell, nicht wahr?«
Nedeam bedeckte die Wunde instinktiv mit der anderen Hand. Da
schüttelte Marnalf den Kopf und legte seine Hände auf die von Nedeam. »Es
darf Euch nicht beunruhigen, Nedeam. Es geschieht, und Ihr könnt es nicht
verhindern. Seht, als das Graue Wesen dem Tode nahe war, ging ein wenig
von seiner Kraft auf Euch über. Die Fähigkeit der Selbstheilung gehört dazu.
Bei meiner Art ist sie sehr ausgeprägt, und wenn eine Wunde nicht zu schwer
oder nicht sofort tödlich ist, so heilt sie rasch und zuverlässig. Ihr seid
deswegen nicht unverwundbar …« Marnalf lachte gutmütig. »Aber Ihr könnt
Verletzungen besser überstehen. Und ich denke, das ist nicht das Einzige, was
das Graue Wesen auf Euch übertragen hat.«
»Daher also die Prüfung?« Nedeam spürte, dass seine Beine schwach
wurden. Furchtbare Gedanken schossen ihm durch den Kopf. »Glaubt Ihr …
glaubt Ihr, ich werde zu einem … einem …?«
»Unsinn.« Marnalf schüttelte entschieden den Kopf. »Hätte er Euer Wesen
verwandelt, so hätte sich das vorhin gezeigt. Ihr seid noch immer Nedeam,
der Pferdelord.«
»Wie schön«, ächzte dieser erleichtert.
Der Graue Magier lachte auf, und es klang freundlich. »Ich fragte vorhin,
ob Euch etwas an meinem Aussehen auffällt. Nun, ich will es etwas genauer
formulieren. Seht Ihr gelegentlich andere Menschen von einer seltsamen
Erscheinung umgeben? Einem farbigen Licht? Ah, ich dachte es mir.
Verschiedene Farben, nicht wahr? Wann fiel es Euch zum ersten Mal auf?
Geschieht es regelmäßig? Könnt Ihr es kontrollieren?«
»Langsam, guter Herr Marnalf, das sind recht viele Fragen. Manchmal
sehe ich Menschen wie vor einem farbigen Leuchten stehen. Mal ist es rot,
dann grün oder blau.«
»Wenn Ihr die rote Aura seht, was empfindet Ihr dann?«
Nedeam lachte bitter. »Zuerst dachte ich, ich wäre krank. Oder meine
Augen seien nicht in Ordnung.«
»Oh, seid unbesorgt, das sind sie. Wir Grauen haben die Fähigkeit, die
Stimmung eines anderen Wesens zu erkennen. Wenn es uns feindlich gesinnt
ist, erscheint es in einer roten Aura. Eine grüne Aura bedeutet freundliche
Stimmung.« Marnalf lachte erneut. »Es hat uns schon oft geholfen, Feind von
Freund zu unterscheiden.«
»Nun verstehe ich.« Nedeam griff ebenfalls zu dem Schinken und schnitt
sich ein großes Stück ab. Er hatte keinen Hunger, aber er musste sich nun
irgendwie beschäftigen, um seine Nerven