Название | Die Pferdelords 06 - Die Paladine der toten Stadt |
---|---|
Автор произведения | Michael Schenk |
Жанр | Языкознание |
Серия | Die Pferdelords |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783750222038 |
»Das Vorratshaus?«
Nedeam sah Marnalf fragend an, und der Magier nickte. »Es ist am besten
geeignet.«
»Nun, wie Ihr meint.« Der Erste Schwertmann schritt neben Marnalf durch
eines der Tore der Zwischenmauer in den hinteren Hof der Burg. Rechts lag
die Heilerstube, in der seine Mutter Meowyn die Verletzten und Erkrankten
behandelte, daran schlossen sich, der runden Mauer folgend, Schmiede,
Stallungen und das massige Vorratshaus an, das auf der linken Seite den
Abschluss bildete und an das Haupthaus angebaut war. Das kleine Gebäude
diente nicht nur der Einlagerung von Vorräten, sondern war auch Zugang zu
den Fluchtgewölben, die sich unter der Burg befanden. Die kleine Festung
stand über einem Felsendom, der den Bewohnern der Stadt im Falle eines
Angriffs Schutz bieten konnte, und verteidigte dessen Zugang.
Ein Schwertmann und eine der Küchenmägde waren gerade dabei,
Getreidesäcke zu kontrollieren, die in den Vorraum gestellt worden waren
und eingelagert werden sollten. »Achte darauf, dass alles trocken ist und
keine Schädlinge in den Säcken sind«, mahnte die Frau. »Erst letzte
Jahreswende hatten wie den Nagerjäger hier.«
Auf Marnalfs Wink hin schickte Nedeam die beiden hinaus. »Guter Herr
Marnalf, Euer Verhalten ist mir ein Rätsel. Ihr tut sehr geheimnisvoll«,
gestand Nedeam.
»Es hat alles seinen Grund, Erster Schwertmann.« Marnalf betrachtete die
Regale, in denen die unterschiedlichsten Vorräte lagerten. »Seid so gut und
schließt die Tür. Und legt den Sperrbalken vor, wir wollen nicht gestört
werden.«
Nedeam sah den Grauen forschend an. Marnalf hatte sein Leben
eingesetzt, um den König des Pferdevolkes zu retten, und später hatte er auch
in Merdonan ohne Vorbehalte für die Menschen gekämpft. Es gab keinen
Grund, an seinem guten Wesen zu zweifeln, und doch beschlich den
Pferdelord ein unbehagliches Gefühl. Zögernd legte er den Sperrbalken in die
Halterungen.
»Schön, guter Herr Marnalf, ich habe Euren Wunsch erfüllt. Doch nun
erklärt mir, was dies alles zu bedeuten hat.«
Marnalf zog einen Schinken aus dem Regal, schnupperte daran und seufzte
anerkennend. »Wundervoll. Hervorragend gewürzt. Leiht mir mal Euer
Messer, Hoher Herr Nedeam. Seht es mir nach, aber ich kann diesem Duft
nicht widerstehen.«
Nedeam unterdrückte seinen Unmut, zog das kurze Messer aus dem Gürtel
und reichte es, den Griff voran, Marnalf hinüber. Kaum hatte der es gepackt,
machte er eine schnelle Bewegung mit der Hand, und Nedeam schrie
erschrocken auf und sprang instinktiv zurück. Blut floss aus einem tiefen
Schnitt, den das Graue Wesen ihm über die Handfläche gezogen hatte.
»Verflucht, was soll das?«, zischte Nedeam, und seine unverletzte Hand
legte sich um den Griff seines elfischen Schwertes. »Erklärt Euch, Marnalf!
Seid Ihr verrückt geworden?«
Marnalf sah ihn forschend an. »Ist der Schnitt tief? Blutet er stark?«
»Natürlich ist er tief und blutet«, knurrte Nedeam.
»Wirklich?« Marnalf lächelte sanft, aber in diesem Augenblick konnte
Nedeam darin nichts Beruhigendes sehen. »Zeigt es mir.«
»Wenn Ihr nicht rasch erklärt, was das zu bedeuten hat, dann werde ich
Euch meine Klinge zeigen, Herr Marnalf.«
»Ah, das heiße Blut der Menschen«, seufzte der Zauberer. »Und das der
Pferdemenschen war schon immer leicht zum Kochen zu bringen.« Er
streckte seine Hand aus. »Nun kommt schon, zeigt mir die Wunde.«
Nedeams Misstrauen war geweckt. Marnalf war der Letzte der guten
Grauen, alle anderen waren verschwunden oder an die Seite des Schwarzen
Lords getreten. War nun auch Marnalf den Mächten der Finsternis verfallen?
»Ich werde jetzt diese Tür öffnen, Marnalf. Ihr werdet Euch mir erklären, und
zwar im Beisein der anderen.«
Marnalf lächelte gelangweilt. »Meint Ihr denn, die anderen könnten Euch
schützen?«
Der Schlag, der nun folgte, traf Nedeam nicht ganz unvorbereitet. Das
Verhalten des Zauberers hatte ihn alarmiert, und er hatte auf ein Anzeichen
gewartet, dass Marnalf sich gegen ihn wenden würde. Aber die Fähigkeiten
des Zauberers waren größer als die Nedeams. Der Erste Schwertmann bekam
seine elfische Klinge nicht mehr frei; er wurde herumgewirbelt und von einer
unbarmherzigen Gewalt mit dem Rücken gegen die Wand neben der Tür
geschmettert. Der wuchtige Aufprall nahm ihm für einen Moment den Atem,
und er fühlte, dass seine Füße den Boden nicht berührten. Eine unsichtbare
Macht hielt den hilflosen Nedeam an der Wand. Er kannte diese Macht; es
war der Wuchtzauber der Grauen Wesen, mit dem sie Gegenstände bewegen
und sogar zerschmettern konnten.
»Nun, wie fühlt es sich an, Nedeam, Pferdemensch?« Marnalf hielt den
Ersten Schwertmann fest im Blick, während er ungerührt einen Streifen von
dem Schinken schnitt und in seinen Mund führte. »Keine Sorge, noch sind
alle Eure Knochen heil. Übrigens ist dies ein ganz hervorragender Schinken.
Es gibt wahrlich Dinge, die ich an Euch Menschen bewundere. Diese
Würzmischung ist einzigartig.«
»Verfluchte Bestie«, keuchte Nedeam. »Wann seid Ihr dem Wahnsinn
verfallen? Wer hat Euch in ein solches Monster verwandelt?«
Marnalf lächelte sanft. »Ihr täuscht Euch sehr.« Er machte eine
unmerkliche Bewegung mit der freien Hand, und Nedeam spürte, wie die
Kraft, die auf ihn wirkte, stärker wurde. Der Druck auf seine Brust begann
ihm die Luft abzuschnüren. Marnalf legte den Kopf schief und drehte sich ein
wenig vor Nedeam, ohne ihn dabei aus