Название | Djihad |
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Автор произведения | Christoph Hoenings |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783847623380 |
Seit ich Rupert Graf vor einigen Jahren in Lima kennen gelernt hatte, war er des Öfteren zu mir in mein Haus in Starnberg gekommen, wenn er nicht gerade auf Reisen war. In seiner Wohnung in Düsseldorf mochte ich ihn wegen seiner Freundinnen nicht besuchen, und nur gelegentlich hatten wir uns in Bremen getroffen, wo er eine Wohnung in Oberneuland besaß, seit er in den Vorstand der dortigen Werften berufen worden war.
Aber oft, wenn er die Zeit fand, kam er nach Starnberg.
Und nach den Aufregungen der vergangenen Wochen hatte er sich wirklich ein paar Tage der Ruhe verdient!
Als ich, ebenfalls noch verschlafen, die Tür öffnete, standen dort neben zwei Polizisten in Uniform mehrere Herren in Zivil.
„Ist Herr Graf bei Ihnen?“ fragte einer von denen.
Ich nickte nur.
„Wir müssen ihn sofort sprechen!“
Es dauerte eine Weile, bis ich Rupert soweit wach bekommen hatte, dass er seine Versuche, mich zu umarmen aufgab und ich ihm erklären konnte, dass unten eine größere Menschenmenge auf ihn wartete.
Vor sich hin grummelnd und übellaunig zog er sich einen Bademantel über und ging nach unten ins Erdgeschoss.
Als ich wenige Minuten später die Treppe hinabstieg, war es überraschend ruhig.
Sie waren alle weg.
Durch das Küchenfenster konnte ich erkennen, dass die Männer gerade in mehrere Autos stiegen. Rupert in seinem weißen Bademantel war nicht zu übersehen.
Mit kreischenden Reifen fuhren die Wagen davon.
Ich habe nach einer Stunde die Polizeiwache in Starnberg angerufen, aber dort wusste man nichts von Rupert. Dort war auch nicht bekannt, dass man ihn gesucht hätte.
Grafs Handy lag noch bei mir zu Hause. Am Abend habe ich bestimmt zehn Leute angerufen, von denen ich hoffte, sie könnten mir einen Hinweis geben.
Niemand wusste etwas.
Bei meinen Anrufen in Rupert Grafs Büros in Oberhausen und Bremen am folgenden Morgen gab man sich sehr verschlossen.
Unglücklicherweise hatte ich mich mit meinem Namen gemeldet, der in den deutschen Medien eine gewisse Prominenz besaß. Daher habe ich angenommen, dass man deshalb nicht mit mir sprechen wollte.
Ich wusste selbstverständlich, dass Rupert Graf sich mit dem Verkauf von Kriegsschiffen befasste. Ich wusste auch, dass Rupert sich hierbei Risiken aussetzte, die manchmal über die Pflichten eines, wie er sich zu nennen pflegte, „Vertriebsbeauftragten“ hinausreichten.
Rupert Graf blieb verschwunden. Seine Kleidung und seinen Beutel mit Rasierzeug habe ich nach einer Woche in seinen kleinen Rollenkoffer gepackt und diesen zusammen mit seinem Aktenkoffer an sein Unternehmen in Oberhausen geschickt.
Dieser Roman basiert auf den Protokollen der Vernehmungen Rupert Grafs, die mir viele Wochen nach den dramatischen Vorfällen zugänglich wurden.
Dorothée A. Nonim,
Starnberg, Juni 2013
1. Mahmud
DJIHAD
Sommer 2009
Lieutenant-Commander US-Navy Carl Almaddi kratzte sich hilflos den Hinterkopf. Er war ratlos, was den Inhalt des Telefonates anging.
Das Gespräch war kurz:
Der Anrufer: „Ich bin´s.“
Der Angerufene: „Code?“
Anrufer: „Grüner Tee ist ein gütiges Geschenk Allahs. Ewig sei Er für Seine Gnade gepriesen.“
Angerufener: „Um was geht es?“
Anrufer: „Um Hilfe bei U-Booten, die wir gegen den Großen Teufel einsetzen wollen.“
Hier muss der Sorgfalt halber gesagt werden, dass es den Begriff U-Boote im Arabischen nicht gibt. Genaugenommen sagte der Anrufende: Um Hilfe bei Schiffen, die unter Wasser segeln.
Angerufener: „Um was genau?“
Anrufer: „Nur mündlich.“
Angerufener: „Wo? Wann?“
Anrufer: „Am üblichen Platz, so Allah will. So schnell wie möglich!“
Mitgeschnitten und zur Analyse vorgelegt war das Gespräch, weil die angewählte Rufnummer einer fundamentalistischen Koranschule in Peshawar in Pakistan gehörte.
Peshawar liegt nur wenige dreißig Kilometer entfernt vom Khyberpass, einem der wichtigsten Grenzübergänge zwischen Pakistan und Afghanistan. Auf afghanischer Seite befand sich die Hochburg der Taliban. Die Koranschule hatte es in sich! Carl Abdul Almaddi hatte Bilder von dem Gebäude angesehen. Ein Haus in einer engen Gasse der pittoresken Altstadt Peshawars, die Fenster verborgen hinter kunstvoll aus Holz geschnitzten Gittern, in der Gasse basarähnliche mobile Marktstände mit Gemüse, Fleisch, Textilien, Lederwaren.
Sämtliche Dienste waren sich einig. Hier war eines der Nester, in denen die afghanischen Taliban pakistanische Helfer rekrutierten.
Was die US-Air Force davon abgehalten hatte, das Haus gezielt zu bombardieren – technische Mittel für einen punktgenauen Raketenbeschuss standen zur Verfügung– war neben der Anzahl der Marktbesucher, die sich täglich in der Gasse drängten die Tatsache, dass mindestens fünfzig halbwüchsige Knaben in dem Haus als Internatsschüler untergebracht waren und rund weitere fünfzig Kinder jeden Morgen als Tagesschüler dort eintrafen.
Zum Zeitpunkt des Gesprächs hatte sich der Anrufer im Garten des Grand Hyatt Hotels an der Old Airport Road in Riyadh aufgehalten. Das hatten Aufzeichnungen der Saudi Telecom ergeben. Als Anrufer war eine anonyme und bis zu diesem Zeitpunkt unbenutzte niederländische Mobilfunknummer identifiziert worden. Die Niederlande waren zum Leidwesen der Amerikaner eines der Länder, in denen man anonym SIM-Karten kaufen konnte, ohne Namen oder Adresse hinterlassen zu müssen.
Alle Telefonate aus Saudi Arabien heraus werden zunächst von Computern der saudischen Behörden mitgeschnitten. Die Computer sind so programmiert, dass sie die Gespräche auf bestimmte Wörter untersuchen. Sollte eines der im Programm eingegebenen Worte fallen, wird das Telefonat ausgeworfen und von einem Mitarbeiter analysiert.
Die US-Behörden analysieren ebenfalls eine Unzahl national und international geführter Telefonate. Dabei hilft ihnen, dass fast alle interkontinentalen Ferngespräche über von der NASA in den Himmel geschossene Kommunikationssatelliten laufen.
Lieutenant-Commander Carl Abdul Almaddi und verschiedene US-Stellen beschäftigte die Frage, was eine als verdeckte Vertretung der Taliban fungierende Koranschule in Peshawar, von der nächsten Küste tausend Kilometer entfernt, mit U-Booten zu tun haben könnte.
Beide Gesprächsteilnehmer hatten Arabisch miteinander gesprochen. Nicht Urdu, die aus Hindi und Arabisch und Persisch zusammengewürfelte Landessprache Pakistans.
Lieutenant-Commander Carl Abdul Almaddi hatte seinen Arbeitsplatz in Crystal City, einem Vorort Washingtons auf dem rechten Ufer des Potomac River. Hier sind auf wenigen Quadratmeilen in zahlreichen gesichtslosen Bürogebäuden die den US-Verteidigungsbehörden nachgeordneten Stellen untergebracht. Die Büros liegen in unmittelbarer Nähe des Flughafens Washington National, und das Pentagon, das Verteidigungsministerium der USA, ist nur eine U-Bahnstation entfernt. Hier sitzt auch die nach den Anschlägen des 11. September 2001 eingerichtete Heimatschutzbehörde.
Carl Abdul Almaddi war der Sohn der deutschstämmigen Amerikanerin der dritten Generation, Heidi Huckting, die sich einem glutäugigen charmanten Restaurantbesitzer in Los Angeles hingegeben hatte, dem aus dem Libanon stammenden Kemal Almaddi.
Kemal Almaddi war mit seiner Familie in den Libanon zurückgekehrt, wo sein Sohn Carl Abdul auf den Straßen Beiruts und in der Internationalen Schule seine Kenntnisse