Die Pferdelords 04 - Das verborgene Haus der Elfen. Michael Schenk

Читать онлайн.
Название Die Pferdelords 04 - Das verborgene Haus der Elfen
Автор произведения Michael Schenk
Жанр Языкознание
Серия Die Pferdelords
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783750221635



Скачать книгу

weitere Unterkünfte zu bauen. In Merdonan jedoch waren die Häuser

      von einer starken Mauer umgeben, die Schutz vor einem möglichen Angriff

      bot. Was sich außerhalb der Mauer befand, war dem Angreifer schutzlos

      ausgesetzt, nur was von ihr umschlossen war, konnte verteidigt werden. Und

      da sich alle Bewohner um die Sicherheit ihres Lebens und ihrer Habe sorgten,

      wollten sie natürlich innerhalb der Mauern leben.

      Vielleicht würde man eines Tages eine zweite, größere Mauer um die erste

      herum errichten, damit die Stadt sich weiter ausdehnen konnte, aber als

      Helemunt und Verinya nach Merdonan zogen, war davon noch nicht die

      Rede. Da die Bevölkerung der Stadt wuchs, hatten die Bewohner sich damit

      beholfen, ihre Häuser aufzustocken, und so war immer irgendwo in der Stadt

      ein Hämmern und Sägen zu hören, wenn das Dach eines Hauses abgebrochen

      wurde, um ein weiteres Stockwerk aufzusetzen. Inzwischen gab es eine Reihe

      von dreigeschossigen Bauten in der Stadt, und je weiter die Stadt wuchs,

      desto unangenehmer wurden die Begleitumstände.

      Jedes neue Stockwerk wurde ein wenig über das untere hinausragend

      erbaut. Grund hierfür war das Erfordernis für die Bewohner, die Notdurft

      verrichten zu können. Denn in den Böden der Überbauten befanden sich die

      kleinen hölzernen Klappen, über welche man sich erleichtern konnte. Je mehr

      Stockwerke errichtet wurden, desto weiter wuchsen die Häuserfronten über

      die schmalen Gassen hinweg aufeinander zu. Entsprechend dunkler wurde es

      in diesen Gassen, und man brauchte zunehmend Glück, vom Dung der

      Bewohner verschont zu bleiben, zumindest wenn man zur falschen Zeit durch

      die Stadt eilte. Die Verschmutzung von Gassen und Bewohnern sowie der

      üble Gestank, der sich bald in Merdonan ausbreitete, hatte den Pferdefürsten

      Bulldemut nach einer Lösung suchen lassen, und er meinte sie in der

      Anordnung gefunden zu haben, dass die Bewohner sich immer nur zu

      festgelegten Zeiten erleichtern durften.

      Danach mussten sie mit Besen und reichlich Wasser vor die Häuser treten

      und den Dung in die großen Rinnen kehren, die sich in der Mitte jeder Gasse

      befanden. Das schwache Gefälle der Rinnen hatte nur wenig Wirkung, und so

      musste all der Dung nach Osten geschoben werden, wo sich in der Wallmauer

      kleine Öffnungen befanden, durch welche der Kot in die Weißen Sümpfe

      gelangte, die ihn bereitwillig aufnahmen. Die Menschen im Westen der Stadt

      brauchten aufgrund einer leichten Hanglage nicht sehr viel zu spülen und zu

      schieben, doch je weiter östlich man in Merdonan wohnte, desto flacher

      wurde das Gelände, und desto kräftiger musste dem Abfluss des Unrats

      nachgeholfen werden. Die östlichen Wohngebiete waren daher weniger

      beliebt als die westlichen.

      Immerhin hatten all die Mühsal und das nunmehr erforderliche Verkneifen

      der Erleichterung zur Folge, dass es nicht mehr so bestialisch stank und, wie

      der Heiler immer wieder beteuerte, die Zahl der Erkrankungen gesunken war.

      Zudem gab der reichliche Dung einigen Männern und Frauen Merdonans

      ihren Broterwerb, jenen »Dungschlepper« genannten Menschen, die ihre

      Dienste vor allem in den östlichen Häusern anboten. Auch wenn die

      Dungschlepper ein wenig streng rochen, so galt ihre Arbeit selbst doch nicht

      als anrüchig, denn jeder wusste ihren Nutzen zu schätzen, und die

      unangenehme Arbeit wurde zudem gut vergolten.

      Auch Helemunt und Verinya hatten sich als Dungschlepper verdingt. Hier,

      in Merdonan, konnte Helemunt sich und seine Frau nicht von der Jagd

      ernähren, und um eines der Handwerke ausüben zu können, fehlten ihm die

      Fertigkeiten. Verinya nahm die schwere Arbeit bereitwillig auf sich, für die

      junge Frau war es entscheidender, wieder in Merdonan zu leben. Doch nun

      war es Helemunt, der sich nicht wohlfühlte.

      »Es stinkt«, knurrte er missmutig, während er den Besen von der

      Hauswand zur Rinne in der Mitte der Gasse schob.

      Verinya lachte auf, während sie mit einem Eimer Wasser nachspülte, dann

      ging sie zu dem Bottich am Haus, dessen Wasser gleichermaßen der Hygiene

      und der Brandbekämpfung diente, und füllte ihren Eimer wieder. »Natürlich

      stinkt es. Es ist Dung.«

      Der Bottich würde bald aufgefüllt werden müssen, aber das war die

      Aufgabe der Hausbewohner, die mit ihren Eimern zu einem der nahe

      gelegenen Brunnen gehen mussten. Weit war es nicht, denn der

      Grundwasserspiegel lag hoch, und es gab viele Brunnen in Merdonan.

      Manche Dungschlepper trugen auch bereitwillig selbst frisches Wasser zu den

      Bottichen, denn meist sprang dabei eine warme Mahlzeit für sie heraus, und

      zudem konnte man sich an den Brunnen zumindest notdürftig säubern.

      »Ich vermisse die saubere Luft der Ebenen«, brummte Helemunt. Er

      klopfte den Besen ab und ließ seine Frau einen Schwall Wasser

      darübergießen. »Und ich vermisse die Jagd.«

      Verinya füllte den Eimer erneut und legte ihrem Gatten die verschmutzte

      Hand auf den Arm. »Ich weiß, mein geliebter Helemunt, dass es dir nicht

      leichtgefallen ist, mit mir nach Merdonan zu gehen. Es tut mir leid, dass ich

      dich so sehr bedrängt habe, aber ich konnte dort draußen einfach nicht leben.

      Ich brauche die Nähe von Menschen.«

      »Und ihren Dung«, seufzte er und lächelte schwach.

      Verinya lachte abermals auf. »Ja, auch ihren Dung. Komm, lass uns ins

      Haus gehen. Es gibt ein warmes Mahl.«

      Sie spülten ihre Hände in dem Bottich und wischten sie an den

      Wolltüchern ab, die jeder Dungschlepper am Gürtel trug, dann betraten sie

      das Haus. Die Familie, die dort wohnte, betrieb Ackerbau außerhalb der Stadt

      und war zu einigem Wohlstand gekommen, was die sorgfältig gezimmerten

      Möbel mit ihren eisernen Beschlägen bezeugten. Und die zahlreichen Teller

      und Becher, die in einem Regal an der Wand der Wohnstube standen, wiesen