Название | Selfie |
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Автор произведения | Justine la Mour |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783847614517 |
Jetzt erst recht. Charlotte sieht sich in der Zukunft spielen, bald, sehr bald, aber noch steht sie nicht auf einer Bühne. Ein Abonnement im staatlichen Schauspielhaus, einmal im Monat Theater, schon Stunden vor der Aufführung bekommt sie fiebrige Wangen. Sie seziert Gesichter und Körper der Schauspieler mit dem Opernglas, der wie ein Röntgengerät alles in eine unnatürliche Nähe rückt. Der vergrößerte Blick in ihre Münder, als könne sie die Art, wie sie die Worte aussprechen, lernen, ihre Mimik, ihre Haut, sie betrachtet jede ihrer Poren, studiert ihr Haar, ihre Körper, ihren Gang, die Bewegung der Arme und Beine. Ist sie schön genug, begabt genug? Sie weiß es nicht. Auf der Bühne riesige hässliche Frauen, kleine Männer, metallene Stimmen, lispeln, stottern und doch spielen sie die anderen gegen die Wand. Charlotte fahndet weiter, ein Geheimnis muss erforscht werden, es liegt in der Luft, wenn sie abends an die Zimmerdecke schaut spürt sie es um sich flattern und knistern, schillernde Farben, glänzende Gebilde, sie greift danach, sie lösen sich auf. Die Zauberformel will gefunden werden, die Schauspielformel, die Kunstformel.
Zerplatzte Seifenblasen mahnt Justines Stimme in ihr, Träume sind Schäume, das wird sowieso nichts werden. Mach`‚ dich unabhängig, verdien` dein Geld, so kannst du dir die Männer aussuchen, die Wohnung, den Job, alles kannst du dir aussuchen. Ihre Stirn legt sich in Falten, eine Mimikspur zieht sich über der Nasenwurzel zusammen, verläuft weiter nach unten und mündet in zwei diagonalen Einkerbungen neben dem Mund. Die Haut ihrer Mutter ist von Zeit zu Zeit straff hinter die Ohren gezogen, lockert sich wieder und fällt ein, als zöge jemand mit einem unsichtbaren Gummiband daran. So wandelbar ihre Gesichtshaut, so wandelbar auch ihre Meinung. Glaubt sie sich selbst, was sie sagt? Ihre Stimme klingt zu sicher, zu fest, zu laut, als spreche sie Sätze auswendig, Redensarten, Allgemeinplätze, die eine Wahrheit besiegeln wollen. Aber was gesagt ist, ist noch lange nicht wahr. Charlotte bläst die Wangen auf und stöhnt, dreht sich um und schweigt. Ihr Versailler Vormittag neigt sich dem Ende zu, Charlotte wirft einen letzten Blick auf die goldenen Frösche am Brunnen. Der verregnete französische Frühling rettet sie in eine Traumkulisse während die Stimme ihrer Mutter leiser wird und sich im Sprachengeraune der Touristen verliert.
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