Lydia - die komplette Reihe. Janine Zachariae

Читать онлайн.
Название Lydia - die komplette Reihe
Автор произведения Janine Zachariae
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783752923773



Скачать книгу

Da war schon vorher was bei dir. Ich wusste es nicht, tut mir leid. Ich denke mal, in dieser Hinsicht bin ich total blind. Dabei bin ich ja mit Jungs aufgewachsen.«

      Sie lachte, aber irgendwie klang es etwas zu nervös.

      »Trotzdem, wenn wir uns küssen, würde vielleicht etwas Beklemmendes zwischen uns entstehen.«

      »Ist denn zwischen dir und deinem Bruder etwas

      Beklemmendes?«

      »Am Anfang, aber das war eher der Schock«, meinte sie kopfschüttelnd.

      »Siehst du.« Er schaute sie so eindringlich an, dass sie ihn für einen Moment nicht mehr ansehen konnte. »Aber auch nur, weil ich direkt am Tag darauf abgehauen bin - sozusagen«, stammelte sie. Er lachte. Lydia ging weiter, doch er hielt sie an der Hand fest und zog sie zu sich. Er küsste sie. Der Kuss hielt lange.

      Vielleicht etwas zu lange. Sie war benommen davon.

      »War das jetzt so schlimm?«, hakte er nach.

      Lydia schüttelte den Kopf. War aber wie gelähmt.

      »Äh, ja. Ich muss dann wirklich los.«

      »Wie ist das eigentlich, darfst du auch Besuch auf deinem Zimmer haben?« Seine Stimme war nur ein Flüstern, aber sehr eindringlich.

      »Eine Schülerin wurde kürzlich rausgeschmissen, weil sie Sex mit einem Jungen in ihrem Bett hatte. Das beantwortet deine Frage hoffentlich.« Sie wusste, dass er darauf hinaus wollte und riss sich von ihm los. Irgendwie fühlte sie sich sehr unwohl. Sie beschleunigte ihre Schritte, ohne zu rennen. Atmete tief durch, als sie im Haus war.

      In ihrem Zimmer angekommen, schaltete sie sofort den Computer an und hoffte, Stephen zu erreichen. ›Gott sei Dank!‹

      Dann legte sie eine CD ein und hörte über Kopfhörer Musik - laute Musik.

      »Hi, Steve! Du warst gestern so schnell weg.« - Lydia

      »Oh, Hi. Ja, ich hatte Internet-Probleme. Ich bin auch gerade in meinem Büro, nur für den Fall, dass ich nicht sofort antworte.« - Steve

      »Okay.«

      Sie war total verwirrt und wollte unbedingt mit ihrem besten Freund reden. Zitternd saß sie da. Daniel machte ihr Angst. So, wie er sie ansah, wie er sprach und alles, war beängstigend.

      »Ist alles in Ordnung?« - Steve.

      »Ich habe dir doch von Daniel erzählt«, begann sie und erzählte ihm alles, was passierte - na ja, fast.

      »Okay und weiter?«

      Steve las aufmerksam, er saß total gerade und ließ alles andere links liegen.

      »Als wir dann mit der Arbeit fertig waren, gingen wir noch ein Stückchen zusammen den Weg lang. Er wollte wissen, was ich für dich empfinde.« - Lydias Herz hämmerte. Sie war so durcheinander.

      »Was hast du gesagt?« - Steve

      »Das wir zusammen aufgewachsen sind, du und ich, und dass es für mich seltsam ist, dich mit anderen Augen zu betrachten.

      Zu wissen, dass du nicht mein Bruder bist ...«

      Sie schickte das ab. Dann tippte sie weiter:

      »Er meinte dann: ›Aber im Prinzip ist er noch dein Bruder.‹ Er hat noch was gesagt.« - Lydia

      »Was denn?«, wollte er wissen.

      »Das kann ich dir nicht sagen.« Sie wollte ihn nicht verletzen und war immer noch total irritiert.

      »Hey, ich bin es doch nur: Steve, dein bester Freund.«

      »Es sei ›eklig‹, wenn ich was andres empfinden würde«,

      schrieb sie.

      »Wie bitte?« - Steve. Er wäre fast von Stuhl gefallen. Er nahm seine Tasse in die Hand, um etwas Kaffee zu trinken.

      »Und da wurde es mir wieder bewusst: Eigentlich sind wir Bruder und Schwester. Wir haben nicht dieselbe Blutlinie, aber wir wuchsen gemeinsam auf.« - Lydia

      »Wie ging es weiter?«, tippte Stephen, der sich an seinem Kaffee verbrannte.

      »Ich wollte gerade weiter gehen, da zog er mich zu sich und küsste mich. Wir blieben irgendwie lange so stehen. Als wir uns wieder lösten, wollte er scheinbar auf mein Zimmer. Ich weiß nicht, ob er es so meinte ...« - Lydia

      »Der Typ ist echt dreist«, schrieb er wütend.

      »Er wollte halt wissen, ob ich Besuch im Zimmer bekommen kann. Ich habe nur geantwortet, dass erst kürzlich ein Mädchen raus flog, weil sie Sex mit jemandem im Zimmer hatte.

      Irgendwie eklig, da sie es in meinem Bett machten.« Lydia spähte zu ihrem Bett und verzog das Gesicht. Zum Glück hatte sie ihre eigene Bettwäsche gehabt und die Matratze auch etwas gesäubert.

      »Wow. Bei dir passiert ja einiges. Wie war der Kuss?« -

      Steve.

      »Es macht mir eher Angst, dass er mich küsste, obwohl ich es absolut nicht wollte. Und nun werde ich morgen mit einem eigenartigen Gefühl ins Theater gehen.« - Lydia

      »Musst du denn da wieder hin?«, Steve sorgte sich um sie.

      »Ich habe nicht mehr lange und ich brauche das Zeugnis davon.« - Lydia.

      Es dauerte eine Weile, bis er antworten konnte. Er musste sich selbst erst einmal sammeln. Das, was sie schrieb, verletzte ihn.

      »Empfindest du denn jetzt anders?«

      »Für Daniel? Ich weiß, dass unsere unbeschwerte Freundschaft vorbei ist. Aber nicht, weil ich mich plötzlich in ihn verliebte. Sondern weil er mich enttäuscht hat.« - Lydia

      »So wie ich dich enttäuschte?« - Stephen.

      »Nein. Ich dachte, ich sei von dir enttäuscht, aber das stimmte nie.« Und genau das entsprach der Wahrheit.

      »Das freut mich. Denkst du eigentlich auch, dass es eklig sei?« - Steve.

      »Was?«, fragte sie verwundert.

      Er schrieb ihr, was er meinte und nach einer kurzen Pause:

      »Ich ziehe die Frage zurück!« - Steve

      »Das kannst du nicht mehr!« - Lydia

      »Nicht?«, fragte er.

      »Wir können aber meine Antwort, die ich dir gleich gebe, einfach so stehen lassen - ohne etwas hinzuzufügen. Deal?« In der Zwischenzeit konnte sie darüber nachdenken.

      »Deal!« - Steve.

      »So und jetzt mach dich auf die Antwort gefasst ...

      Theatralische Pause ... Nein, auf keinen Fall.«

      Sie schickte das so ab. Steve war glücklich über diese Antwort.

      Zugleich aber bekam er ein schlechtes Gewissen.

      »Ach übrigens, ich hab das Foto von dir in der Zeitung gesehen und auch alle Artikel von dir gelesen!« - Steve.

      »Wirklich? Cool, daran hab ich gar nicht mehr gedacht! Wie fandest du es?« - Lydia.

      »Das Foto ist echt schön und die Artikel sind sehr gelungen«, lobte er sie.

      »Danke. Sagst du das jetzt als Freund oder als Journalist?«, hakte sie allerdings nach.

      »Als Journalist muss ich gestehen, merkt man, dass du noch Anfängerin bist, aber als Freund finde ich sie ziemlich gut. Das haben übrigens die anderen auch gesagt!« - Steve

      Sie strahlte. Doch dann brauchte sie trotzdem noch einmal seinen Rat:

      »Was würdest du mir, zum Abschluss unseres Gespräches, wegen Daniel raten?« - Lydia.

      »Kannst du nicht doch die Arbeit wechseln?« - Steve.

      »Nein. Ich finde es ja da wunderbar.