Merlin. Tara Albers

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Название Merlin
Автор произведения Tara Albers
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738067835



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Leben einen Sinn.“ Mein Frauchen ist klug. Ich halte sie ganz schön auf Trab, damit es ihr nicht langweilig wird, besonders nachts. Das mache ich, indem ich alles Mögliche anschleppe, zum Beispiel Kartoffeln, die ich aus der Küche hole. Ich spiele damit so lange im Bett von meinem Frauchen, bis sie endlich aufwacht, aufsteht, mein Katzenklo sauber macht und mir etwas zu essen gibt. Manchmal dauert es ziemlich lange, bis ich sie morgens endlich so weit habe, dass sie mir all das zur Verfügung stellt, was ich brauche, um mich jederzeit wohl zu fühlen.

      Wenn ich rundum zufrieden bin, lasse ich Frauchen ungefähr eine Stunde weiterschlafen – ich muss mich ja schließlich auch mal ausruhen.

      Menschen sind merkwürdige Geschöpfe. Nicht nur, dass sie die ganze Nacht Ruhe haben wollen, nein, sie verhalten sich auch tagsüber oft äußerst seltsam. Zum Beispiel glauben sie, dass ich sofort komme, wenn sie „pst, pst, Merlin“ rufen. Ich bin kein Hund, der auf Befehle hört. Ich tue grundsätzlich nur, was mir gerade Spaß macht. Gut, wenn es so aussieht, als würde es gleich leckeres Essen geben, höre ich natürlich auf das alberne „pst, pst, Merlin“.

      Inzwischen ist mir klar geworden, dass es von Vorteil ist, wenn die Katze mit ihrem Menschen in nutzbringender Weise zusammenarbeitet. Ich habe eine Menge Verhaltensweisen gelernt, die mein Frauchen beeindrucken.

      Gute Kommunikation ist schon deshalb von großer Wichtigkeit, damit Frauchen versteht, was ich gerade haben oder tun möchte.

      Ich weiß inzwischen, dass ich ihr nur sanft um die Beine herum streichen muss, damit sie mir gleich etwas Leckeres zu essen gibt.

      Es fällt mir ziemlich leicht, ganz unschuldig auszusehen, wenn ich aus Versehen einen Stapel Papiere von Frauchens Schreibtisch geschubst habe.

      Ich kann kläglich miauen, wenn ich mein Frauchen auf mich aufmerksam machen will.

      Wenn ich gestreichelt werden möchte, brauche ich nur laut zu schnurren.

      Ich gehe immer aufs Katzenklo – selbstverständlich nur, wenn Frauchen es gerade picobello sauber gemacht hat.

      Wenn ich von draußen herein komme, gehe ich zuerst aufs Katzenklo obwohl ich im Garten genug Gelegenheit habe, mir einen Scharrplatz zu suchen.

      Wenn ich müde bin, suche ich mir zum Schlafen einen Ort aus, der möglichst ungestört ist, am liebsten den Kleiderschrank mit den warmen Pullis und der sauberen Wäsche.

      Ich kann äußerst erstaunt aussehen, wenn mein Frauchen „gehst du da runter!“ ruft, wenn ich auf den gerade gedeckten Frühstückstisch springe, um an der Butter zu schnuppern, die doch so gut riecht.

      Ich kann aufgrund des Tonfalls von Frauchens Stimme ziemlich gut einschätzen, ob es ernst gemeint ist mit dem „Nein“ oder ob eventuell noch ein Toleranzspielraum drin ist.

      Ich habe gelernt, in einer ganz bestimmten Tonlage zu miauen, um schon wieder etwas zu schleckern zu bekommen, obwohl mein ausgedehntes Frühstück erst vor einer halben Stunde war.

      Sobald der Wasserkocher angestellt wird, flitze ich in die Küche, weil es wahrscheinlich jetzt etwas zu trinken gibt. Frauchen füllt etwas Sahne in eine kleine Schüssel und mischt sie mit einem Schuss warmem Wasser. Das erinnert mich an die warme Milch, die ich bei meiner Mutter getrunken habe.

      Ich setze mich dann auf den Platz, an den sie immer das Schälchen stellt und schaue sie sehr erwartungsvoll an. Frauchen versteht jetzt ganz genau, dass ich etwas Durst habe.

      Grundsätzlich zwinkere ich mit den Augen und bleibe still liegen, wenn Frauchen mich ruft und möchte, dass ich zu ihr komme.

      Ich kann ganz und gar überrascht aussehen, wenn gerade etwas von Frauchens Schreibtisch gefallen ist, weil ich mich ein bisschen zu ausführlich darauf geräkelt habe.

      Ich weiß, wie ich herum schleichen und nerven muss, bis Frauchen seufzend nachgibt, aufsteht und mit mir in die Küche geht, um zu fragen: „Na, Merlin, was möchtest du denn gern essen?“ Sie findet dann etwas Feines für mich, von dem ich ein Häppchen koste, bevor ich mich wohlig auf die Couch zurückziehe, um ein Nickerchen zu machen.

      Wenn ich wieder wach bin und mir langweilig ist, springe ich auf den Wäscheständer mit frisch gewaschener Wäsche und turne so lange darauf herum, bis er umfällt und die Wäsche am Boden liegt. Auf diese Weise zeige ich meinem Frauchen, dass dem Fußboden eine gründliche Reinigung gut tun würde.

      Sobald mein Frauchen in die Küche geht, stehe ich sofort daneben, schaue Frauchen sehr erwartungsvoll an und miaue laut. So rege ich Frauchen an, zu überlegen, was sie mir Gutes geben kann.

      Durch lautes Miauen und ungeduldiges an-der-Tür-Kratzen bewege ich mein Frauchen dazu, aufzustehen (manchmal auch nachts) und mir die Tür zu öffnen. Dann aber, nachdem ich meinen Kopf raus gestreckt und mich davon überzeugt habe, wie kalt und ungemütlich es draußen ist, gehe ich lieber nicht raus. Ich sehe dann beleidigt aus, wenn Frauchen sagt: „Jetzt ist aber Schluss mit dem Generve, Merlin.“

      Ich muss schon sagen: Mein Mensch ist lieb. Ich bin ein Kater, dessen Träume sich bis jetzt recht genau verwirklicht haben. Ein paar kleine Anpassungsmaßnahmen könnten noch nötig sein. Nach den Schwierigkeiten und Ängsten, mit denen mein Leben zuerst begann, hätte es auch anders ausgehen können, jedoch nur, wenn ich die Zeit, die ich in dem engen Gefängnis im Tierheim hatte, nicht genutzt hätte, um mir durch Bildern meine zukünftige Welt schon vorzuerschaffen. Als Frauchen in das Tierheim gekommen war, um nach ihrem vermissten Lieblingskater Karli zu suchen, hat sie nicht ihren Karli, sondern mich dort in dem Käfig, in dem ich eingesperrt war, gesehen. Nun erzählt mein Frauchen jedem, der es hören will, ich hätte sie mit meinem Zauberblick verzaubert. Sie sagt, sie habe den Namen Merlin ganz deutlich in meinen Augen gelesen. Merlin, das ist der Name des großen Zauberers aus der Arthur-Zeit. Frauchen behauptet sogar, dass sie und ich uns schon aus dieser längst vergangenen Zeit kennen würden und dass sie mich wiedererkannt hat. Lassen wir das einmal so stehen. Vielleicht stimmt es, vielleicht auch nicht. Merlin ist mein Name, und ich finde, er passt sehr gut zu mir.

      Es schmeckt alles so gut

      Ich esse gern, manchmal auch gern etwas mehr. Morgens genieße ich zuerst das Frühstück, das mein Frauchen mir mit viel Liebe serviert, nachdem ich sie endlich wach bekommen habe. Essen bedeutet für mich Vergnügen und Zuwendung, und beides brauche ich für den Start in meinen Katzentag. Wenn Frauchen sich dann ihren Morgentee macht, stehe ich miauend daneben und mache ihr verständlich, dass es jetzt Zeit für mein Schälchen warme Sahne ist. Manchmal tut Frauchen so, als hätte sie es ganz vergessen und als müsse ich es ihr jeden Morgen wieder neu in Erinnerung bringen. Ich schmeichle ihr dann, indem ich mit meinem Stimmchen die angenehmsten Töne mache. Das beeindruckt sie sehr und sie versucht dann, es mir nachzumachen. Bei ihr hört es sich jedoch sehr menschlich an. Ich glaube, das Schnurren und die Katzensprache werden die Menschen nie sprechen lernen. Wir Katzen erwarten schon viel von ihnen, wenn wir hoffen, dass sie uns verstehen.

      Zu meiner Lieblingsspeise gehört – neben den Mäusen, die ich mir im Feld fange und der guten Vollwert-Katzennahrung, die Frauchen mir kauft – ein wenig warme Sahne und ab und zu ein kleines Häppchen Butter-Mandel-Kuchen von unserem Bäcker. Überhaupt mag ich alles gern, was nach Butter oder Sahne riecht. Obwohl Frauchen den Kuchen auch gern isst, kann es schon mal vorkommen, dass sie ihr letztes Stück mit mir teilen muss. Das ist gut für Frauchen, denn sie sollte auf ihr Gewicht achten.

      Welche Gewicht-igkeit

      Da ich so gern und so viel esse, wie mein Frauchen meint, habe ich schon gut an Gewicht zugelegt. Als Frauchen mich einmal nach zwei Wochen aus der Katzenpension abholen wollte, wo ich Ferien gemacht habe, sagte sie doch tatsächlich zu dem Katzenbetreuer: „Haben Sie noch einen anderen rotgoldenen, wunderschönen, lieben, kleinen Kater? Ich habe einen zierlichen Kater hier abgegeben.“ Erst als ich dann mit Frauchen sprach, erkannte sie, dass ich es bin. Nur weil man ein bisschen zugenommen hat, kommen die Menschen schon auf die Idee, man sei jemand anderes. Dabei passe