Meine Psychotherapie Wie aus Vertrauen und Nähe Gefühle für meinen Therapeuten wurden. Mona Prinz

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Название Meine Psychotherapie Wie aus Vertrauen und Nähe Gefühle für meinen Therapeuten wurden
Автор произведения Mona Prinz
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783847648833



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Leben passiert, was mir tiefe Wunden zusetzte. Viele unerträgliche Schicksalsschläge hatten aus mir einen Menschen gemacht, welcher emotional und irgendwann auch körperlich kaum noch lebensfähig war.

      Die Kindheit bildet so wichtige Wurzeln

      Bereits in der Kindheit fing es an mit einem zerrütteten Elternhaus, wo statt Liebe Kälte wohnte, es statt Nähe und Umarmungen Gewalt und Schläge gab, geregelte Mahlzeiten gegen Alkoholorgien ausgetauscht wurden und statt Geborgenheit Missbrauch an der Tagesordnung stand. Dies alles zerstörte meine kleine Seele völlig, doch in meiner Welt wollte Tränen der Seele niemand sehen. Die katastrophalen Familienverhältnisse ermöglichten es mir nie, ein gesundes Selbstwertgefühl aufzubauen. Bereits als Kind fühlte ich mich ungeliebt, wertlos und allein. „Warum bin ich überhaupt geboren?“, fragte ich mich so oft. Heute, wo ich selbst Mutter bin, weiß ich, wie wichtig es für ein Kind ist, Liebe, Nähe, Geborgenheit und Halt zu erfahren.

      Der Start in mein neues Leben

      Meine erste Wohnung bezog ich, als ich gerade einmal 17 Jahre alt war und mich beschlich zum ersten Mal im Leben ein kleines Glücksgefühl, auch wenn die vergangenen Jahre Spuren in meiner Seele hinterlassen hatten. Lange Zeit lebte ich in meiner Wohnung ohne Möbel, doch auf dem Boden zu sitzen und zu essen war allemal besser, als die katastrophalen Umstände zu Hause noch länger ertragen zu müssen. Und lieber auf dem Fußboden schlafen, als mal wieder im kalten und dunklen Kohleschuppen, weil die betrunkenen Eltern wieder einmal das Klingeln an der Haustür nicht hörten. Alles war besser, Hauptsache ich muss nie wieder zurück.

      Lernen, im Leben klarzukommen

      Von nun an sollte alles besser werden und auch ich wollte endlich etwas Glück fühlen. Doch ich musste erst einmal lernen, mit dem Leben umzugehen und ein lebensfähiger Mensch zu werden. Ich musste lernen zu lieben, denn aus diesen Werten wollte ich mein „neues“ Leben aufbauen. Doch das war nicht einfach für mich, denn diese Gefühle waren mir so fremd. Lange Zeit fiel es mir sehr schwer, Gefühle zu zeigen, auszusprechen und mit Gefühlen umzugehen. Hatte ich doch nie erfahren, wie es sich anfühlt, geliebt zu werden. Gefühle wie Nähe und Geborgenheit waren mir so fremd. Noch nie zuvor hatte jemand zu mir "Ich hab dich lieb" gesagt, meine Wange gestreichelt, mich an die Hand oder einfach nur mal in den Arm genommen oder mich getröstet, wenn ich traurig war. Noch niemals zuvor in meinem Leben! Doch es fühlte sich gut und richtig an, lieben zu lernen, Liebe zu geben und zu erfahren. Liebe, Wärme, Nähe, Geborgenheit, das waren so schöne Gefühle und jetzt erst wusste ich, was ich all die Jahre so schmerzlich vermisst hatte. Schon als kleines Mädchen schwor ich mir, dass es meinem Kind einmal besser gehen soll und es nicht solch eine schreckliche Kindheit erleben darf wie ich. Alles wollte ich anders machen. Alles! Allein der Gedanke daran, dass mein Kind so sehr leiden muss wie ich, quälte mich sehr.

      Als Mutter aus den Fehlern lernen

      Als meine Tochter geboren wurde, war mein Glück perfekt. Ich liebte sie von der ersten Sekunde an und setzte alles daran, eine gute Mutter zu sein, ihr Liebe zu schenken, mit ihr zu lachen, wenn es ihr gut geht, ihre Tränen zu trocknen, wenn sie traurig ist und einfach nur für sie dazusein, wenn sie mich braucht und ich kann heute mit großem Stolz sagen, dass mir dies gelungen ist. Ich habe aus allen Fehlern gelernt und glaube, fast alles richtig oder zumindest alles anders gemacht zu haben. Doch das Allerwichtigste ist, ich kann mit Sicherheit sagen, dass sie weiß, wie es sich anfühlt, geliebt zu werden. Mein Herzenswunsch war es immer, wenn meine Tochter klein ist, ihr Wurzeln zu geben, um die Orientierung im Leben zu finden und wenn sie groß ist Flügel, um sich im Leben zurechtzufinden und wenn ich mich und sie heute kritisch hinterfrage, dann glaube ich, es ist mir gelungen und darauf bin ich sehr stolz. Doch ich muss sagen, dass es keine meisterliche Leistung war, die viel abverlangt hat, denn wenn man wirklich liebt, dann geschehen solche Dinge von ganz allein, denn es stimmt, Liebe kann Berge versetzen und mit der Kraft der Liebe ist man zu allem fähig. Meine Tochter ist mittlerweile erwachsen und wir haben eine wundervolle Beziehung zueinander. Ich bin verdammt stolz auf sie und ich liebe sie aus tiefstem Herzen. Viele Jahre lebte ich glücklich und zufrieden, führte ein harmonisches Familienleben. Ich konnte aufgrund der zerrütteten Familienverhältnisse in der Kindheit feststellen, dass für mich der Zusammenhalt in der Familie immer wichtiger wurde, denn nur gemeinsam ist man stark und gemeinsam können nahezu alle Hürden überwunden werden.

      Schicksalsschläge - mein Leben zerbricht

      Einige Jahre später schlug das Schicksal erbarmungslos zu und nahm mir innerhalb von wenigen Monaten drei geliebte Menschen. Menschen, ohne die ich nicht leben konnte und erst recht nicht wollte. Mein bis dahin geordnetes Leben geriet mit einem Mal völlig aus dem Gleichgewicht. Ich versuchte mit aller Kraft, gegen die Trauer, die mir so sehr mein Herz zerriss, anzukämpfen, doch ich fühlte, wie ich immer mehr an diesem Schmerz zerbrach. Ich versuchte, mich mit aller Kraft dagegen zu wehren, nicht immer tiefer abzurutschen in dieses Loch, doch es gelang mir nicht. Ich konnte es weder begreifen noch wahrhaben und wollte mich erst recht nicht damit abfinden, dass ich meine geliebten Angehörigen für immer verloren hatte.

      Eine wundervolle Frau erkrankte an Krebs

       Unter ihnen eine wundervolle Frau, die ich so sehr liebte, dass ich es nicht ertragen konnte, dass die teuflische Krankheit Krebs sie für immer aus dem Leben riss. Aus meinem Leben und mein Leben war ohne sie nichts mehr wert, wie mir schien. Die Diagnose Krebs war ein großer Schock und bereits zu dieser Zeit hatte ich nur den einen Wunsch: Sie darf nicht sterben! Nicht diese Frau, die ich so sehr liebe! Nein, das darf nicht passieren! Sie ist doch noch so jung! Ich kann diesen Schmerz heute noch fühlen, als wäre es erst gestern geschehen. Jeder Tag, jede Stunde, jede Minute des Tages drehte sich um diesen Gedanken und um den großen Wunsch, sie nicht zu verlieren. Also schworen wir uns, dem Krebs den Kampf anzusagen. Und wie sie kämpfte! Sie kämpfte wie eine Löwin! Monatelang ging sie durch die Hölle und durch die gleiche Hölle ging auch ich. Alle Schmerzen und Strapazen nahm sie in Kauf und gab dabei die Hoffnung niemals auf, denn sie wollte nur eines und das war leben und dafür kämpfte sie jeden einzelnen Tag. Ich hab in dieser schweren Zeit unendlich mit ihr mitgelitten und mich oft gefragt, woher sie so viel Kraft nimmt. Ich hätte ihr so gern etwas von den Qualen abgenommen, doch die schwere Last lag leider allein auf ihr. Gekämpft hat sie allein, doch gelitten haben wir gemeinsam. Die Höhen und Tiefen durchlebten wir Beide.

      Ich gerate an meine psychischen Grenzen

      Es war eine Achterbahn der Gefühle. Mal wurden die Metastasen kleiner, mal kamen Neue hinzu. Mal himmelhochjauchzend, mal zu Tode betrübt. Dieses Auf und Ab zehrte enorm an unseren Nerven, jedoch gaben wir niemals auf. Doch der Krebs wollte sich nicht besiegen lassen und streute weiter und ich konnte an jedem einzelnen Tag fühlen, dass der Kampf immer schwieriger und meine Angst immer größer wurde, sie zu verlieren. Sie so leiden zu sehen und mit anzusehen, wie sie immer mehr abbaute, zerbrach mir das Herz immer mehr. Ich litt so sehr mit ihr, dass ich manchmal fast glaubte, selbst an dieser Krankheit zu leiden. Ich geriet in diesen schweren Monaten psychisch völlig an meine Grenzen, doch für mich zählte nur eines, sie nicht zu verlieren. Und selbst, als sie nur noch 40 Kilo wog, nicht einmal mehr einen Löffel halten geschweige denn noch stehen oder gehen konnte, ein Häufchen Elend war und die Ärzte sie, und wahrscheinlich sie sich selbst auch längst aufgegeben hatte, selbst da flehte ich sie an ihrem Bett immer noch an, nicht aufzugeben und bat sie weiterzukämpfen. Noch immer war ich nur fixiert darauf, den Krebs zu besiegen. Dabei hatte sie, wie ich heute weiß, diesen Kampf längst verloren.

      Den Kampf gegen den Krebs verloren