Mark Feller. Michael Bardon

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Название Mark Feller
Автор произведения Michael Bardon
Жанр Языкознание
Серия Mark Feller
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742763556



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er und unterbrach danach sofort die Verbindung zu dem Mann, der am anderen Ende der Leitung auf seine Vollzugsmeldung gewartet hatte. Sein Blick zuckte zum Innenspiegel, dann in die beiden Außenspiegel. Nichts Verdächtiges zu sehen. Er hatte nichts anderes erwartet.

      Er warf das Tablet auf den Beifahrersitz, startete den Motor und fädelte seinen BMW in den fließenden Verkehr ein. Wenige Augenblicke später schwamm er im Strom der Blechlawine durch die Frankfurter City.

      -1-

       Tag 1

      Ich saß auf einer Parkbank und starrte auf das Grab der Frau, die ich einmal über alles geliebt hatte.

      Die Bank, alt, marode und verwittert, war in den vergangenen Wochen zu einer Art zweitem Zuhause für mich geworden; sie stand im Schatten einer Ulme, deren ausladendes Blattwerk bis an Julias Grab reichte.

      Mir gingen die milden Sommernächte durch den Kopf, an denen Julia, nachdem wir uns geliebt hatten, in mein altes Armeeshirt geschlüpft war und sich mit mir auf die steinerne Bank im Garten gesetzt hatte. Hand in Hand, zwei Menschen, die sich stundenlang in die Augen schauen konnten, ohne des anderen überdrüssig zu werden.

      Glauben Sie an die Liebe? Ich meine jetzt nicht nur die banale Liebe. Nein! Was ich meine, ist die wahre, große Liebe.

      Glauben Sie daran? Ich jedenfalls glaube an die wahre, große Liebe, denn ich habe sie gefunden. Oder besser, sie hat mich gefunden.

      Julia stand eines Tages vor mir, lächelte mich mit ihrem tanzenden Sommersprossenlächeln an und eroberte mein Herz sprichwörtlich im Sturm.

      Großer Gott, es kommt mir vor, als wäre es vor einer Ewigkeit geschehen. Dabei hatte ich Julia gerade einmal sieben Monate gekannt, bevor sie ermordet wurde.

      Himmel, waren wir naiv! Wir dachten, das gesamte Leben läge noch vor uns. Wir dachten wirklich – na ja, das mag jetzt ein klein wenig verschroben für Sie klingen – aber wir dachten damals wirklich, zusammen wären wir unsterblich.

      Was für ein Kitsch! Ich weiß.

      Wie sagt man so schön: Denn erstens kommt es anders, als man zweitens meistens denkt! Ich meine damit, dass das Schicksal sich gegen uns oder besser: Gegen unsere Liebe und eine gemeinsame Zukunft entschieden hat – in Gestalt eines Sprengstoffattentats.

      Wir, Julia und ich, tappten blindlings in eine Falle, als wir an einem lauen Sommerabend einen Informanten treffen wollten. Die Explosion war gewaltig, Julia und der Informant hatten keine Chance.

      Während ich in den darauffolgenden Wochen im künstlichen Koma lag, wurde sie still und leise zu Grabe getragen. Es muss eine einsame Beerdigung gewesen sein, denn aus ihrer Familie war wohl niemand da, der um sie getrauert hat.

      Gott, wie sehr ich Julia vermisse! Wie sehr mir ihr Lachen, ihre Stimme und ihre Gesellschaft fehlen. Sie hat an mich geglaubt und darauf vertraut, dass ihr in meinem Beisein nichts Schlimmes widerfahren kann.

      Ein tödlicher Irrtum.

      Heute weiß ich: Du kannst noch so gut sein, irgendwann unterläuft dir doch der eine finale Fehler. Die Konsequenzen meines Versagens sind nicht rückgängig zu machen. Julia und der Informant sind tot und gegen mich wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet: wegen Insubordination und nicht autorisierter Ermittlung. Als ob das noch von Bedeutung für mich wäre!

      Eine Bewegung, links vor mir, ließ mich aus den Gedanken schrecken. Ich blickte auf und sah einen hochgewachsenen Mann, der mit weit ausgreifenden Schritten über den Hauptweg eilte. Ich sah noch mehr. Ich sah sechs Männer, die sich zu drei Zweierteams strategisch gut über den Friedhof verteilten. In ihren schwarzen Anzügen und den mattschwarzen Sonnenbrillen wirkten sie, als wären sie dem Film ›Men in Black‹ entstiege – der Gedanke daran entlockte mir ein freudloses Grinsen.

      Ich wusste es allerdings besser. Vor mir standen gut ausgebildete Männer. Kampferprobte Soldaten, die aus dem Kommando Spezialkräfte, kurz KSK, rekrutiert worden waren. So wie ich: Ein ehemaliger Elitesoldat der Division ›Schnelle Kräfte‹, der nun seinen Dienst beim Bundesnachrichtendienst versah, oder besser: bis zu seiner Freistellung versehen hatte.

      Hätte, wäre, wenn …

      Es ist müßig, über Entscheidungen im Nachhinein zu philosophieren. Das wusste ich. Und dennoch fragte ich mich immerzu, wieso ich meinem Vorgesetzten Major Starke erst eine Stunde vor dem Treffen per SMS Bericht erstattet hatte.

      Ein dummer Fehler, wie ich im Nachgang einräumen musste. Mit ein wenig mehr Vorlauf hätte er mir zwei Mann zur Verstärkung schicken können.

      Mein Blick zuckte zurück und heftete sich an die hagere Gestalt des hochgewachsenen Mannes, der sich nach wie vor zielsicher auf mich zubewegte. Sein schmaler, fast asketisch wirkender Kopf, wurde von einem dunklen Bartschatten eingerahmt, was dem länglichen Gesicht aber irgendwie eine markante Note verlieh.

      Ich kannte diesen Mann, hatte ihm schon einige Male am runden Tisch gegenübergesessen, so nannten wir das Besprechungszimmer im Berliner Kanzleramt. Staatssekretär Dr. Hans-Peter Briegel war das Verbindungsglied zwischen dem BND und den für uns zuständigen Ministern der Bundesregierung. Ein mächtiger Mann, der sich der Tragweite seines Einflusses sehr bewusst war.

      Sein Wort hatte Gewicht, und es war ein offenes Geheimnis, dass die Bundeskanzlerin ihm bedingungsloses – manche nannten es auch leutseliges – Vertrauen entgegenbrachte.

      Staatssekretär Dr. Briegel. Ihm standen meine Vorgesetzten Rede und Antwort. Er erteilte die Einsatzbefehle und koordinierte die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Strafverfolgungsbehörden und den legendären drei: dem Bundesamt für Verfassungsschutz, dem Bundesnachrichtendienst und dem Amt für den militärischen Abschirmdienst, kurz und knapp: BfV, BND und MAD.

      Zeit, wieder ins Leben zurückzukehren, dachte ich, während ich mich mit einem stummen Gruß von Julia für heute verabschiedete.

      »Herr Feller, haben Sie einen Moment für mich?«

      Ich schaute auf, löste meinen Blick von Julias schieferfarbenen Grabstein, dessen Inschrift ich bereits Tausende Male gelesen hatte. ›Ich wünsche dir, dass du dein Ziel nicht aus den Augen verlierst‹.

      »Ein schöner Wahlspruch.« Briegel deutete mit seinem kahlen Schädel ein knappes Nicken an. »Haben Sie den ausgesucht?«

      »Nein! Jemand anders hat das Grab arrangiert. Ich halte es nur sauber und zünde hin und wieder eine Kerze an.«

      Mein Blick strich erneut über den Friedhof. Briegels Männer standen mit dem Rücken zu uns; sie schienen von unserem Gespräch keinerlei Notiz zu nehmen.

      »Verstehe, die Familie.« Der Staatssekretär setzte sich, die Hände tief in den Manteltaschen vergraben, neben mich auf die marode Bank.

      Bestimmt nicht!, dachte ich, sagte jedoch nichts.

      »Ein schöner Platz, um den ewigen Frieden zu finden. Wenn es mich mal erwischt, würde ich mir auch so ein friedvolles Örtchen wünschen«, sagte Briegel mit gedämpfter Stimme.

      Ich beschloss, dieser Plauderei ein Ende zu bereiten, und fragte knapp, »Was wollen Sie?«

      Friedvolle Stille … Na ja, ich meine jetzt nicht wirklich die Art von friedvoller Stille, die Sie sich gerade ausmalen. Dazu war hier einfach zu viel los. Von der nahen Schnellstraße brandete der Verkehrslärm zu uns herüber, ein paar Gräber weiter harkte eine ältere Dame die Erde auf einem Grab durch und keine zwanzig Schritte von unserer Bank entfernt füllte ein Friedhofsgärtner die hässlich grünen Gießkannen an einer quietschenden, ebenfalls grünen Handschwengelpumpe auf.

      Dennoch herrschte, zumindest neben mir, schlagartig Stille, als der Staatssekretär geräuschvoll die Luft einzog und im nächsten Moment seine Lippen aufeinanderpresste.

      »Reden wir nicht um den heißen Brei herum. Was treibt Sie vom fernen Berlin hier zu mir nach Frankfurt?«

      Ich