Название | nur Tod und Verderben |
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Автор произведения | Nicole Heuer-Warmbold |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783742730459 |
„Ihr … Ihr seid ein verflucht guter Gardist, wisst Ihr das?“
„Aye.“
„Ich verstehe nur nicht, wie Ihr dann …“
„Wie auch, Ihr seid Priester, gebt etwas auf Eure Enthaltsamkeit, Ihr … Verdammt, warum sollte ich Euch das, warum sollte ich Euch irgendetwas erklären?“
„Vielleicht möchtet Ihr ja darüber reden, mit einem unbeteiligten … Beobachter?“
„Mit Euch? Ihr seid doch alles andere als unbeteiligt, Priester. Und wozu sollte ich darüber reden, etwa, um mich hinterher besser zu fühlen? Erleichtert? Ganz sicher nicht.“
Bahadir biss sich auf die Lippen, unterdrückte ein Seufzen. „Aber ich möchte mit Euch reden.“
„Wüsste nicht, worüber wir reden sollten.“
„Es ist mir ein Anliegen! Könnt Ihr Euch nicht vorstellen, dass ein anderer … dass ich nicht so einfach damit fertig werde, was sich dort …“ Er wies hinter sich, die Richtung stimmte vermutlich nicht, doch darum ging es auch nicht. „Was sich vor einigen Tagen zugetragen hat? Ihr seid Soldat, für Euch ist es ja vielleicht Alltag, Menschen zu töten und zu verstümmeln, mitzuerleben, wie Menschen Gewalt angetan wird. Aber für mich nicht!“
Ron musterte ihn kalt. „Ihr habt doch gar nicht getötet, Priester.“
„Nein, aber ich … Als diese Soldaten über hilflose, unbewaffnete Menschen hergefallen sind, über Frauen und Kinder, da …“ Sich nur nicht erinnern, er presste die Augen zusammen, kämpfte gegen das Zittern an.
„Ja. Ich halte das für eine normale Reaktion, und hättet Ihr anders empfunden, gehandelt, würde ich Euch ungern in meiner Nähe haben wollen.“
„Klingt fast, als …“
Ron fiel ihm lachend ins Wort, kein freundliches Lachen, aber immerhin ein Lachen. „Bildet Euch bloß nichts ein, Priester. Ich mache mir nicht viel aus Männern, schon gar nicht Männern wie Euch.“
Bahadir bemühte sich erfolglos, nicht rot zu werden, das Gespräch entglitt ihm immer mehr. „Und Ihr braucht auch keinen Freund.“
„Ich sag Euch was, Priester. Wenn ich mal reden will, komm ich zu Euch.“
* * *
Sie hatten ihn in irgendein dunkles Loch gesperrt, vermutlich ein Keller. Er glaubte nicht, dass es in dem kleinen Dorf so etwas wie einen Kerker oder gar Verlies gab. Falls sie noch in dem Dorf waren, er konnte nicht sicher sein, war über lange Zeitspannen nicht bei Bewusstsein gewesen. Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, seit die Ostländer ihn erwischt hatten, wusste nicht, ob es Tag war oder Nacht. Welcher Tag, welche Nacht, war die Schlacht schon vorüber? Es war beständig dunkel hier, anders als in der Scheune; ein einziges Mal hatte er Nahrung bekommen, irgendeine Pampe, einen Krug mit Wasser, aber was hieß das schon. Er fror, er war noch immer nackt, hatte nicht einmal eine Decke, gar nichts. Fieber und Schmerzen, seine Schulter … Nun, sie hatten den Bolzen rausgezogen, aber sein Bein … Er lebte, immer noch, nachdem sie ihn dreimal verhört hatten, wie dieses Schwein Kahane es nannte. Aber wie lange noch, es war lediglich eine Frage der Zeit, bis sie ihn totschlugen.
Manchmal dachte er an das Mädchen. Er hatte nichts mehr gehört, hatte nicht mehr nach ihm gefragt; falls es noch lebte, wollte er ihre Aufmerksamkeit nicht noch zusätzlich auf das arme Geschöpf lenken. Das erste Mal war bereits ein Fehler gewesen.
Er glaubte nicht mehr, er würde es schaffen, würde diesen unmöglichen Auftrag, den ihm niemand erteilt hatte, überleben. Die Zeit …
Er hörte schwere Schritte auf dem niedrigen Gang vor der Holztür, lachte innerlich, er würde sterben, er konnte nichts tun. Die Soldaten, es waren immer andere, zerrten ihn grob aus dem Loch, schleiften ihn den düsteren Gang entlang, unter Schlägen und Tritten eine kurze, steile Treppe hinauf, in eine schmuddelige Küche. Der Herd, das Gestell für die Haken und Zangen, Kahanes Peitschen und Messer, ein Tisch, ein paar Stühle, er kannte die Einrichtung, atmete tief durch, wartete mit geschlossenen Augen. Spürte ihre Nähe, und das konnte nicht sein! Sie war nicht hier, sie war in Sicherheit, sie und Mavi, daran musste er glauben!
„Ich werde dir ein paar Dinge über die Frau erzählen, an die du so oft denkst.“
Langsam, um sich sein Erschrecken nicht anmerken zu lassen, wandte er den Kopf und starrte zu Satorian. Bisher hatte dieser sich keins von Kahanes Verhören entgehen lassen, jedoch selten viel gesagt, nie etwas getan. „Ich denke an keine Frau.“
„Oh doch, Hiron, das tust du. Du denkst an sie, wenn der Schmerz unerträglich wird. Weißt du, sie ist deine Treue, deine Verehrung nicht wert.“
Es war lächerlich, so absurd, dass er keuchend zu lachen begann und die Soldaten ihn prügelten, bis er aufhörte. Satorian deutete seinen Wächtern, ihn auf einen Stuhl zu setzen. Keine Fesseln, nur die auf ihn gerichtete Armbrust eines weiteren Soldaten.
„Diese Frau, Mara I’Gènaija, angebliche Zauberin … Nun, wir beide wissen, worin ihr Zauber besteht: ein göttliches Gesicht und der Gestank ihrer Möse, aber das nur am Rande. Sie ist eine Hure, eine Hure der schlimmsten Sorte. Sie macht für jeden die Beine breit, wenn sie sich etwas davon verspricht, aber das weißt du längst, oder? Hiron, sie treibt es mit jedem, wirklich jedem, wenn es ihr nützt. Sie hat Graf Barreck verführt, da war sie noch nicht mal zwölf. Hat sie dir nicht erzählt?“
Er rührte sich nicht, wenn er sich bewegte, war er tot. Er wollte Satorians Verleumdungen und Lügen, womöglich genau die Worte, die er auch schon an Domallen und Davian gerichtet hatte, an diesen Sakar, nicht hören, aber Satorian hatte Mittel, jemanden zum Zuhören zu zwingen. „Manche Mädchen fangen so früh an, sicher, das gibt es, gerade im Süden, aber die wenigsten machen so weiter. Auf Ogarcha war sie einem jungen Mann fest versprochen, die Hochzeit für den Sommer geplant. Aber plötzlich, kurz vor der Vermählung, hat sie sich einem anderen zugewandt, der ihr offenbar besser in ihre Pläne passte. Doch nicht genug, dass sie ihren Bräutigam für einen völlig Fremden sitzen lässt, sie hat ihren neuen Liebhaber auch dazu gebracht, wie, muss ich ja wohl nicht erklären, diesen jungen Mann für sie zu ermorden.“
Hiron ballte die Fäuste und zwang sich, Domallens Namen nicht laut auszusprechen, knirschte mit den Zähnen.
„Dann erst war diese verlogene, hinterhältige Frau zufrieden, oder soll ich sagen befriedigt, und verließ mit ihrem neuen Liebhaber schleunigst die Burg im Süden. Den traurigen Rest kennst du, nehme ich an, auch dieser Mann war ihr nicht genug. Was glaubst du, warum sie diesen Hauptmann geheiratet hat?“
„Um Domallen los zu werden.“ Aber war es wirklich so gewesen? Und überhaupt, wozu erzählte der Zauberer ihm das, was tat er mit ihm?
„Ganz recht, aber das war es nicht allein. Sie wollte das Gerede zum Schweigen bringen, um in aller Ruhe mit ihrem Treiben weiterzumachen. Und jener Hauptmann hat einen gewissen, gewalttätigen Ruf. Es macht ihr Spaß, sie richtet Männer reihenweise zu Grunde, bloß um ihre Begierde zu befriedigen. Wie viele Liebhaber hatte sie, seit sie im Norden lebt?“
„Ich weiß es nicht.“ Ein paar, und wenn schon, andere Frauen … Satorian redete bereits weiter. „Nein, du weißt es nicht. Und solch einer dreckigen, verdorbenen Metze gelten deine Gedanken, wenn deine letzte Kraft schwindet? Du tust mir Leid.“
„Das ist nicht …“ Er wollte es nicht glauben, es war lächerlich, Satorian erzählte ihm diese verdammten Lügen doch nur, um ihn fertig zu machen. Der Zauberer wusste nichts von Mara, lediglich, dass sie seine Schwäche war, die der verfluchte Zauberer gnadenlos ausnutzte. „Aber sie …“
„Sie hat dich zurückgewiesen, ja. Hat dir schöne Augen gemacht und dich dann eiskalt zurückgewiesen. Hast du dich nie nach dem Grund gefragt?“
So war es nicht! Mara hatte ihm nie schöne Augen