nur Tod und Verderben. Nicole Heuer-Warmbold

Читать онлайн.
Название nur Tod und Verderben
Автор произведения Nicole Heuer-Warmbold
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742730459



Скачать книгу

Freund zu begrüßen.“

      „Das hast du lieb gesagt. Darf dieser Freund dich denn zur Begrüßung küssen?“

      „Oh Sandar, natürlich!“ Mara strahlte ihn an und schlang ihm die Arme um den Hals. „Ich tue dir doch nicht weh?“

      Sandar beugte sich zu ihr und küsste sie innig. „Du doch nicht, das waren andere. Und dies hier entschädigt für vieles.“

      „Ja? Dann sollte ich … fortfahren?“

      „Solltest du, Schatz, solltest du …“ Er drückte Mara fest an sich und küsste sie erneut, ausgiebig, bis sich jemand räusperte. Widerstrebend ließ Sandar sie los und drehte sich zu seinem Vater um. „Ein wirksames Schmerzmittel, Hauptmann Sadurnim.“

      „Scheint mir auch so.“ Der Kommandant der Truppen vom Nordtor unterdrückte sein Grinsen und nickte ihr zu. „Seid gegrüßt, Mara.“

      „Hauptmann Sadurnim.“

      „Deine Mutter weilt in der Stadt, wie ich gerade hörte. Also, wenn es dir wieder besser geht, komm doch mal vorbei. Sie würde sich sehr freuen.“ Mit ernster Miene blickte Sandars Vater Mara an. „Wird vermutlich länger dauern, bis er wieder einsatzfähig ist?“

      „Das kann ich nicht sagen. Ich weiß allerdings, Euer Sohn sollte strikte Bettruhe halten, so lange er hohes Fieber hat.“

      „Ihr kümmert Euch um ihn?“

      Irritiert schaute Mara ihn an, dann zu Sandar. „Wenn er das möchte.“

      Tage später ging es Sandar etwas besser, er schien deutlich erholt und war nicht mehr ganz so bleich und erschöpft, obgleich er noch immer hustete. Ein tief sitzender, quälender Husten, keine Lungenentzündung, wie Mara anfangs befürchtet hatte.

      Ein Grund, warum sie zusammen mit Mavi für einige Zeit in sein Haus gekommen war. Mara hatte Sandar gern, sie schätzte seine Gesellschaft, ihn. Und so hatte sie sein Angebot – Sandar hatte ihr, unabhängig von der Anfrage seines Vaters, einen Boten geschickt – ohne lange nachzudenken angenommen. Sie wollte nicht allein sein, sie wollte nicht ständig über die nachgrübeln müssen, die nicht in der Stadt waren: ihre Männer, wie Bahadir sie unbedacht genannt hatte.

      Erfreut blickte Sandar auf, als Mara das Gartenzimmer betrat, erhob sich und kam ihr entgegen, dabei sichtlich das linke Bein schonend. „Mara, meine Liebe. Der Junge schläft?“

      „Ja. Mavi ist den ganzen Tag mit den Söhnen deiner Schwester im Garten und auf dem Grundstück herumgerannt und war müde. Doch er hatte mal wieder Freude und Spaß.“

      „Setz dich doch“, forderte Sandar sie auf.

      Sie setzte sich, über Eck zu seinem Platz. „Es ging ihm heute gut, und das ist schön. Er hat viel durchgemacht … durchmachen müssen, und vorhin … Mavi war endlich einmal entspannt und nicht völlig verkrampft und verängstigt.“

      „Du machst dir Sorgen um den Kleinen?“

      „Ja, sicher. Ich weiß nicht, was er alles Schlimmes gesehen und erlebt hat.“

      „Hast du nachgefragt?“ Sandar schenkte ihr Tee ein.

      „Nein. Ich weiß nicht, ob das richtig wäre. Vielleicht ist es dazu zu früh. Er redet nicht darüber.“

      „Wenn er denn überhaupt redet.“

      „Selten. Aber im Schlaf, er hat häufig Albträume.“

      Sandar betrachtete sie ernst. „Weshalb du glaubst, bei ihm bleiben zu müssen.“

      Vage hob Mara die Schultern. „Jetzt bin ich hier, um mit dir zu Abend zu essen.“

      Er nickte nur, musterte sie weiterhin.

      „Was ist denn?“

      „Nichts, ich …“ Unvermittelt griff er über den Tisch und fasste nach ihrer Hand, lächelte sie liebevoll an. „Es ist schön, dass du hier bist, Mara. Ich danke dir.“

      „Ich bin gern gekommen, Sandar, das weißt du hoffentlich.“

      „Ich weiß es, Liebes, ich bin nur … Kein Mann wird gern verletzt, und ein Gardist schon gar nicht. Im Kampf, in der Schlacht ernsthaft verwundet zu werden ist immer auch ein Versagen, ein Zeichen von Schwäche.“

      „Vielleicht auch nur dafür, dass der Gegner in der Überzahl war.“

      „Vielleicht auch das, ja.“ Sein Lächeln vertiefte sich, als er ihre Hand an seine Lippen zog. „Genau darum liebe ich deine Gesellschaft, meine Teure, dich, du sagst das Richtige und nimmst mein Selbstmitleid, meine trübsinnige, gedrückte Stimmung nicht allzu ernst.“

      „Ist das die höfliche Art, mir mangelndes Mitgefühl vorzuwerfen?“

      „Ganz sicher nicht. Und auch kein heimlicher Versuch, dir meine Liebe zu gestehen.“

      Sorgsam zerschnitt Mara das Fleisch auf ihrem Teller, sah nicht auf. „Ich habe deine Worte gehört, Sandar.“

      „Gut.“

      „Aber ich weiß nicht … Du sagst das so dahin, so nebenher, dass ich nie genau weiß, was ich …“ Sie runzelte die Stirn. „Was willst du, Sandar?“

      Er lächelte verhalten, schaute Mara jedoch nicht an. „Das nenne ich direkt.“

      „Möglich, aber ich bin nicht in der richtigen Stimmung für derlei Spielchen.“

      „Verzeih, ich wollte nicht …“ Erschrocken hob Sandar den Kopf. „Es tut mir Leid, Liebes, ich wollte wirklich nicht … Du machst dir Sorgen und ich denke nur an mich, an meine kleinen …“

      „Sandar, nicht, bitte. Du hast keinen Grund, dich zu entschuldigen. Ich bin … Was weiß ich, unruhig, ungeduldig.“

      „Ah, ich glaube, da hätte ich was für dich.“

      Irritiert runzelte Mara die Stirn. „Wie bitte?“

      „Wenn es dein Pflichtgefühl gegenüber dem Jungen zulässt, komm doch später noch mal zu mir. Natürlich nur, wenn du möchtest, es ist deine Entscheidung.“

      Verblüfft starrte ihn Mara an, doch Sandar verzog keine Miene. „Ich … überlege es mir.“

      „Mach das.“ Gelassen erhob er sich und küsste Mara flüchtig auf die Wange. „Du entschuldigst bitte, Emmie wollte mir noch ein heißes Bad bereiten.“

      Mara schaute nochmals nach Mavi. Als wolle sie Zeit schinden, die Begegnung mit Sandar und eine mögliche Entscheidung, Fehlentscheidung hinaus zögern. Der kleine Junge schlief tief und fest, das hölzerne Spielzeug, das er von seinen neuen Spielkameraden, den Söhnen von Sandars Schwester Estelle, bekommen hatte, ganz fest in der geballten Faust.

      Sie lehnte die Zimmertür nur an und wandte sich um, sie war gespannt, was Sandar von ihr wollte, neugierig, auch wenn sie ahnte … nun, sich fast denken konnte, worum es ging. Ihm ging. Obwohl Sandar genau wie ihr klar sein musste … Doch er war unglücklich und sie einsam, keine gute Kombination, Mara mochte ihn, sehr sogar, sie konnte sich viel zu gut vorstellen … Sie biss sich auf die Unterlippe und klopfte an die Tür. Die zu seinem Schlafzimmer; auch nicht …

      Sandar öffnete ihr, hastig die Tür aufreißend. „Mara, wie schön.“

      „Du hast mich darum gebeten …“ Das klang wie eine Ausflucht, als gäbe sie ihm die Schuld. „… also, wenn ich …“

      Er schloss sie eilig in seine Arme, streifte mit den Lippen ihre Schläfe. „Hast du … Befürchtest du, wir landen zusammen im Bett?“

      „Ist der Gedanke so abwegig?“ Sie sah ihm ins Gesicht. „Und ‚befürchten‘ ist ganz sicher nicht das Wort, das ich wählen würde.“

      „Nein, denn du würdest es genießen“, erwiderte er schroff, fast grob. So wie seine Küsse jetzt weniger behutsam, dafür umso gieriger waren. Seine Umarmung allzu fest, bevor er sie unvermittelt