nur Tod und Verderben. Nicole Heuer-Warmbold

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Название nur Tod und Verderben
Автор произведения Nicole Heuer-Warmbold
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742730459



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Landes, das Land. Reik war hier geboren worden, auf den Ebenen, sie spürte auch ihn … weit östlich von ihr, seine verletzte Linke schmerzte, murmelte seinen Namen. Spürte das Nahen der Helfer, ihr Kommen, und lächelte, weckte Mavi jedoch noch nicht.

      Keine Stunde später – Mara hatte Mavi inzwischen zu Bahadir, der bei Manik im Wagen weilte, gebracht – sah sie den Hilfstross dann. Ein merkwürdig beunruhigender Schatten, gleich einem großen Tier, das direkt auf sie zuhielt, sich nach kurzer Zeit teilte, aufteilte, als wollte es sie in die Zange nehmen. Mara lachte, sie hatte zu viel Zeit nur mit Gardisten und Soldaten verbracht, sie hätte genauso gut von umarmen sprechen können.

      Janek tat dann genau das, kaum dass er vom Pferd gesprungen war, sehr, sehr stürmisch. „Und, zufrieden mit mir?“

      „Sehr, das muss ich dir doch nicht sagen. Ich freue mich, ich habe nicht erwartet, dass du … ihr so schnell wieder hier seid.“

      Ein großer, sehr großer Mann trat auf Mara zu – sie fühlte sich an Tyrgur erinnert, Janek ließ sie los – und reichte ihr die Hand. „Wir haben nicht geglaubt, dass der Junge ohne Probleme zu Euch zurück findet.“

      Mara war froh, dass der Mann, der ihre Hand sacht in seiner Hand hielt, in der Dunkelheit ihr vor Verlegenheit gerötetes Gesicht nicht sehen konnte, und kämpfte um eine feste Stimme. „Zauberei.“

      „Der Kleine kann … er ist …“ Er stammelte verwirrt, doch seine Stimme war wie dunkler Samt. Maras Knie schwach und zittrig. „Ich.“

      „Ja … Ja, natürlich, ich …“ Der Mann schien nicht einmal daran zu denken, ihre Hand loszulassen, hatte sie stattdessen sogar unwillkürlich näher gezogen und sich zu mir gebeugt. „Ich weiß, wer Ihr … Soltan. Waffenschmied.“

      „Ja …“ Und wenn er so weitermachte, wenn er nicht sofort ihre Hand losließ, würden sie hier und jetzt … „Wir sollten …“ Mara schluckte, strich sich mit der Linken das wirre Haar zurück. War erleichtert, enttäuscht, als Soltan ihre Hand freigab. „Von Osten her gelangt man in den Steinbruch, Janek kennt den Weg. Die Leute warten bereits ungeduldig.“

      „Und Ihr?“

      Irritiert schaute Mara zu ihm auf. „Wie bitte?“

      „Das klang, als würdet Ihr … Kommt Ihr denn nicht mit? Hinunter ins Lager?“

      Verhalten schüttelte Mara den Kopf, sie wusste, sie starrte Soltan schon wieder an, wollte ihn nur … Sie kannte den Mann nicht, konnte nicht einmal sein Gesicht erkennen, und doch konnte sie vor Erregung kaum atmen, ließ der bloße Gedanke an seine Berührung sie innerlich erzittern. Eilig wandte sie den Kopf ab, es war verrückt. „Doch, sicher.“

      „Es sind neun.“

      „Neun?“

      „Neun Wagen. Falls Ihr Euch gefragt habt.“

      Das hatte Mara nicht, sie fragte sich vielmehr, warum er, Soltan, noch immer bei ihr stand, sich nicht längst auf seinen Wagen geschwungen und den anderen angeschlossen hatte, die bereits die Grube umrundeten. „Gut.“

      „Neun Wagen, fünf zusätzliche Gespanne und noch …“ Soltan stockte, griff nach ihrer Hand und lachte leise, rau. „Oder wollt Ihr gehen?“

      „Wäre sicherer. Was wolltet Ihr sagen?“

      „Noch ein paar Pferde, ich weiß nicht, ich hab’ vergessen … Sicherer?“

      „Aye.“

      Wieder lachte Soltan. Er stand viel zu dicht vor ihr – Mara hatte das Gefühl, gleich ohnmächtig zu werden – und hob die andere Hand an ihr Gesicht. „Fjodar erschlägt mich, wenn ich dich anrühre.“

      „Euch? Seid Ihr nicht ein bisschen …“

      Er küsste sie sehr, sehr sanft, ein klein wenig neckend. „Nicht hier, hm? Oder hast du ’s so nötig?“

      „Wieso ich, du hast doch …“ Soltan küsste sie erneut, wieder und wieder, weniger sanft, wilder, leidenschaftlicher, seine Finger machten sich an den Verschlüssen der Schutzweste zu schaffen und fanden tatsächlich einen Weg unter das Kettenhemd. Aber er stellte die Dinger ja auch her, war inzwischen ziemlich außer Atem. „Weiter?“

      Mara legte nur die Arme um seinen Nacken. „Mach.“

      Spät am nächsten Vormittag, die schlimmsten Schäden an den Fuhrwerken mussten erst beseitig werden, brachen sie auf. Die Flüchtlinge und ihre Habe wurden auf die zusätzlichen Wagen verteilt, so dass wirklich jeder fahren konnte. Einige, so wie Bogat und noch drei, vier Männer, zogen es allerdings vor zu reiten.

      Meist ritt auch Mara, allein oder mit Mavi, an der Spitze des langen Zuges, nur hin und wieder fuhr sie bei Soltan mit, der den großen Proviantwagen lenkte. Mitunter schlief sie hinten zwischen den Vorräten.

      Seine Anziehung wurde durch das Tageslicht nicht wesentlich gemindert, Mara erkannte sein Gesicht wieder. Sie war ihm in der Schmiede der Festung bereits begegnet; er hatte sich damals allerdings nicht vorgestellt und war ihr auch nicht aufgefallen.

      Der Zug kam gut voran. Vier Tage später erreichten sie ohne weitere Zwischenfälle den Nesbra und setzten nach Samala Elis über.

      * * *

      Angeschlagen, das war der Eindruck, den Davian von Domallen bekam, als er dessen Quartier im oberen Geschoss eines heruntergekommenen Wirtshauses betrat, erschöpft und über alle Maßen angespannt. Ungewollt dachte er an die Waldkatze, die Mara gefüttert hatte, ein Raubtier, schwankend zwischen Flucht und Angriff. Domallen war in der Schlacht verletzt worden, wohl nicht allzu schwer, so aufrecht, wie er sich hielt, sein Gesicht bleich, dunkle Ringe unter den Augen, doch sein Blick war klar, unnachgiebig; er würde nicht fliehen, er nicht.

      „Hauptmann, wie beurteilt Ihr die Lage in den nordöstlichen Provinzen Kalimatans?“

      Für einen kurzen Moment irritiert, eher noch überrascht zog Davian die Augenbrauen zusammen. Domallen wusste, dass sie seit fast zehn Monaten keine Berichte mehr aus den Küstenprovinzen erhielten, jeglicher Kontakt war abgebrochen. Und er selbst war seit mehr als zwei Jahren nicht mehr dort gewesen. „Heikel. Direkt nach der Ermordung Te’ Sirubals und seiner Anhänger waren die Menschen in Lipaicha’an wie gelähmt, Maroks Leute sind äußerst brutal vorgegangen. Ich habe nur grobe Schätzungen, wie viele in den folgenden Monaten ermordet wurden. In der Provinz ist nie Ruhe eingekehrt.“

      „Und heute?“

      „Schwierig einzuschätzen.“

      „Haben wir irgendwen?“

      Vage zuckte er die Achseln, ahnte, worauf die Sache hinauslief. „Drei, vielleicht sogar vier verlässliche Kontakte. Falls sie noch leben.“

      „Wüsstet Ihr, wo Ihr suchen müsstet?“

      Er hatte ihr sein Wort gegeben. „Königliche Hoheit, ich …“

      Domallens Miene wurde hart. „Was? Ihr seid verheiratet, Eure Frau erwartet ein Kind, wollt Ihr mir das erzählen, Gardist?!“

      Davian fuhr nicht zusammen, konnte aber plötzlich verstehen, wie Mara sich manchmal fühlen musste. „Nein. Hauptmann. Bei zweien wüsste ich es, die anderen …“

      „Dann solltet Ihr schnell sein.“ Müde rieb sich Domallen mit der verbundenen Linken über das Gesicht, deutete auf den Stuhl. „Setzt Euch. Davian, ich weiß … Verdammt, ich habe keine Wahl, ich habe nicht viele Möglichkeiten! Dieses Gerede, die Ostländer auf unser Terrain zu locken, ständige Überfälle, Hinterhalte und das alles, schön und gut, das ist eine Strategie, aber …“

      „Es reicht nicht.“

      „Vermutlich nicht, nein. Er hat jetzt an die siebzigtausend Mann in Mandura, und selbst Gènaija, für die Krieg bislang eine Art Gedankenspiel war, fragte mich, ob ich sicher sein könnte, dass das alle wären.“

      Er unterdrückte sein Grinsen. „Habt Ihr ihr geantwortet?“

      „Nein.