bei mir gemeldet?“ Sie zögerte. “Du kennst deinen Ruf. Sie haben nicht nur vor einem möglicherweise fremden Werwolf Angst. Sie fürchten sich auch vor dir.“ Ich verdrehte die Augen. “Okay. Das macht Sinn.“ “Hast du eine Ahnung, wer der fremde Wolf sein könnte?“ Ich zuckte mit den Schultern. “Woher soll ich das wissen? Er hat sich nicht vorgestellt. Du weißt doch, wie Werwölfe sind. Die meisten ziehen von Stadt zu Stadt. Er könnte von überall herkommen. Vielleicht erkenne ich ihn, wenn ich seine Spur aufgenommen habe.“ “Du kümmerst dich also darum?“, fragte Jovana. “Das ist nämlich der nächste Punkt über den ich mit dir sprechen sollte.“ Ich lächelte. “Jeder, der meinen Ruf kennt, sollte wissen, dass ich mir so ein eindringen in meine Stadt nicht gefallen lasse. Ich kümmere mich darum. War´s das?“ “Nein“, sagte sie. “Können wir kurz unter vier Augen sprechen. Ich wollte sowieso mit dir sprechen, nicht nur wegen der Wolfsattacke.“ Ich schaute Violetta an, die bisher stumm unserer Unterhaltung gelauscht hatte. Ich zögerte. Ich wollte sie nicht alleine lassen, andererseits hatte sie natürlich auch recht. Sie war kein kleines Kind und konnte ganz gut auf sich selber aufpassen. “Kommst du alleine klar?“, fragte ich Violetta. “Es dauert auch nicht lange.“ “Glucke“, antwortete sie amüsiert. “Ich werde es schon überleben, wenn du mal fünf Minuten weg bist. Jetzt mach schon! Besprecht, was auch immer ihr besprechen müsst.“ Ich zuckte mit den Schultern. Na, wenn sie das sagt. Jovana führte mich in eine abgelegene Sitzecke und nahm platz. Ich tat es ihr gleich. Gelassen faltete ich meine Hände. Aus dem Augenwinkel behielt ich Violetta im Auge. “Also?“ Jovana schaute zu meiner Mitbewohnerin hinüber. “Musstest du sie hierhin mitnehmen? Sie ist bestimmt ein nettes Mädchen, aber du weißt, was ich von ihr halte.“ Ich grummelte. Jovana hielt Violetta für eine tickende Zeitbombe, wegen ihres Dämonenerbens. Normalerweise sind Halbdämonen nur Menschen mit ein paar Zusatzfähigkeiten, doch Violettas Dämonenelternteil war nicht irgendein Dämon, sondern der König der Hölle... oder Satans rechte Hand... oder Satan selbst. Je nach dem, wen man fragt. Wie auch immer. Leute, wie Violetta sind sehr selten, weil es nicht einfach ist für so mächtige Dämonen in unsere Welt zu gelangen und wenn sie es doch schaffen, bedeutet dies nie etwas gutes. Ein Halbdämon, wie Violetta einer ist, hat nicht nur ein paar Superkräfte, sondern ist wirklich zur Hälfte ein Dämon. Das bedeutet, sie hat den selben Chaoshunger, das selbe Vergnügen am zerstören und die selbe Mordlust. So zumindest die Theorie. Ich hatte mit eigenen Augen gesehen, wie Violetta sich, obwohl sie voll im >Dämonen-Modus< war wieder in den Griff gekriegt hatte, also war ich den Legenden eher skeptisch gegenüber. Ich runzelte die Stirn. “Wolltest du deshalb mit mir unter vier Augen sprechen? Ich dachte, dass wäre längst geklärt. Sie wohnt bei mir und ist Teil der übernatürlichen Welt. Sie muss lernen sich zurecht zu finden, also begleitet sie mich. Wo ist dein Problem?“ “Darum geht es eigentlich gar nicht“, sagte sie, winkte ab und atmete tief durch. “Ich habe einem alten Geschäftspartner vor einiger Zeit 200.000 Euro geliehen. Bisher hat er keinen einzigen Cent zurückbezahlt. Er weigert sich, kommt immer wieder mit Ausreden und Entschuldigungen an und bittet um Aufschübe... Normalerweise wäre das nicht so wild, aber ich habe Geld bei meinen Investitionen verloren und die Steuer sitzt mir im Nacken. Könntest du mir bitte mein Geld beschaffen?“ “Warum holst du dir dein Geld nicht selber?“, fragte ich überrascht. “Du bist doch kein Kind von Traurigkeit.“ Sie lächelte verschmitzt. “Ich mache mir nicht gerne die Hände schmutzig. Das weißt du doch. Außerdem kennst du dich mit solchen Angelegenheiten viel besser aus, als ich.“ Da hatte sie allerdings nicht unrecht. Ich hatte lange als Schuldeneintreiber gearbeitet. Erfahrungen hatte ich in dem Bereich zuhauf. “Ich regele das für dich“, sagte ich. “Gib mir einen Namen und eine Adresse. Alles weitere erledige ich. Wie soll er es abbezahlen?“ “50.000 Euro sofort und den Rest in Raten“, sagte sie und holte einen Zettel und einen Stift hervor. Rasch kritzelte sie mir die gewünschten Daten hin, danach reichte sie mir den Zettel. “Ach das sollten wir auch noch klären“, sagte sie. “Wie hoch ist dein Anteil? 10%? 20%?“ Ich winkte ab. “Du kennst unsere Vereinbarung für solche Gelegenheiten. Ich nehme kein Geld von dir. Das höchste der Gefühle wäre es, wenn du mich zum Essen einlädst, aber du, als Vampirin, isst nichts, also fällt auch das ins Wasser.“ Sie lächelte. “Ich könnte dir aber beim Essen zu schauen.“ Meine Augenbrauen wanderten in die Höhe. “Das klingt ziemlich schräg... wie auch immer. War´s das? Ich habe noch viel zu tun. Ich muss einen Werwolf ausfindig machen und in seine Einzelteile zerlegen.“ “Pass auf dich auf“, sagte Jovana und tätschelte meine Hände, die auf dem Tisch lagen. Ich grinste. “Mach ich doch immer. Ich halte dich auf dem Laufenden.“ Ich schaute zu Violetta hinüber. Was wohl gerade in ihrem Kopf vor sich geht?
Violetta beäugte baff die anwesenden Übernatürlichen. Ist das da hinten eine Fee?, fragte sie sich fassungslos und musterte eine feingliedrige etwa 1,60 Meter große Frau mit Schmetterlingsflügeln auf dem Rücken, die einige Zentimeter über dem Boden flatterte. Unglaublich!, dachte sie. Am Rande ihres Sichtfeldes bemerkte sie, dass Oskar wieder aufgestanden war und auf sie zu kam. Alle im Raum beobachteten ihn. Manche tuschelten leise mit dem Nebenmann, andere rutschten nur unbehaglich auf ihren Stühlen herum. Oskar blieb vor Violetta stehen. “Können wir los?“, fragte er lächelnd. Das alle ihn misstrauisch musterten, schien ihm nicht allzu viel auszumachen. Licht fiel durch eines der großen Fenster auf sein Gesicht. Dadurch konnte Violetta die Narben in seinen Augenbrauen sehen. Je nach dem, wie er den Kopf hielt konnte man auch noch erkennen, dass seine Nase mit Sicherheit einige male gebrochen gewesen war. Unter seinem Wollmantel verbarg sich seine muskulöse Statur, wobei auch hier einem die Narben sofort ins Auge fielen. Als Violetta darüber nachdachte, wurden ihre Wangen warm. “Sicher“, murmelte sie. “Wir können gehen.“ “Ist irgendwas?“, fragte Oskar und seine grauen Augen blitzten. Sie winkte ab und grinste. “Alles bestens. Du trödelst schon wieder. Ich dachte, du wolltest gehen.“ Er lächelte. “Na dann komm.“ Er drehte sich nochmal um und winkte Jovana, dann gingen er und Violetta nach draußen zu seinem Mercedes und stiegen ein. Sie seufzte. “Und was machen wir nun?“ Oskar schaute auf die Uhr. “Die Polizei ist bestimmt fertig mit dem Tatort. Wenn nicht, ist das auch egal. Ich habe ja meine Kontakte. Wir schauen uns jedenfalls den Tatort an und ich versuche mehr Informationen über den Angreifer zu gewinnen.“ “Klingt gut“, sagte sie und lehnte sich zurück. Oskar startete den Wagen und fuhr los.