Allerhand Kreuzköpf. Karl Schönherr

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Название Allerhand Kreuzköpf
Автор произведения Karl Schönherr
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847681410



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wie einem kranken Roß, er möge doch wieder ein Weib freien, der Stumpfl wehrte immer eisig lächelnd ab:

      »Dank, i hab schon ghabt!« Und dabei kniff er seine Äuglein zusammen, als täte ihm das Licht weh.

      Weil aber der Stumpfl das Kittelvolk zur Führung des Hauswesens doch nicht ganz entraten konnte, nahm er sich jeweils eine Wirtschafterin. Sie bemühten sich in der ersten Zeit ihres Einstandes alle gar sehr um Stumpfls Wohlergehen. Bis sie merkten, mit dem Stumpfl komme man nicht weiter. Dann verließen sie mit Geschimpfe den Dienst. Wenn so eine schimpfende Furie wieder abzog, rieb sich der Stumpfl kreuzvergnügt die Hände:

      »Dank, i hab schon ghabt!«

      Erst gestern war wieder eine mit langer Nase abgezogen und heute eine neue mit frischer Hoffnung eingestanden. Die neue Häuserin war eine knallrote, dralle Bauernschönheit. Den himmelblau geblümelten Koffer fuhr ihr der Kühbue des Stumpflbauern auf einem Radlbock durch das Hoftor nach.

      »Bin i da recht beim Thomas Stumpfl?«

      »Ja, so heiß i!«

      »Grüß Gott, Stumpflbauer, i bin die neue Häuserin und heiß Gipflmarie!« So begrüßte sie den Wittiber und reichte ihm ihre kräftige, gut gepolsterte Hand hin.

      »Gutn Einstand, Gipflmarie!« sagte der Stumpfl.

      »Passen nit schlecht aufeinander, die Namen Gipfl und Stumpfl«, lachte die Neue.

      »Guet passen sie«, meinte der Bauer. Die neue Häuserin sah sich in der wohlhäbigen Stube um, dann sagte sie:

      »Mir ist’s da bei Enk so heimelig, als wär i schon drei Jahr da! I mein, der Stumpflbauer und i werden gut auskommen miteinand!«

      »Hoffn wir’s«, meinte das Bäuerlein und kniff seine Äuglein zusammen. »Und wenn wir halt nit gut auskommen, nacher sein wir ja wieder bald auseinander!«

      Gleich am ersten Nachmittag saß die Gipflmarie breit hingegossen auf dem Tisch beim Fenster und flickte dem Bauern eine Hose aus. Heißt das, sie tat nur so, als ob sie täte. Sie hatte sich für diese Schwerarbeit die Ärmel weit über die Ellbogen aufgestülpt. Als der Bauer in die Stube trat und die neu Eingestandene mit seiner Hose quer über dem Schoße sitzen sah, dachte er sich:

      »Holla! Die tappt ein bißl früh auf meine Hosn!« Bei seinem Eintritt begann die Häuserin gewaltig draufloszunadeln; sie fuhr mit der Nadel in weitem Bogen aus, wodurch das Rund ihrer Arme höchst vorteilhaft zur Geltung kam. Dann streichelte sie die Hosenröhren zärtlich über ihren Schoß entlang und schielte nach dem Stumpfl.

      Der schwieg und dachte sich:

      »Teuflment, die geht’s grob an!«

      Vom Tisch weg ging sie geradewegs in die Schlafkammer des Bauern und hielt dort Umschau, ob sein Bett in Ordnung sei. Denn ein gutes Bett sei etwas Gutes, meinte sie und sah den Bauer an. Der Stumpfl sagte ohne jede Anzüglichkeit:

      »Ja, ja; a gutes Bett ist nit schlecht!«

      Sie griff tief in die Strohsackfüllung und zog dann entrüstet die Hand zurück:

      »Na! Das gibt’s einmal nit! So hart laß i mein Bauer nit liegen!« »Mein Bauer«, lächelte der Stumpfl verkniffen: »Da fehlt noch ein Ell!«

      Nachdem sie das Stroh allseits mit zärtlicher Sorgfalt gründlich aufgelockert und geriegelt hatte, setzte sie sich mit einem mächtigen Ruck probeweise mitten auf das Bett hin. Die Bettstatt machte einen ordentlichen Krach, denn sie hatte schon ihr Gewicht, die Gipflmarie. »So, jetzt ist der Strohsack aber butterweich! Will der Stumpfl probieren?« Sie machte ihm neben sich Platz. Aber der Stumpfl gab sich zähe wie ein alter Dreikreuzerwecken und wollte nicht.

      Der Stumpflbauer war beileibe kein Trinker. Nur bei besonders festlichen Gelegenheiten, wenn eine neue Wirtschafterin einstand oder die alte mit Lärm abzog, nahm er das irdene Krügel von der Wandstelle der Küche und holte sich einen Trunk aus dem Keller.

      So saß er auch jetzt abends nach getaner Arbeit vergnüglich zusammengeduckt im fernsten Küchenwinkel und schlürfte mit großem Behagen sein Tröpfl. Die Gipflmarie wusch mit hochaufgestülpten Ärmeln das Küchengeschirr blank und ließ ihre Habichtaugen keinen Augenblick von dem Bäuerlein im Winkel.

      Als die Gipflmarie mit der Küchenarbeit zu Ende war, wischte sie sich vor dem Bauer umständlich ihre fleischigen Arme trocken:

      »So, jetz tragt’s mir auch amal ein Raster!« Dann setzte sie sich neben den Bauer auf die Bank und sagte:

      »Mir ist wahrhaftig so, als kenn i den Stumpfl schon zehn Jahr und noch länger!«

      »Mir ist nit so, Gipflmarie!«

      Da sah ihn die Gipflmarie einen Augenblick spinnegiftig von der Seite an, als wollte sie sagen:

      »Du verleidest mir bald, bockiger Teufel!«

      Sie beherrschte sich aber gleich wieder und hoffte zuversichtlich, die Nacht und der Wein würden schon ihre Kuppler sein. Denn der Stumpfl hatte sich bereits zum zweitenmal das irdene Krügel gefüllt. Seine schlauen Mausaugen erglänzten schon heiter im Weine. Die Gipflmarie dachte:

      »Er schaut jetz schon ganz unternehmlich drein; jetz wird bald ein Feuerl zünden!« Und spielte unverdrossen weiter ihre Trümpfe aus:

      »Bauer, ist ’s Haustor zugsperrt?«

      »Ja, ist zugsperrt!«

      »Und die Knecht sein schlafen?«

      »Ja, sein schlafen!«

      »Dann sein wir ja jetz ganz allein!«

      »Ja, ganz allein, i und die Gipflmarie!«

      Die Gipflmarie ging, wie sie sagte, auf einen Augenblick hinaus und kam bald wieder schmerzlich hinkend zurück; bei jedem Schritt stöhnte sie: »Au, au« und preßte die Zähne aufeinander, um den Schmerz zu verbeißen. Sie schleppte sich mühsam bis zur Bank und ließ sich aufstöhnend neben dem Bauer nieder. Aber der muckste sich nicht.

      »I hab mir im Hausgang das Schienbein angstoßen!«

      Der Stumpfl nahm einen Schluck und sagte: »Oha!«

      »Auweh«, jammerte die Gipflmarie: »Es ziecht mir an’ ganzn Tippl auf!«

      Der Stumpfl nahm wieder einen Schluck und sagte: »Oha!«

      »Was oha!« grollte sie auf. »Glaubt der Bauer vielleicht, daß i lüeg?«

      Und hielt schon die Hand für einen Klaps in Bereitschaft, wenn der Stumpfl bei Besichtigung des Schienbeintippels sie nebenbei etwa ein bißchen in die Wade kneifen wollte. Einem derben, vom Weine erhitzten Bauer war das doch hoffentlich zuzutrauen. Aber der Stumpfl sagte nur:

      »Gipflmarie! I glaub’s, wenn du’s sagst!«

      Es ging der Gipflin nicht in den Kopf, wie ein Bauer in den besten Jahren nur so tappig und fischblütig sein könne.

      »Vielleicht ist er ein Dunkler«, dachte sie sich, »und scheniert ihn nur ’s Licht; es gibt schon solchene Spezi!«

      Dann sagte sie laut:

      »Der Bauer blinzelt all weil, als täten ihm die Augen weh; vertragt der Bauer vielleicht ’s Licht nit?«

      Der Stumpfl dachte sich: »In der Finster kann i leichter abfahren«, und so sagte er unter vielsagendem Augenblinzeln: »Wär freilich gut, wenn ’s Licht aus wär!«

      Da löschte die Gipflmarie mit einem gewaltigen Blaser, der ihren Mund zu einem regulären Dreieck verschob, das Licht aus.

      Der Stumpfl erhob sich mit einem heftigen Ruck von der Bank; er wollte die Tür gewinnen. Aber die Gipflmarie bezog es auf sich.

      »Aha«, dachte sie: »Im Finstern wird er lebendig, so ein Schlankl!« Sie dachte nichts anderes, als daß er sie nun anfassen werde.

      Der Bauer stand aber schon bei der Tür und gähnte breit auf: »Sowie ’s finster ist, werd i schläfrig! Gute Nacht, Gipflmarie!«

      Am