Brain Cloud. Matthias Houben

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Название Brain Cloud
Автор произведения Matthias Houben
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847689737



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in einer Ecke, kein Fernseher, kein Computermonitor, aber Bilder an der Wand. Hotelmäßig.

      Er schaute wieder zu Jimmy, der sich langsam vom Bett erhob und durch den Raum zu wandern begann.

      „Es hat sich viel getan, seitdem du verschwunden bist.“

      Ein kleiner Vorwurf, mit leicht emporgezogener Augenbraue. GAB verspürte jedoch kein schlechtes Gewissen. Er hatte seine berechtigten Gründe gehabt, aus dem Projekt auszusteigen. Und die Art und Weise blieb sein Problem.

      „Unsere neuen Partner haben sofort die Möglichkeiten erkannt und sind mit enormen Ressourcen eingestiegen. Ich kann dir sagen mit wirklich fast unbegrenzten Ressourcen.“

      Was GAB ja zu spüren bekommen hatte.

      „Militär?“

      Ein nur so dahinvermuteter Verdacht, aber wie GAB es schien, durchaus begründet. Sein rechter Arm schmerzte leicht, sein Schädel brummte, sein Rücken spürte sich mehrfach durchbrochen an, von seinem Geschmack im Mund nicht zu reden.

      Jimmy wiegte den Kopf hin und her, hob die Schultern leicht an und blickte zur Decke.

      „Nun ja, wir haben das Konzept leicht verändert, in die Rezeptorentechnik richtig investiert und neue Versuchsreihen anlaufen lassen.“

      GAB verspürte bei dem Wort Versuchsreihen ein leichtes Ziehen im Nacken, und alte Erinnerungen wurden hochgespült.

      „Was soll ich sagen. Es haben sich Erfolge eingestellt, mit denen ich so schnell eigentlich nicht gerechnet hatte.“

      GAB musste grinsen, „Aber irgendwas ist schief gegangen?“

      Auch damals war etwas schief gegangen und hatte ihn bewogen auszusteigen.

      Jimmy hatte noch nicht geantwortet und setzte seine Runde im Zimmer fort.

      Zwei Meter Mensch mit hundertdreißig Kilo Lebendgewicht, wenn es nicht mehr geworden waren, ein wenig verrückt, vielleicht sogar durchgeknallt und zudem bekennender Verschwörungstheoretiker.

      In seiner Arbeit aber zielgerichtet und schlicht genial.

      Schon fast zu genial, wie GAB hatte erfahren müssen.

      „Am besten siehst du es dir an, beurteilst die Ergebnisse und sagst mir, was du davon hältst, ob ich richtig liege.“

      Auf vollkommen freiwilliger Basis, wie es schien. GAB reckte sich und stand leicht schwankend vom Bett auf, wechselte in tapsigen Schritten hinüber zur Sitzecke und ließ sich auf die Couch plumpsen.

      Das war wirklich das Letzte, was er sich hätte vorstellen können, wieder in das Projekt eingebunden zu werden, gezwungen zu werden.

      „Warum der irre Aufwand? Man hätte mich auch anrufen können, wenn man mich schon gefunden hat.“

      Er versuchte den Vorwurf in seiner Stimme abzumildern, was aber kläglich misslang. Er war nicht verärgert, er war stinksauer. Entführt und verschleppt wie in einem guten oder schlechten Thriller.

      „Wärst du denn freiwillig gekommen?“

      Eine berechtigte Frage, die GAB innerlich wahrheitsgemäß für sich beantwortete, mit Sicherheit nicht. Nie und nimmer.

      Jimmy konnte seine Gedanken lesen und grinste ihn an.

      „Die Art der Einladung war nicht meine Idee und entsprach nicht ganz meinen Vorstellungen, aber sie ist effektiv gewesen, nicht wahr.“

      „Und wenn ich mich weigere?“

      Jimmy schüttelte den Kopf, sah wieder hoch zur Decke und antwortete: „Schau es dir erst mal an.“

      Dann mit einem leichten Lächeln. „Du wirst fasziniert sein.“

      Was eigentlich das Letzte war, was GAB im Moment sein wollte.

      Mark der Schläfer

      GAB hatte gegessen, unruhig geschlafen, danach geduscht, in dem fensterlosen Raum jedwedes Zeitgefühl verloren, einmal an der verschlossenen Tür gerüttelt, den Kopf geschüttelt. Er hatte nicht bemerkt, dass die nette junge Dame, die ihm das Essen gebracht hatte, seine Tür wieder abgeschlossen hatte.

      Jetzt saß er auf der Couch, in seinem Teameinteiler, grau und blau mit irgendwelchen Abzeichen und einem von der Brust baumelnden Ausweis ohne Bild und schaukelte mit seinem Kopf, als gehöre der nicht ihm.

      Vollkommen verrückt und abgedreht.

      Man hatte ihm Unterlagen auf den Tisch gelegt, die er überflogen hatte. Das meiste hatte er wiedererkannt, wenn auch vieles extrem verbessert und abgeändert worden war. Das Grundprinzip war bestehen geblieben.

      Eigentlich auch vollkommen verrückt und abgedreht.

      Und er hatte es von Anfang an mitentwickelt, bis seine erste eigene Testphase ihn umgestimmt hatte.

      Damals war er kurz entschlossen ausgestiegen, jetzt hatte man ihn wieder mitten hineinverfrachtet, ohne zu fragen, dabei den Arm leicht verdreht. „Sie sind doch bereit, mit uns zusammenzuarbeiten?“

      Rein in den SUV und ab irgendwohin.

      Kompletter Realitätsverlust, Vergangenheitsbewältigung auf die besondere Art.

      GAB war froh, als Jimmy den Raum betrat und die Türe nicht wieder hinter sich abschloss, wie GAB bemerkte.

      „Und?“

      „Tja.“ GAB breitete die Arme aus, was sollte er sagen?

      „Mir scheint, ihr habt ein mächtiges Problem.“

      Was er selbst nach dem Überfliegen der Unterlagen für untertrieben hielt.

      Aber Jimmy brummelte die Bestätigung. „Weiß ich schon länger.“

      Er folgte Jimmy hinaus in den Flur, vorbei an grauen Türen, hinein in eine kreisrunde, lichtdurchflutete Halle mit einem Urwald von Topfpflanzen vor einem Springbrunnen, von der sternförmig andere Flure abzweigten.

      Ein mächtiger Komplex. Nicht zu vergleichen mit ihren damaligen Anfängen. Da hatte wirklich jemand kräftig investiert.

      Ab und zu begegneten ihnen andere Mitarbeiter mit Unterlagen unter dem Arm oder fahrbare Tische vor sich her schiebend, auf denen unterschiedlichste Gerätschaften klingend und klirrend transportiert wurden.

      Jimmy wurde respektvoll gegrüßt, GAB neugierig gemustert.

      „Hier hinein!“ Jimmy hielt ihm eine Tür auf, die in einen hellen Raum führte, auf der ein junger Mann auf einer Liege lag.

      Zwanzig bis Mitte Ende zwanzig, schmal und schlaksig, lag er in seiner Kombi da. Das Stirnband um den Kopf, aus seinen Armen führten dünne Plastikschläuche zu den Versorgungsbeuteln.

      GAB war ein wenig schockiert.

      „So lange schon?“

      Jimmy nickte nur.

      Künstliche Ernährung, Aufbau des Flüssigkeitshaushaltes und was sonst noch medizinisch geboten war, für jemand, der längere Zeit abwesend war.

      „Elf Tage und neun Stunden.“ Jimmy zuckte mit den Schultern.

      Eine Feststellung die nur GAB richtig zu beurteilen vermochte.

      „Der bisher Beste, wenn man von dir absieht.“

      Irgendetwas musste passiert sein, dass er nicht wieder zurückgekehrt war. Aus den Unterlagen mit ihren nüchternen Berechnungen, Diagrammen war das ohnehin ersichtlich gewesen. Aber hier zu stehen und auf das blasse Gesicht zu starren war etwas anderes.

      „Er hat alle Tests bestanden?“

      Jimmy zuckte wieder mit den Schultern. „Mit Bravour.“

      Der junge Mann atmete ruhig und entspannt, seine Brust hob und senkte sich bei den Atemzügen, sein Gesicht