Potpourri des Bösen. Eva Markert

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Название Potpourri des Bösen
Автор произведения Eva Markert
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738001990



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Zwei Limettenscheiben verzierten den gezuckerten Rand.

      „Wenn Sie es schaffen, dieses Glas ex zu trinken, nenne ich Ihnen das nächste Ziel.“

      „Kein Problem.“ Timo setzte an. Der kühle Drink schmeckte säuerlich und erfrischend. Er trank in durstigen Schlucken.

      „Geschafft.“ Ihm war ein wenig schwindlig. Das Zeug hatte es anscheinend in sich!

      Der Mann griff in seine Jackentasche. „Hier habe ich was für Sie.“ Er gab ihm eine Karte: „Hervorragend! Sie sind dem Schlüssel zum Paradies ein Stück näher gekommen. Gehen Sie nun zum Garten Eden.“

      „Garten Eden? Das kenne ich nicht.“

      Der Mann zwinkerte ihm zu. „Es ist nicht weit, in der Kastanienallee. Sie werden nicht enttäuscht sein.“

      Kurze Zeit später stand Timo vor einem flachen, weißen Gebäude, das etwas abseits der Straße lag. An der Eingangstür hing ein messingfarbenes Schild:

       Garten Eden

       Massagesalon und Saunaclub

      Er läutete. Ein dunkelhaariges, exotisch aussehendes Mädchen öffnete ihm die Tür.

      „Guten Tag“, sagte Timo, „ich nehme an der Paradiesrallye teil.“

      Sie strahlte ihn an. „Ich bin Maja. Tritt ein. Du bist mein Gast.“

      Timo sah sich in dem großzügig gestalteten Eingangsbereich um. Überall standen Grünpflanzen. Eine Treppe mit einem verschnörkelten, goldverzierten Geländer führte nach oben.

      „Du darfst nun wählen“, fuhr Maja fort. „Möchtest du in unserer Sauna entspannen oder wünschst du eine Spezialmassage?“

      Da brauchte Timo nicht lange zu überlegen. Natürlich wünschte er die Massage!

      Maja nahm ihn mit in ein kleines, halb verdunkeltes Zimmer, das eher an den Behandlungsraum eines Masseurs erinnerte. Timo streckte sich auf der bequemen Liege aus.

      Maja hatte nicht zu viel versprochen. Ihre Massage war tatsächlich sehr speziell. Mit langsamen, trägen Bewegungen kneteten ihre Hände seinen Körper. Und sie ließen keine Stelle aus. Eine Welle der Lust nach der anderen überrollte ihn. Er keuchte, bäumte sich auf, genoss so intensiv, dass er Regenbogenfarben sah.

      Kurz bevor er nicht länger an sich halten konnte, ließ Maja ihre Hände sinken. Frustriert stöhnte er auf. Sie neigte sich zu ihm herunter und raunte in sein Ohr: „Du bist nun gut vorbereitet auf das, was noch kommt.“

      Auf der Karte, die sie ihm zusteckte, war zu lesen: „Sie stehen kurz davor, den Schlüssel zu erringen. Suchen Sie nun das Paradies der Lüste auf die vorletzte Hürde auf Ihrem Weg.

      Was für ein Zufall! Timo unterdrückte ein Grinsen. Wenn die wüssten, dass er dort Stammkunde war! Zwar entsprach der düstere, billige Sexshop nicht seinem Stil, doch er gehörte zu den wenigen Eingeweihten, denen unter dem Ladentisch diese exklusiven Videos zugesteckt wurden. Videos, die jeden Cent ihres beträchtlichen Kaufpreises wert waren. Keine Szene war gestellt, sogar das Ende echt. Er brachte sich gern damit in Stimmung, bevor er sich ins Nachtleben stürzte.

      „Auf Wiedersehen.“ Maja steckte ihm zum Abschied eine weiße Blüte ins Knopfloch. „Dein Erkennungszeichen“, sagte sie, hauchte ihm einen Kuss auf die Wange und öffnete die Tür.

      Die Straße war leer bis auf einen Mann, der auf der anderen Seite lief. Immer noch ganz benommen schlenderte Timo den glühend heißen Gehsteig entlang.

      Bis zum Paradies der Lüste war es nicht weit. Timo blickte sich um. Auf keinen Fall wollte er dort gesehen werden. Es wäre zu riskant. Nicht auszudenken, wenn man ihn in Verbindung brächte mit Ginas Tod und ...

      „Guten Abend!“

      Er fuhr zusammen. Eine Frau mit blutrot geschminkten Lippen und wilder blonder Mähne, offenbar eine neue Verkäuferin, stand vor dem Geschäft. Mit tonloser Stimme wisperte sie: „Dieses Präsent soll ich Ihnen überreichen.“ Sie drückte ihm etwas in die Hand. „Es ist eine Spezialmischung. Wirkt garantiert.“

      Auf dem Etikett war ein erigierter Penis abgebildet. Rasch wollte er die kleine Flasche in seiner Hosentasche verschwinden lassen.

      „Halt“, flüsterte die Frau, „nicht so schnell! Erst wenn Sie das Fläschchen vor meinen Augen leer getrunken haben, geht die Paradiesrallye für Sie weiter.“

      Sie beobachtete ihn, während er den Verschluss abdrehte und die leicht bittere, rote Flüssigkeit trank. Der Geschmack erinnerte an Cranberrysaft. Auf jeden Fall bewirkte die Mixtur etwas. Fast augenblicklich spürte Timo, wie es in seinem Unterleib warm zu pochen begann.

      Die Frau gab ihm eine Karte. Hastig las er die Botschaft: „Wenn Sie die nächste Prüfung bestehen, werden Sie in den Besitz des Schlüssels gelangen – im Paradies der Sinnlichkeit.“

      Diesen Namen hatte er schon mal gehört. Soweit er sich erinnerte, war das eine Peepshow in der Nähe des Hauptbahnhofs.

      So zügig wie möglich eilte er die Straße entlang. Sonnenlicht stach ihm in die Augen. Der klebrige, angeschmolzene Asphalt atmete Hitze aus und die Luft stank nach Abgasen. Abgekämpfte Menschen mit schweißverklebten Haaren kamen ihm entgegen. Jeder war jedem im Weg, Gereiztheit zündelte an allen Ecken und Enden.

      Suchend blickte er sich um. Da war das Schild: Paradies der Lüste. Im grellen Sonnenlicht fielen die rot blinkenden Buchstaben kaum auf.

      Eine Frau fing ihn vor den Kabinen ab. Vielleicht war es dieselbe wie die vor dem Sexshop. Aber so genau hatte er nicht hingesehen. Zumindest trug sie auch einen Minirock, der ihre schlanken Beine und ihren runden Po auf vorteilhafte Weise betonte. Allerdings hatte diese Frau schwarzglänzende, kurzgeschnittene Haare. Oder war es eine Perücke?

      Stumm drückte sie ihm einen tickenden Küchenwecker in die Hand und einen Zettel: „Kommen Sie unverzüglich heraus, sobald Ihre Zeit abgelaufen ist!“

      In der schummrigen Kabine vor dem erleuchteten Fenster geriet Timo wieder ins Schwitzen. Auf dieser Rallye wurde zweifellos einiges geboten. Das Mädchen auf dem mit rotem Samt gepolsterten Podest präsentierte ihren Körper in den aufreizendsten Posen. „Wenn ich bloß an sie herankäme“, dachte er, „mit ihr würde es klappen, auch ohne Tricks und harte Bedingungen.“

      Jetzt hatte er den besten Blick. Das Mädchen öffnete die Schenkel langsam und unglaublich weit. Dabei lächelte sie. Er sah mitten in sie hinein. Timo konnte sich nicht länger zurückhalten. Seine Hose fiel, mit heißer Hand umschloss er seinen Penis.

      Genau in diesem Augenblick schrillte der Wecker. Nein, er konnte nicht gehen. Noch nicht. Das Mädchen begann, mit dem Becken zu wippen. Er rieb schneller, schneller, fester, fester, mit aller Kraft. Sein Penis zuckte. Timo stöhnte. In hohem Bogen schoss es aus ihm heraus. Für einen Moment wurde ihm schwarz vor Augen.

      Wieder draußen versuchte er tief durchzuatmen und blickte sich um. Die Frau im Minirock war fort. Seine Enttäuschung ernüchterte ihn schlagartig. Hatte er das Spiel verloren, weil er sich nicht beherrschen konnte? Musste er aufgeben, so kurz vor dem Ziel?

      Auf dem Boden entdeckte er etwas silbrig Glänzendes. Ein Schlüssel! Timo hob ihn auf. Eine Karte war nicht dabei.

      Er betrachtete den Schlüssel von allen Seiten. In das Metall waren die Ziffern 382 eingeprägt. Zu welchem Schloss mochte er gehören? Wie ein Haustürschlüssel sah er nicht aus. Auch nicht wie ein Briefkastenschlüssel. Aber natürlich! Das war die Lösung! Wahrscheinlich konnte man ein Schließfach damit öffnen. Der Hauptbahnhof lag ja direkt um die Ecke.

      Die Großstadtmenge schob ihn zum Bahnhofsgebäude. Stockend wanden sich Reisende in Schlangen aneinander vorbei durch die Halle. Nahe den Schließfächern verliefen sich die Menschen, und in dem Gang, der zu Nummer 382 führte, war er allein bis auf einen Mann, der nicht weit von ihm vor einem Schließfach stand.

      Er fragte sich, warum seine Hände so