Blut für Gold. Billy Remie

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Название Blut für Gold
Автор произведения Billy Remie
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783752923964



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da nicht die Meuchler, die man auf sie angesetzt hatte. Aber solange Elmer ihnen Schutz bot – und solange Darcar diese wandelnden Schatten noch nicht selbst gesehen hatte – fühlte er sich eigentlich recht sicher.

      »Das Wasser ist bereit«, riss Elmer ihn aus seinen Gedanken. Er kam in den Laden und schloss gerade die Haustür. »Kommt!«

      Er winkte sie in die Küche und sie folgten ihm wie Entenküken der Mutter. Die Wanne stand in der Mitte des schmalen Raumes und ließ nur wenig Platz. Das Wasser dampfte und roch nach Gewürzen.

      »Ein Kräuterbad«, erläuterte Elmer, als er ihre fragenden Blicke und ihr Schnüffeln bemerkte. Er grinste sie stolz an. »Hat meine Großmutter immer für uns gemacht, wenn einer mal eine Lungenentzündung hatte.«

      Veland kletterte auf einen Küchenstuhl. »Wie viele Brüder hattest du, Elmer?«

      »Sechs!«, antwortete Elmer stöhnend. »fünf ältere, einen jüngeren.«

      »So viele!« Veland staunte nicht, er dachte wie immer stirnrunzelnd darüber nach, fast als träumte er plötzlich davon, wie es wäre, mit so vielen Geschwistern zu leben.

      »Komm!« Darcar packte ihn sanft an seinem Pullover. »Geh du zuerst, ja?«

      »Ihr könnt beide gehen«, meinte Elmer fröhlich und sah in den Kessel, der auf dem Ofen stand. Er machte noch mehr Wasser heiß, um nachgießen zu können. »Die Wanne ist groß genug.«

      Das war sie in der Tat, doch Darcar stockte plötzlich nervös. Nicht wegen Veland, er hatte Veland ständig gebadet, vor allem seit Mutter tot war und Magda alle Hände voll zu tun hatte, den kränklichen Evi zu umsorgen. Nein, er stockte, weil er sich nicht vor Elmer ausziehen wollte. Nicht in dessen Gegenwart… Darcar wusste nicht, was das mit ihm machen würde…

      Während er wie erstarrt war, hatte Veland sich bereits routiniert ausgezogen und stieg in die Wanne, froh darüber, dass er auch mal als Erster baden durfte. Normalerweise war er immer erst nach Darcar dran, so war es in jedem Haushalt Sitte, die Ältesten durften zuerst.

      »Bist du schon wieder zu schüchtern?«, neckte Elmer ihn.

      Veland, der in der Wanne hockte und durch die Hitze ganz rot anlief, starrte zu Darcar auf, plötzliches Wissen im Blick. Sorgenvoll runzelte er die Stirn.

      Darcar riss sich zusammen, V sollte nichts in sein Zögern hineininterpretieren. »Nein«, sagte er und begann sich fahrig auszuziehen, dabei zitterten seine Hände vor Anspannung.

      »Ich hole euch frische Sachen, sind nur kratzige Lumpen von mir, aber sie sind sauber und warm«, sagte Elmer, und Darcar war erleichtert, dass er ging.

      Doch als Elmer sich an ihm vorbeidrückte und Darcar gerade bis auf die Unterhose ausgezogen war, stockte dieser und blieb so dicht an ihm stehen, dass Darcar seine Körperwärme spüren konnte.

      »Oh verdammt, das sieht man ja immer noch.«

      Darcar zuckte heftig zusammen, als Elmers Finger ihn an seiner Hüfte berührten.

      »Tut das noch sehr weh?«, fragte dieser sofort besorgt und strich zärtlich über den violetten Bluterguss.

      Darcar schluckte hart, versuchte, den Kopf zu schütteln. Seine Kehle war wie zugeschnürt.

      »Kalt, hm?« Elmer lächelte zaghaft. »Entschuldige, ich habe immer kalte Finger.« Er beugte wieder den Kopf und umrundete Darcar prüfend, strich über jeden verdammten Bluterguss, über Nieren und über der Rippengegend, auf dem Rücken und dem Bauch. Darcar bekam keine Luft mehr und kämpfte verbissen gegen seine starke körperliche Reaktion. Den Kampf gegen die Gänsehaut verlor er jedoch.

      Elmers Berührung tat weder weh, noch war sie zu kalt. Sie war sogar sehr warm, sehr zärtlich – und die erste Berührung, die nicht von einem Familienmitglied kam.

      »Diesen Fleck hier cremen wir lieber nach dem Bad noch einmal ein«, entschied er dann und ließ so abrupt von Darcar ab, dass dieser sich vorkam, als würde er plötzlich taumeln.

      Elmer ging nach unten, die Kellertreppe knarzte. Aber Darcar brauchte noch einen Moment, ehe er die Hose auszog und dann zu V ins Wasser stieg, wobei er mit einer Hand seinen Schambereich bedeckte.

      Veland starrte auf die Wasseroberfläche, während er sich langsam mit einem Stück Seife, das in Griffweite auf dem Tisch gelegen hatte, unter den Achseln wusch.

      »Ich mag Elmer«, sagte er auf einmal.

      Darcar runzelte die Stirn, er saß V mit eingezogenen Knien gegenüber. »Ich weiß. Ich auch.«

      Der Dampf öffnete die Poren auf ihren Gesichtern, Schweißperlen glänzten auf ihren Oberlippen.

      »Ja.« Noch immer sah Veland nicht in Darcars Gesicht. »Ich meine nur, ich … würde gerne hierbleiben.«

      »Ich habe nie gesagt, dass wir gehen.« Darcar wunderte sich. »Es liegt in Elmers Hand, ob er uns bei sich haben will oder nicht.«

      »Aber vielleicht will er uns nicht mehr, wenn …« V brach ab, sah schuldbewusst in Darcars Augen, aber schlug den Blick sofort wieder nieder. Er fügte murmelnd hinzu: »Bitte verlieb dich nicht…«

      Darcar konnte es nicht glauben, starrte ihn mit offenem Mund an. »Das wird nicht passieren!«, zischte er.

      »Ja. In Ordnung. Ich wollte…«

      »Was wolltest du?«, blaffte Darcar ihn an. »Weißt du, wie verletzend das gerade war?« Als ob es seine Schuld wäre, wenn andere ihn wegen dem, was er war, verachteten! Wie konnte V so etwas zu ihm sagen? Nach allem.

      Sein kleiner Bruder biss sich auf die Lippe, hatte Tränen in den Augen. »Tut mir leid, Darc. Ich will nur so gern bleiben… wo sonst sollen wir jetzt hin…?«

      Darcar versuchte, ihn zu verstehen. Dennoch war er wütend.

      Sie badeten schweigend, wobei Darcar sich nicht wusch, weil er V ignorierte und nicht nach dem Stück Seife fragen wollte. Er hatte einen Ellenbogen auf den Wannenrand gestützt und das Kinn auf den Handballen gelegt. In sich versunken starrte er aus dem Fenster und versuchte eisern, die Tränen zurückzuhalten. So … falsch wie in jenem Moment hatte er sich nur selten gefühlt. Als ob mit ihm etwas nicht in Ordnung wäre. Und er grollte V dafür, dass er ihm dieses Gefühl gegeben hatte. Dass er ihm das Gefühl gab, etwas verheimlichen zu müssen, weil etwas schlecht, etwas nicht normal an ihm war.

      Elmer kam zurück, nachdem er ihnen ein paar Sachen ausgesucht hatte. Falls er sich wunderte, dass niemand mit ihm sprach und die Luft vor Ärger knisterte, ließ er es sich nicht anmerken. Er machte Wasser heiß und goss hin und wieder etwas davon nach.

      Veland stand irgendwann auf, seine Haut war rosig und sauber, aber lange hatte er nicht gebadet. Er trocknete sich selbst ab und versank dann in einem von Elmers Pullovern und Unterhose. Mit einem Handtuch auf dem Kopf ging er aus der Küche, um zu lesen. Obwohl er Darcar noch einen flehenden Blick zuwarf, erwiderte dieser ihn nicht.

      »Alles in Ordnung?«, wagte Elmer zu fragen, als sie allein waren.

      Darcar brummte nur, sah ihn nicht an.

      Elmer lehnte sich zur Seite, dabei sah er aus wie ein halb abgesägter Baum, und suchte Darcars unergründlichen Blick. »Bist du noch böse wegen gestern?«

      Stirnrunzelnd wandte Darcar ihm das Gesicht zu. Die grünen Augen trafen ihn unvorbereitet. Er schüttelte den Kopf.

      Das erleichterte Elmer, denn er atmete auf und brachte sich wieder in die Gerade. »Gut, das freut mich.« Er krempelte seine Ärmel nach unten. »Ich habe nicht nachgedacht. Es tut mir wirklich leid, ja?«

      »Schon gut.« Darcar wollte gar nicht mehr darüber sprechen, er faltete die Hände unter dem Wasser in seinem Schoß und starrte auf die sanften Wellen, die er dabei in der Wanne verursacht hatte.

      »Ich wollte dich damit nicht kränken«, fuhr Elmer fort und zog sich wie befürchtet den Pullover aus.

      Darcar schloss schluckend die Augen, konzentrierte sich darauf,