Helmut Lauschke

Список книг автора Helmut Lauschke


    Namibia - The difficult Years

    Helmut Lauschke

    Heavy mortars started shooting hard volleys from the camp with ear-splitting noises. The theatre room was shaking and the instruments jingled on the instrument table after each round. «That is really like war», Lizette said when the impacts were heard not far away. The twitch of fear flickered over her pale face. I did not think otherwise when I said that shootings at this time were rather normal, but that one would get used to it. «But these are bad news», Lizette replied and I agreed silently. The operation was finished and the bandages were put on. The patient was lifted onto the trolley and carried to the recovery room. I thanked the staff for its cooperation.
    The doctors left the theatre room for the small tea room when a missile whizzed so close over the corrugated roof that the whole theatre building was shaking. The asbestos boards in the ceiling creaked and crunched and the windows rattled. The toilet door slapped against the wall and the exit door banged into the lock. The nurses ran nervously in the corridor up and down, while I thought of the last decisive battle when much was at stake for the whites. These were the words of the brigadier he said in a morning meeting. Regarding the final stage he brought the allegory with the volcano that could erupt at any time. It became clearer with each day that the white painted and white blinded apartheid had reached its brink. We changed the clothes and left the theatre building. The face of Lizette was pale, since the missile had 'whizzed' deep into her mind. We parted at the back entrance to the outpatient department. Lizette had not finished the sentence in which she mentioned the word 'future'. I went to consulting room 4 to see some patients before lunchtime. The waiting benches were fully packed.
    The reader is confronted with the various aspects of the work performance under compromised and often critical conditions, and with the various conflicts between the truth and the temptations of untruth.

    Kobe, einer von vielen

    Helmut Lauschke

    Kobe. Das Lager reißt die letzte Würde von den Körpern. Der Schmerz sprengt die letzte Hoffnung aus den Köpfen, er magert und zerfurcht die Gesichter. Osaro. Dabei wollten wir der Armut und dem Hunger entkommen, was dem Leben abträglich ist. Tayo. Es stimmt: Das ist kein Leben mehr, hier wird man noch verrückt. Was sind wir doch für arme Hunde, die sich abrichten lassen ohne zu beißen, wenn sie nur etwas zu kauen und einen Schlafplatz bekommen. Noch hängt an den Körpern etwas Fleisch, das wird sich ändern, wenn uns die Arbeit in die Erschöpfung treibt. Aren. Das, wie wir hier in der stinkenden Enge als verkaufte Ware leben, das wirst du deiner Mutter nicht sagen, wenn du sie in Ehren hältst. Sie würde sich zu Tode grämen, wenn sie erfahrt, dass du die Überfahrt nach Europa nicht angetreten hast, weil dir das Geld vorher ausgegangen war. Osaro. Ich schäme mich vor meiner Mutter, die mir ihr erspartes Geld für die Reise gegeben hat. Was wird sie denken, wenn sie erfährt, dass ich noch in Afrika bin und das ganze Geld ausgegeben habe? Kobe. Nun sind wir alle gleich, denn als Bettler ohne Geld sind wir in die Sklaverei verkauft worden. Es ist ein Tatbestand, wie er schlimmer nicht sein kann. Da spielt es keine Rolle, ob es die Hoffnung auf ein besseres Leben gibt, ich meine ein Leben, in dem der Wert und die Würde des Menschen noch zählt. Tayo. Auch ich kann es meiner Mutter nicht sagen, dass mir der Wert des Menschen weggenommen wurde, sie würde es nicht verkraften, wo doch im Dorf seit Jahren die Trockenheit herrscht und es nur wenig zu essen gibt. Die Geschwister würden mich fragen, wo ich denn das ganze Geld gelassen habe. Wenn ich ihnen sagen würde, in Afrika, dann würden sie es nicht glauben. Kobe. Es bleibt die Schande, als Mensch in die Sklaverei verkauft worden zu sein. Meine Mutter hatte mich als Mensch zur Welt gebracht, und ich schaffte es nicht, ein Mensch zu bleiben. Diese Schande geht von mir nicht mehr weg. Aren. Es waren der Hunger und die Armut, dass ich das Dorf verließ, und jetzt bin ich der verlorene Sohn, der nicht zurückkehren kann, weil er außer dem Geld auch seine Ehre verloren hat. So ein Sohn hat seinen Platz in der Familie verwirkt. Aren. Es ist das Schicksal der Menschen Afrikas mit der großen Armut und dem Hunger, wenn die Mütter in härtester Arbeit die Familien durchzubringen haben. Sie sind in ihrer Selbstlosigkeit und stillen Tapferkeit die wahren Heldinnen dieser Zeit. Obinna. Mich fesselt der Traum, in den Mutterleib zurückzukehren, zumindest für die Zeit, bis draußen die Bedingungen für ein Leben ohne Armut und Hunger gegeben sind. Adil. Es sollte anders sein, aber es fehlen die Menschen mit Mut und Charakter, die in die Misere blicken und die Ursache erkennen, und weil die Problemlösung die höchste Dringlichkeit hat, die beherzten Schritte zur rechten Zeit tun. Das Dilemma ist die Folge des fehlenden Mutes, wenn ganz oben steht der Wert des eigenen Gutes, aber nicht die Achtung und Pflege der Ethik und Toleranz und der schlichten Menschlichkeit.

    Gesichts-, Charakter- und andere Züge

    Helmut Lauschke

    Den Menschen fröstelte es außen in ihrer dürftigen teils zerlumpten Kleidung und innen durch die Ungewissheiten mit seinen hereinbrechenden Folgen wie ein großes Unwetter. Die Menschen kamen sich verraten und verloren vor. Das sah man ihren herben Gesichtszügen an. Sie kamen sich so verloren vor, dass sie gar nicht mehr sprechen wollten über die Verlorenheit. Der Regen wurde stärker und das Wetter trüber, als die Glocke der Elisabethkirche läutete. Die Tür zur Sakristei stand halb offen, dass die Stimmung aus dem Kirchenraum zu verfolgen war. Der Organist drückte energisch in die Tasten und Pedale für ein kurzes, kurvenreiches Vorspiel, das zur Intonation des ersten Liedes führte. In der zweiten Woche nach dem Krieg fragt der russische Stadtkommandant den ehemaligen Breslauer Superintendenten: «Sind Sie stark genug, mir einen Fehler zu nennen, den Sie für den markantesten halten?» Eckhard Hieronymus: «In den letzten Monaten des Krieges bin ich Mitglied der NS-Partei geworden, um das Leben meiner Frau und meiner Tochter aus der akuten Gefahrenzone zu bringen. Meine Frau ist Halbjüdin und meine Tochter ist Vierteljüdin, was reichte, um ihr die Immatrikulation an der Breslauer Universität zu verwehren. Vor Gott habe ich gesündigt, weil ich eine Verbindung mit der Partei der Besessenen, der Grausamen und der Mörder eingegangen bin. Das ist mein größter Fehler, mit dem ich zu leben und zu sterben habe.» Kommandant: «Wenn es so ist, dann sind Sie doch zu diesem Schritt gezwungen worden. Stimmt das?» E. H.: «Das stimmt. Ich wurde über sechs Stunden von der Gestapo in Breslau verhört, und es stand schlecht um mich. In derselben Nacht kam es zu einem Treffen mit dem Doppelagenten, demselben Mann, der den Vorsitz beim Verhör am Nachmittag hatte. Ihm zur Rechten saß ein fanatischer Nazi, ein Studienrat mit dem goldenen Parteiabzeichen. Bei dem Nachtreff sagte der Doppelagent, dass dieser Beisitzer erpicht sei, mir die Volksverhetzung und Staatszersetzung anzuhängen, um mich in ein Konzentrationslager abzuschieben. Das wäre für meine Frau und Tochter das Ende gewesen, wenn ich von den Dingen absehe, die mich im KZ erwarteten. Ich hoffe, Sie können die besonderen Umstände ermessen.» Kommandant: «Ja, ich kann die Umstände ermessen, Sie steckten in der Sackgasse zwischen Leben und Tod.» Boris Baródin: «Die Brücken der Kunst werden von den Gefühlen der Freude und des Glücks sowie des Leides und der Trauer überquert. Das Fundament, auf dem sich die Brückenbögen von einer Seite zur anderen spannen, das ist die Hoffnung mit dem tiefen Wissen, dass wir zusammengehören und jeder von uns Teil der großen Völkerfamilie ist und seinen Beitrag zu leisten hat. Wir wollen den Mitmenschen als Mitglied der großen Familie wieder achten, ihm auf die Beine helfen, wenn er in Not ist, und mit ihm das Leben teilen, ob in guten oder schweren Zeiten.»

    Nimm die Nacht

    Helmut Lauschke

    Abschied von der Heimat: Die Domglocke schlug drei Uhr morgens, als es an der Tür klopfte. Ein Mann überreichte einen zusammengefalteten Zettel und sagte, dass Ludwig und Martha Lorch mit dem Fluchtwagen Breslau passiert hätten. Der Mann hatte es eilig und lehnte die angebotene Tasse Tee dankend ab. Beim Verlassen der Haustür drehte er sich noch einmal um: «Wir werden uns wohl nicht wiedersehen. Ich wünsche Ihnen für ihre Flucht alles Gute. Mögen Sie den Weg in die Zukunft, die wir nicht kennen, aber fürchten, heil überstehen.» Leben wurden geopfert für ein Vaterland und seine Menschen im Zweifel schwindender Hoffnung. Der Sohn war verschollen. Ein Brief wurde in der Uniformtasche gefunden und mit dem Brief der Tod gesichert, der große Begabungen und noch größere Hoffnungen mit dem Sohn begraben hat. Die Mutter verlor den Sohn und konnte es nicht fassen. Tränenfluten überzogen ihr Gesicht, dass noch nach Jahren Rinnsale über die Wangen zu den Mundwinkeln flossen. Jung war das Leben, als der Tod nach ihm und seine Unschuld griff. Frauen und Mütter standen über Jahre schweigend zusammen und weinten am selben Platz. «Doch weinen könnt ihr, wie ihr wollt. Das Leben kommt nicht wieder, wenn der Sohn gefallen ist.» Böen wehten die weggebrochenen Hoffnungen mit dem gefallenen Laub davon. Träume blieben am Boden liegen, wo einst Jugend sprang und klopfte. Nun ist's da totenstill. Abend: Wenn das Licht auf dem Rückzug zum Horizont sich verstreift, dann trägt die Verdämmerung die Frage nach dem Wert des gewesenen Tages für das Sein mit den unerfüllten Hoffnungen und verfehlten Vermutungen mit sich, ob eine Besserung mit Hebung der Lebensqualität überhaupt erreichbar ist, oder ob das Leben in der bloßen Anreihung der Tage und Jahre verharrt. Es brennt das Feuer, es brennen Städte und Dörfer, es brennen Männer und Frauen und Kinder. Was soll der Vernichtungswahn, wenn es mit dem Leben von Geburt an nicht stimmt. Es scheint, als wäre der Frieden der größte Feind der Menschheit, dem mit großer Entsagung und immer größeren Opfern zu widerstehen ist, egal was es koste. Oft wird das Kind mit anderen Kindern liegenbleiben, denn Kinder haben es anderen Kindern vorgemacht, wie es mit und um den Hunger steht. Du wirst es sehen und an die Kinder denken, bei denen es der leere Magen war, dass sie es mit dem Leben nicht schafften. Weich streicht der Bogen über die Geige mit dem schrägen Riss, es zucken die Münder in entlegene Winkel, die es vorher nicht gab. Rau schlägt der Schnee ins Braun der Augen, wenn Sand an der Träne vor dem anderen Auge klebt, die sich mit anderen Tränen vor dem Tränenpunkt staut. Es ist nicht nur das Auge, das dem Licht entgegenblickt. Auch der Mund zuckt ihm entgegen, dass sich die Morgensänfte auf die Lippen legt, sie wärmt, der frühe Strahl sie glättet, die Zunge das Neue schmecken lässt, und sich Frieden an die Gaumen heftet. Täler füllen sich mit dem Licht der neuen Hoffnung, neuer Freude.

    Der Riss

    Helmut Lauschke

    Es ist ein fast einstündiger Abendspaziergang nach Hause, auf dem Pfarrer Bardenbrecht sich das Abendgespräch über die kranke Gesellschaft mit dem Mangel an Menschlichkeit und díe 'weggebrochene' Verantwortung in die Erinnerung ruft. Die Referate des Kinderpsychologen Bebenau und des Schuldirektors Schucht haben ihn besonders angesprochen, weil sie in der symptomatischen Auflistung den Nagel auf den Kopf der Zeit getroffen haben. Wie schon das Prinzip 'Freiheit' zusammen mit der Verantwortung geht, so geht mit der Verantwortung auch die Menschlichkeit, die eine 'Mangelware' in den Familien und der Gesellschaft geworden ist. Beide sind krank und in sich zerrissen, als seien sie vom «humanity deficiency virus» befallen.Ünett: «Ich war noch keine zwei Jahre alt, als ich in ein Waisenheim gegeben wurde. Es war nicht klar, ob zu diesem Zeitpunkt meine Mutter noch lebte oder tot war. Jedenfalls fehlte jede Spur von ihr. Die Heimleiterin war eine ältere Frau von kurzer hagerer Gestalt. Sie hatte eine grelle Stimme und schimpfte bei den kleinsten Anlässen, Sie liebte uns nicht und tat ihre Arbeit nicht aus Liebe. Sie tat die Arbeit für Geld, das sie von Privatpersonen und vom Sozialamt jeden Monat bekam. Beim ungewohnten Blick in die Schaufenster mit den Kleidern, Möbeln oder Fahrrädern kam mir das Bild in den Sinn, wie Waisenkinder als Auslage hinter den erleuchteten Schaufenstern nebeneinander sitzen und den Betrachtern von der Straße ihre lächelnden Gesichter entgegenschicken. Denn weggegebene Kinder suchen Eltern und ein Zuhause. Diese Kinder sind zu erwerben, sie warten darauf, aus dem Schaufenster genommen und mitgenommen zu werden.» Auf dem Feld der Diagnosestellung, das für den Psychiater oft ein komplexes, wenn nicht kompliziertes Feld mit seinen Verschichtungen, Stufen und Schrägen ist, kommen die Symptome hinzu, die subtil gesehen, analysiert und bewertet werden müssen, um die Diagnose zu stellen, die einer Revision nicht vorenthalten bleibt, wenn am Gerüst der angereihten und übereinander gesetzten Symptome sich etwas verändert. Björn Baródin, der emeritierte Professor für Psychiatrie, dachte und malte die kranke Menschheit mit den hungernden, weinenden und verkrüppelten Kindern. Er schob den verzweifelten Menschen den psychiatrischen Spiegel unter, um sie aus dem Zwang finsterer Depressionen und den furchtbaren Träumen der Selbstvernichtung zu befreien. Was er auch dachte, der dunkelnde Grauschleier des Zweifels blieb. So liegt die letzte Weiche vor dem Auge, die noch zu stellen ist, damit der Zug der von allen guten Geistern verlassenen Menschheit nicht in die hoffnungslose Endgültigkeit der totalen Finsternis rast.

    Steppenlauf

    Helmut Lauschke

    Es ist seine erste ärztliche Tätigkeit im Ausland. Karl Ferdinand Baródin tut es im Rahmen der «Ärzte ohne Grenzen», weil er den Menschen in Armut und Not, die ihre Heimat mit ihren Familien verlassen mussten, in ihrem Elend mit der großen Portion Hoffnungslosigkeit zumindest medizinisch helfen will. Die Arbeit ist durch den wenigen Schlaf und die fehlende Abwechselung über die Maßen anstrengend. Die menschlichen Erschütterungen und kritischen Zustände der Flüchtlinge mit dem Willen zum Überleben bei der allgemeinen Magerkeit bringt ihn an den Rand der Depression. «Sehen Sie nicht, wie die Gesichter der Flüchtlinge und besonders der Kinder immer trauriger blicken und schmäler werden. Die Menschen brauchen mehr Nahrung und sauberes Trinkwasser, damit die Darminfektionen nicht weiter zunehmen.» «Die Verschlechterung der Gesundheit der Menschen im Lager beobachte ich mit großer Sorge. Aber die Medikamente in der Apotheke reichen nicht aus, um die vielen Infektionen unter Kontrolle zu bringen. Ich denke an die Zunahme der Tuberkulose und an die Malaria.» Moralisch betrachtet ist es ein Flächenbrand, der die arabischen Völker ergriffen hat und im weiteren Verlauf die Kontinente nicht verschonen wird. Schwer haben die Vernichtungsschläge die Menschheit erschüttert, was über die existenzielle Rissproblematik zwischen arm und reich hinaus und tief in den Kern mit seinen Seinsaxiomen reicht. Eine Besucherdelegation erschrak, als während der Besichtigung zwei Männer und eine Frau ins Zelt gebracht wurden, die schwere Explosionsverletzungen abbekommen hatten, die dringend versorgt werden mussten, dass die Politiker das Zelt mit der wenig konstruktiven Platitüde «viel Erfolg» verließen. Überhaupt waren die meisten Gespräche mit solchen Delegationen wenig hilfreich oder völlig sinnlos, weil die Politiker wenig Sinn für die Realität der Not und des Elends hatten und sich keine Vorstellung machen konnten, was und wie in den Notfallsituationen zu reagieren war. Das Leben mit der verbrannten Haut war für sie total fremd. Dafür gab es in der Politik keinen angemessen verfügbaren Raum. Sie gaben die Platitüde, wo aktive Hilfe gefordert war. Karl Ferdinand hat die Merkmale eines guten Arztes und engagierten Humanisten in einer Welt der Zerworfenheit mit dem Wunsch, den Weg zum Frieden mitzubauen und Vertrauen in eine seelisch gestörte Menschheit zu bringen.

    Die schönste Brücke der Verständigung

    Helmut Lauschke

    Viele von ihnen haben die Gelegenheit wahrgenommen und das abendliche Konzert mit unserer Philharmonie unter der Stabführung von Maestro Wiktor Kulczynski gehört. Ich, der ich leider am Konzertbesuch verhindert war, habe erfahren, dass es ein großartiger Abend war, an dem Herr Baródin das zweite Klavierkonzert von Brahms mit höchster Bravour spielte. Dass der Pianist des Abends aus Berlin kommt, wenn auch sein Name die russische Herkunft nicht verleugnen kann, das gibt dem Abend eine besondere menschliche Note. So trägt dieser Abend in schönster Weise zur polnisch-deutschen Verständigung und Aussöhnung der beiden Völker bei. Was Herr Baródin vielleicht nicht weiß, weil er es aufgrund seiner Jugend nicht wissen kann, ist der Jahrestag des Warschauer Ghettoaufstandes, dessen wir Polen morgen mit dem Gefühl der Trauer gedenken, aber auch mit der Absicht zu verzeihen, und das besonders vor der jungen deutschen Generation und jenen älteren Deutschen, die da schuldlos waren und unter der Nazi-Tyrannei ebenfalls gelitten haben. Die Zeit ist reif, dass wir das Schlimme, das die Vergangenheit über uns gebracht hat, mit 'uns' meine ich die Polen wie die Deutschen, dass wir diese Vergangenheit überwinden und nun positiv aufeinander zugehen. Je jünger die Menschen sind, um so leichter können und sollen sie es tun, weil sie von dieser Vergangenheit unbelastet sind. Das ist das Besondere des heutigen Abends, dass die große Musik zu uns gesprochen hat, die keine nationalen Grenzen kennt, die versöhnen und heilen will. Gibt es doch keine Sprache, die besser zur Verständigung der Menschen geeignet, als es die Sprache der Musik ist. So wollen wir diesen Abend nicht nur als ein herausragendes, kulturelles Ereignis feiern, sondern ihn auch als Abend der Völkerversöhnung verstehen, damit mehr Licht in unsere Zukunft und die Zukunft unserer Kinder kommt. Die Menschen werden es hören, dass es die Liebe zwischen zwei Menschen ist, die die Musik so tief begreifen lässt.

    Das Wort der Preisung

    Helmut Lauschke

    Wenn Menschenhand alte Bande zerreißt, sind Urteile wertlos, so lange Richter bestechlich sind. Denn Menschen bedienen sich des Unrechts und der Gewalt, sie quälen Völker, bestürzen sie mit Hunger und Elend. Da geht der Schmerz der Völker ins Morgenrot, schwer wird es dem Tag, die Hürden der Willkür zu brechen. Ihr werdet auf die Mauern steigen und sie niederreißen, dann mit ausgeworfenen Seilen die Gefangenen befrein. Die Falschen und ihre Verräter sollen den Zorn spüren, der mit der Gerechtigkeit über sie kommt. Sie werden zittern und vergehn, wie alles Aufgezwungene vergeht, wenn Völker ihre Freiheitshelden auf den Schultern tragen. (2) Denn das Wort des Herrn gilt für alle, die Macht seiner Sprache fährt allen durch Mark und Bein. In ihre Schwächen werden sie versinken, die da trotzen, da ist der Trennstrich zwischen Gut und Böse dick gezogen. Der Sieg des Herrn kommt über die Frevler gegen ihre Besserwisserei und all das kluge Geschwätz. Reihenweise werden sie in Ohnmacht fallen, wenn er mit seinem Zepter machtvoll durch die Völker fährt. (2) Du weist die Bedränger in ihre Schranken zurück, vertilgst die gierigen Rachen der frevelnden Feinde. Ich bestaune die Unfassbarkeit deines Himmels, deiner Hände Werk mit den unzählbaren Sternen. Wie winzig klein fühl ich mich unter diesem Himmel. Was ist Großes am Menschen, dass du seiner gedenkst? Was ist schon der Adamssohn, dass du ihm zuordnest in der unbegreiflichen Größe deines Universums ? (8) Stopf endlich das plärrende Sprachrohr der Frevler, schlag auf ihre Großmäuler, die da sagen, du siehst es nicht. Haben deine Augen doch gesehen, was hier unten passiert mit den Fallstricken, der Folter und den vielen Grausamkeiten. Dabei bist du der Herr, der die Pein der Armen sieht, ihre Schreie hört, die aus der Ausweglosigkeit nach dir rufen. Du bist der Vater der Waisen und Verfolgten geblieben. Brich die protzenden Arme der Folterer und Quäler ! Sieh die Augen der Dürstenden, ihnen gib Wasser. Sieh die eingefallenen Wangen der Hungernden, ihnen gib Brot; nimm ihrem Leben die zehrende Not, denn du richtest in Weltzeit nach deinem Wahrspruch. (10) Was gilt, ist, der ohne Tadel wandelt und das Gute tut (es nicht nur redet !), der die Wahrheit aus dem Herzen spricht, dessen Zunge nicht verleumdet und dem Nächsten keine Schmach zufügt. Der die Worte des Spötters verachtet, den Redlichen und Treuen ehrt, der beim Schwören nicht an seinen Vorteil denkt und den Schwur mit seinem Leben trägt, der Geld ausleiht, ohne den Wucherzins zu erpressen, der zum Nachteil Unschuldiger nichts entgegennimmt. (15)

    Der Weg nach Afrika

    Helmut Lauschke

    Es war eine schlaflose Nacht, von denen es so viele gab, die durchzustehen waren, weil den Menschen geholfen werden musste. Da durfte der Arzt auf sich keine Rücksicht nehmen, von ihm wurde der Höchsteinsatz verlangt. Das machte sich an den Händen bemerkbar, wo die Haut durch das ständige Waschen dünner wurde, und das Hantieren der Klemmen und Nadelhalter Druckmarken, Schürfungen und Risswunden am dritten und vierten Finger der rechten Hand brachten, die durch kleine Mullläppchen verbunden wurden, damit es mit dem Operieren weiterging,
    Dr. Ferdinand schmerzte schon der Gedanke, das Messer in die Hand zu nehmen. Das Mädchen mit dem bösartigen Knochentumor am Arm schlief in Narkose, und er hatte als Chirurg nach bestem Wissen das zu tun, was zu tun war, um das Leben zu retten. Totenstille lag über dem Mädchen und im ganzen Op-Raum, wie die Stille ist, wenn ein Kind im kleinen Sarg unter den untröstlichen Tränen der Eltern, Geschwister, Grosseltern und Freunde in das frisch ausgehobene Kindergrab gesenkt wird, wo über dem tief eingelegten, noch unbeschwerten Sarg der letzte Liebesgruss mit dem letzten Abschiedskuss nicht mehr mitgegeben werden kann. Das Gelöbnis der ewigen Verbundenheit steht mit der Hoffnung auf ein «Wiedersehn» in einem All der unendlichen Dimensionen, dessen Koordinaten nicht zu begreifen sind, Der Trost zerbricht in unsagbare Trauer, wenn das Grab mit dem Kindersarg in der Tiefe zugeschaufelt wird, weil doch ein so zartes Kinderherz soviel Erde weder tragen noch ertragen kann.
    Der Bildungsnotstand in der Ersten Welt ist das willkommene Alibivehikel, ungestört an den Millionen von Menschen vorbei zu leben, die mit verkrusteten Lippen am Hungertuch nagen. Eine Welt, die die andere nicht versteht und sich blind genug stellt, um sie nicht zu sehen, während die andere Welt es nicht versteht, dass es soviel Armut geben muss, wo doch beide Welten zusammen reich genug sind, dass jeder sauberes Wasser zu trinken und etwas Vernünftiges zu essen bekommt.

    Warszawa - Visit to Mrs. Lydia Grosz

    Helmut Lauschke

    Mrs. Grosz: "You know, Mr. Baródin, the Germans have remained a mystery to me. They are educated and hardworking, produced a Bach, Beethoven, Brahms, Goethe, Schiller and Lessing, but they did not understand Faust, the Glocke or Nathan. Take the ring parabola in Nathan. It is a legacy to tolerance and justice and thus to the salvation of human dignity. Here comes the punch line with the question: Who is right? Nathan says the right ring cannot be demonstrated, as inexplicable as the right belief is from the supposedly wrong. The father had the copies made with the intention that the rings would not be distinguishable. That is the lesson we have to learn from Nathan: to be educated and mature for tolerance and generosity. The hubris of the Nazis failed, as if there were only Germans who had a culture and the right «faith». " Now the new chapter of our people is to be written. That is why you are here to contribute to understanding and reconciliation with the Brahms Concerto. " On his second visit, Mrs. Grosz reads from her new book: Nowe wiersze na dawne tematy / New poems on old topics. She justified the reading by saying that she, too, wanted to make her contribution to the reconciliation of the Polish and German people. Because nothing is more necessary for the peoples in general and these two peoples in particular than understanding and comprehensive reconciliation for a lasting peace in the coexistence of people, both externally and internally, which includes the creative in science and the arts. "Schwingen knows no boundaries upwards, when moonlight throws ever larger shadows downwards, with the times and the ever new bents it happens again and again as on the first day."