Okvik stieß einen klagenden Laut aus, als er seine Tochter in der Gewalt Jors, des Wikinger-Piraten, sah. Er bückte sich und schirrte das Leittier seines Schlittengespannes aus. Der Hund schoß wie ein Pfeil auf Jor zu. Ein anderer Wikinger wollte mit der Muskete auf den Hund feuern. Da drückte Hasard ab. Der Schuß aus dem Drehling raste krachend auf den Kerl zu, traf ihn und hieb ihn in den Schnee, als wäre er eine Puppe und nicht ein Koloß von Mann aus Fleisch und harten Muskeln. Der Hund sprang Jor an die Kehle. Jor schrie auf, und sein Griff um Bilongas Oberkörper lockerte sich. Sie entschlüpfte ihm und warf sich der Länge nach in den Schnee. Über sie hinweg peitschten die Schüsse…
Der Ausguck im Großmars der Kriegsgaleone «Candia» stieß einen würgenden Laut aus, denn was sich von Steuerbord achtern heranschob, sah in dieser Regennacht wie eine gewaltige Gespenstererscheinung aus. Lautlos drängte das Ungeheuer heran, und plötzlich schlug es seine Krallen in das Schanzkleid der «Candia». Erst da fiel es dem Ausguck wie Schuppen von den Augen – Enterhaken! «Alarm!» schrie der Ausguck. «Wir werden geentert!» Aber es war zu spät, viel zu spät, denn wie ein Ungewitter fielen die Seewölfe über ihre Beute her…
Hasard raste über den Wehrgang, duckte sich hinter den schweren Vierundzwanzigpfünder, wuchtete ihn herum und justierte ihn. Der wuchtige Lauf war genau auf den Munitionsturm gerichtet. Er zündete die Lunte, wich zurück und warf sich hin. Wummernd brach der Schuß aus dem Rohr – und dann war der Teufel los. Der Schuß mußte mitten in den Pulvervorräten gelandet sein. Eine gewaltige Explosion fetzte den Turm auseinander, als sei er ein Kartenhaus. Die Druckwelle fegte Hasard von der Plattform des Wehrgangs…
Diese Insel, Schlupfwinkel der Mardengo-Piraten, hatte Haken und Ösen, und Hasards Landetrupp war auf alles gefaßt, als er in das Innere vordrang. Einer Fallgrube waren die Seewölfe bereits ausgewichen, ebenso einer Schußanlage, von der ein Giftpfeil abgezischt war. Kurze Zeit später mußten die Seewölfe Schlingen und Fallstricken ausweichen, die kreuz und quer über den Boden verteilt waren. Sie atmeten auf, als sie auch diese Hindenisse hinter sich gebracht hatten. Doch das war noch nicht alles. Plötzlich ertönte vor ihnen der Schrei eines Urwaldvogels. Batuti stieß einen zischenden Warnlaut aus. Hasard und Dan O'Flynn ließen sich zu Boden gleiten – keinen Augenblick zu spät. Vor ihnen krachte es im Dickicht, eine Kugel sirrte heran und strich über sie weg…
Der Seewolf hatte den Schatz der Malteser-Ritter gefunden, und er würde ihn dorthin bringen, wo er hingehörte – nach Malta. Aber Malta war weit, und viele Hunde waren des Hasen Tod. Sie hetzten hinter der «Isabella» her – Piraten, Halunken, Halsabschneider und Totschläger, ein wilder Haufen wüster Gesellen, deren Handwerk die Piraterie war. Jetzt ging es um alles oder nichts, und die Seewölfe würden zeigen müssen, was in ihnen steckte. Eins stand fest. Sie würden den Schatz mit Klauen und Zähnen verteidigen…
Urplötzlich lösten sich Schatten von Gestalten aus der Dunkelheit. Knüppel hieben auf die Seewölfe ein. Eine Nachhut von Soldaten war eingetroffen und hatte sich lauernd auf beiden Seiten des Schenkenausganges bereitgestellt. Der Angriff erfolgte zu überraschend. Hasard und seine Männer waren überrumpelt. Unter Hieben, Tritten und Gebrüll wurden sie zusammengedroschen. Hasard sah noch, wie neben ihm Carberry auf die Knie sackte. Dem Profos gelang es zwar, zwei Schergen des Kaisers mit den Köpfen aneinanderzuknallen, aber dann saß ihm ein Chinese im Nacken und schlug ihm den Knüppel auf den Hinterkopf. Der Profos kippte vornüber. Dann wurde es auch dunkel um den Seewolf…
Die in Lee befindliche spanische Kriegsgaleone drehte mit ihrem zerschossenen Ruder nach Luv hoch und rammte das Achterschiff der anderen Kriegsgaleone. Ihr Bugspriet bohrte sich durch eins der Fenster der Seitengalerie und verhakte sich dort. Im Nu war der Teufel los. Die Bugsprietstenge der Galeone ging zu Bruch, und die Galionsfigur, ein Einhorn, erschien in der Kammer des Schiffsarztes, der fluchtartig und voller Panik an Deck stürzte. Er dachte wohl, der Teufel habe sich in ein Einhorn verwandelt – mit der Absicht, ihn aufzuspießen. Eine hübsche weibliche Galionsfigur wäre dem Schiffsarzt bestimmt willkommener gewesen, aber bei dem grimmigen Einhorn gingen ihm die Nerven durch…
Das Wummern des Geschützes aus der Felsenhöhle, verstärkt durch das Echo in der riesigen Kaverne, zerriß die Stille über der See. Grellgelb stach der Feuerblitz aus der Höhle hervor. Hasard sah die heranrasende Kugel. «Hinlegen!» brüllte er. Im nächsten Moment lag alles platt auf den Planken. Die Kugel krachte mit einem höllischen Lärm in die Bordwand der «Isabella». Es hörte sich an, als würde die Galeone in Stücke gerissen. Bis in die letzte Kammer war der Aufprall zu spüren. Das gesamte Rigg zitterte und bebte…
Der Klang der Trommeln wehte bis zur «Santa Barbara». Hasard und seine Mannen standen am Steuerbordschanzkleid und spähten zum nahen Ufer der Insel. Doch nirgends war auch nur ein Feuer oder der Schein einer Fackel zu sehen. Wer immer die Trommeln bediente, er ließ sich nicht blicken. Das Tomtom schien aus dem Nichts zu ertönen, ebenso der leise wimmernde Gesang. Etwas klüger wurden die Arwenacks erst, als sie eine Bucht erreichten und dort ankerten. Jetzt war das Dröhnen der Trommeln noch lauter, aber auch bedrohlicher geworden. Zwar war immer noch nichts zu sehen, aber die Richtung war zu bestimmen, aus der die dumpfen Töne an ihre Ohren drangen. Hasard ließ eine Jolle aussetzen…
Die Verfolger waren bis auf etwa hundertfünfzig Yards aufgesegelt – die Kriegskaravelle «Cordoba» sowie vier armierte Zweimastschaluppen. Letztere schickten sich an, die «Estrella de Málaga» von den Seiten her anzufallen. Big Old Shane und Batuti begannen mit ihrem Zielschießen. Es war eine gute Entfernung für Bogenschützen ihrer Klasse. Ihre Brandpfeile senkten sich auf das Rigg der «Cordoba», und gleich darauf hagelte es Pulverpfeile, die drüben auf der Karavelle krachend auseinanderflogen. Jeder Schuß war ein Treffer. Von Bord der «Cordoba» ertönte Wut- und Schmerzgebrüll. Statt selbst zurückzufeuern, mußten sich die Dons jetzt um die Brandherde kümmern…