Gol. Friedrich Schmidt-Roscher

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Название Gol
Автор произведения Friedrich Schmidt-Roscher
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783939434245



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Bernoulli, das wissen wir bereits.“ Gil quälte sich zu einem Lächeln. „Wir vermuten, dass er nicht die ganze Zeit allein war. Ihnen muss doch beim Saubermachen der Suite etwas aufgefallen sein.“

      Suarez kaute auf ihrem Kaugummi herum und blickte kurz zur Kommissarin: „Das geht uns alles nichts an. Ich mache sauber und vergesse.“

      „Es ist gut, dass Sie so diskret arbeiten. Das werden wir gegenüber dem Hotelmanager lobend erwähnen. Sicher ist nicht jedes Zimmer gleich. Sie ziehen die Betten ab, Sie lehren die Mülleimer, Sie säubern das Bad. Da muss Ihnen in Suite 2801 etwas aufgefallen sein!“

      Die junge Frau rutschte auf dem Stuhl hin und her. Dann lächelte sie wie ein kleines Mädchen und schaute auf den Boden. „Ich habe fast jeden Morgen im Mülleimer Kondome gefunden.“

      Gil gab Santos ein Zeichen. Dann fragte die Kommissarin: „Haben Sie außer diesem Bernoulli noch eine andere Person in der Suite gesehen?“

      Suarez schüttelte den Kopf. „Nie. Manchmal hing ein Schild ‚Nicht stören‘, dann kam ich später wieder.“

      „Ist Ihnen sonst noch was aufgefallen?“

      Wieder Schweigen. Das Kaugummi bewegte sich in dem Mund der Zeugin hin und her. Dann sagte sie: „Na, das Übliche, wenn in der Suite eine Orgie gefeiert wird. Das Bad ist mit nassen Handtüchern übersät, die Bettlaken zerwühlt, kaputte Gläser, leere Champagnerflaschen und so.“

      Santos mischte sich ein: „Beim Saubermachen findet man doch Haare. Waren die eher kurz oder lang? Welche Farbe?“

      Die Frau schien kein Problem mit seinem Nuscheln zu haben. „Ich habe öfters lange rote Haare beim Aufräumen im Bett oder in der Dusche gefunden.“ Sie schaute wieder auf die Uhr. „Ich muss unbedingt mit dem Saubermachen anfangen.“

      „Noch eine Frage: Wo waren Sie am Dienstag, den 3. Juni abends?“

      Suarez stutzte einen Wimpernschlag. „Bei meinem Mann zu Hause. Wir schauten Fernsehen.“

      Gil nickte: „Danke für Ihre Hilfe, Sie können jetzt gehen.“ Suarez ließ sich das nicht zweimal sagen und verließ ohne Gruß den Raum.

      Gil lief in dem Besprechungszimmer hin und her und reckte ihre Arme. „Draußen wartet noch eine Zeugin. Sie arbeitet nachts an der Rezeption und wurde vom Hotelmanager hierher bestellt. Willst du die Vernehmung machen? Ich kann mich auch um das Aufnahmegerät kümmern.“ Der Dicke schüttelte entschieden den Kopf.

      Zu Beginn der Vernehmung nahm Santos auf dem Tonband ein paar Daten zur Identität der Zeugin auf. Die Frau hieß Marina Pinto und war genauso alt wie die Kommissarin. Sie wohnte im Norden der Metropole war verheiratet und hatte einen sechsjährigen Sohn. Pinto besaß das klassische Gesicht der Nachfahren portugiesischer Einwanderer. Nachdem sie sich gesetzt hatte, gähnte sie lauthals.

      „Sie müssen entschuldigen. Ich mache im Hotel fast immer die Spätschicht von 22 bis 6 Uhr an der Rezeption. Ich habe nur ein paar Stunden geschlafen.“ Sie lächelte charmant.

      Gil lächelte ebenfalls. „Wir sind dem Hotelmanager sehr dankbar, dass er Sie angerufen hat. Sie haben bestimmt erfahren, dass es um die Suite 2801 geht und den Diebstahl. Sie hatten in der Nacht Dienst. Ist Ihnen etwas aufgefallen?“

      Die Dreißigjährige schob ihre langen dunklen Haare, die ihr in die Stirn gefallen waren, zurück. „Zwischen 22 und 1 Uhr ist in unserm Hotel eine Menge los. Leider war ein Kollege kurzfristig erkrankt und die Hotelleitung fand so schnell keinen Ersatz. In dieser Zeit sprang sogar der stellvertretende Hotelmanager zwei Stunden ein.“

      „Ich ahne, was das für einen Stress bedeutet. Nur die hohen Fußballfunktionäre sind natürlich nicht irgendwer. Ist Ihnen an diesem Abend etwas aufgefallen? Brachten Gäste ihres Hotels andere Leute mit? Verließ jemand zwischen eins und drei Uhr das Mariott?“

      „Wenn ich mich richtig erinnere, kam Herr Bernoulli mit einer Gruppe so gegen Mitternacht. Sie waren bei einem Empfang, wirkten ziemlich betrunken. Jedenfalls haben sie mir viele Komplimente gemacht.“

      Die Kommissarin hakte nach: „Wann kamen die Männer genau?“

      „Kurz nach Mitternacht. Vorher war der Schlüssel bei uns an der Rezeption. Also vielleicht eine Viertelstunde nach Mitternacht.“

      „Waren die Funktionäre allein oder in Damenbegleitung?“

      Die Frau von der Rezeption lächelte. „Sie waren nicht allein. Aber das ist doch kein Verbrechen, oder?“

      „Zumindest kein Verbrechen, gegen das die Polizei ermittelt. Seit dem Diebstahl müssen wir überprüfen, wer Zugang zur Suite hatte. War auch Bernoulli in Begleitung?

      „Ich kann mich nicht genau erinnern. Mir fiel jedenfalls keine Frau auf.“

      „Ist Ihnen an früheren Abenden eine Frau mit längeren roten Haaren aufgefallen?“ Gil merkte wie ihre Gesprächspartnerin eine Sekunde zögerte. „Sie brauchen keine Sorge zu haben. Wir werden alles vertraulich behandeln.“

      Pinto seufzte: „Ja, so eine Frau gab es. Ich denke, es war keine Einheimische. Sie war zwei oder dreimal dabei. Aber nicht bei Herrn Bernoulli, soweit ich weiß.“

      „Wieso denken Sie, dass es keine Einheimische war?“

      „Sie sprach Englisch ohne unsern Akzent. Sie war etwas anders gekleidet, eher europäisch.“

      „Können Sie uns diese Frau näher beschreiben. Alter, Größe usw.“

      „Ich kann mich nicht genau an diese Frau erinnern. Ich schätze sie auf 30 Jahre. Mittlere Größe. Sie hatte lockige rötliche Haare. Eine gute Figur, großer Busen, nicht gerade dünn.“

      „Vielen Dank, Frau Pinto, Sie haben uns sehr geholfen. Wir schicken Ihnen einen Mitarbeiter vorbei, der mit Ihrer Hilfe ein Bild dieser Frau zeichnen wird. Falls Ihnen noch etwas einfällt, hier ist meine Visitenkarte.“ Santos schaltete das Aufnahmegerät aus. Endlich gab es eine Spur.

      Als Pinto das Zimmer verlassen hatte, meinte Santos: „In der Suite scheint es ganz schön hoch her gegangen zu sein.“

      Gil nickte: „Die Herren vom Weltfußball lassen es sich gut gehen. Die verdienen ja auch eine Menge mit einer Weltmeisterschaft. Wir müssen herausfinden, wer die Frau mit den roten Haaren ist.“

      Santos dachte einen Augenblick nach: „Das wird Bernoulli nicht gefallen.“ Dann lachte er laut und zeigte seine Goldzähne.

      Kapitel 10

      Freitag, 6. Juni im deutschen Quartier

      In dem Quartier der deutschen Nationalmannschaft war für alles gesorgt. Es sollte der Fußballelite an nichts fehlen. Auf Wunsch der Nationalspieler waren sogar drei Tischtennisplatten eingetroffen, obwohl dieses Spiel in Brasilien so beliebt war wie warmes Bier in Deutschland. Am Nachmittag waren die Tischtennisplatten verwaist. Die Fußballer trafen nach ihrem Trainingslager in Mexiko erst am Dienstag auf der abgeschotteten Anlage ein. Einige Fußballfunktionäre spielten Tennis auf den drei Plätzen, die sich auf dem weitläufigen Areal der Ferienanlage befanden. Einer der besten Golfplätze Brasiliens lag nur wenige Kilometer von der luxoriösen Unterkunft entfernt, und eine Gruppe von Fußballfunktionären war dorthin aufgebrochen. Auch der katholische Kollege hatte es geschafft in den erlauchten Kreis aufgenommen zu werden. Forte war dieses Anbiedern zuwider. Nun stand er mit seinem roten Tischtennisschläger und einer Packung neuer Bälle hinter dem Swimmingpool und lauerte auf einen Mitspieler.

      Vor fünf Minuten war Barbara Schuster vorbeigelaufen. Forte hatte sich schnell auf eine Liege gelegt und schlafend gestellt, um einem Spiel mit ihr auszuweichen. Die drahtige Frau spielte ziemlich schlecht Tischtennis. Forte hatte einfach keine Lust auf Ping Pong und blöde Gespräche.

      „Haben Sie Lust auf ein Match? Oder wollen Sie sich ausruhen?“

      Die Stimme kam ihm irgendwie bekannt vor. Forte rieb sich die Augen und blickte in das Gesicht des Mannschaftsarztes.