Gol. Friedrich Schmidt-Roscher

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Название Gol
Автор произведения Friedrich Schmidt-Roscher
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783939434245



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auf den Tisch und machte es sich bequem. Wie die meisten Brasilianer tolerierte Mineiro Verspätungen mit großer Gelassenheit.

      „Schön, dass ihr alle da seid! Wir haben einen delikaten Fall zu lösen. In der Nacht gab es im Luxushotel Marriott einen Einbruch. Die Diebe haben etwas sehr Kostbares entwendet. Denn im Safe befand sich der Pokal des Fußballweltverbandes.“ Er atmete tief durch und schaute auf den Block mit seinen Notizen. „Wie ihr wisst, haben diesen Pokal die Spanier vor vier Jahren in Südafrika gewonnen. Die Spanier erhielten für die Vitrine ihres Verbandes nur eine Kopie. Das Original steht im Safe der Zentrale des Weltfußballverbandes in Zürich. Seit Dezember vergangenen Jahres ist der Pokal auf Brasilientour. In allen Spielorten war der Pokal zu sehen. Ihr habt bestimmt von den strengen Sicherheitsvorkehrungen gehört. Der Pokal ist etwa 37 cm groß und wiegt 5 kg. Er ist aus Gold und stellt zwei Fußballer da, die eine Weltkugel in den Händen halten. Als vor sieben Tagen die Ausstellung in São Paulo zu Ende ging, wurde der Pokal wieder dem Weltfußballverband übergeben. Eine kleine Eskorte brachte das Ding dann in den Safe des Marriott. Natürlich war der Aufenthaltsort der Trophäe der Öffentlichkeit nicht bekannt.“

      „Gibt es Hinweise oder Spuren?“ Gil griff nach einem Keks und legte ihn nach einem Bissen wieder weg, weil er so schal schmeckte.

      „Die Suite 2801 im 15. Stock bewohnt Frank Bernoulli, er ist der Assistent des Generalsekretärs des internationalen Verbandes. Der Funktionär bemerkte das Fehlen des Pokals erst heute Morgen. Gestern Abend hatte der Bürgermeister die hochrangigen Fußballfunktionäre zu einem Opernbesuch eingeladen. Heute Morgen öffnete er den Safe. Dabei fiel ihm der Diebstahl auf. Die Sekretärin hat ein Foto dieses Pokals aus dem Internet für alle ausgedruckt.“ Er verteilte das Papier an seine Mitarbeiter.

      Santos murmelte: „Den Pokal kennt doch jeder.“

      „Der Tresor befindet sich in der Kleiderkammer. Es ist ein modernes englisches Fabrikat und sowohl mit Schlüssel als auch mit Geheimzahl gesichert“, meldete sich Mayerhofer zu Wort. „Die Spurensicherung fand keine Hinweise, die auf eine gewaltsame Öffnung hinweisen. Alles deutet darauf hin, dass jemand den Tresor mit Schlüssel und Geheimzahl geöffnet hat.“

      „Wurden Fingerabdrücke gefunden?“

      O Alemão lachte und zeigte seine gelben Zähne: „Jede Menge! Die Kollegen, die heute vor Ort waren, konnten die meisten natürlich Bernoulli zuordnen. Auch der Hotelmanager und der Hoteldetektiv haben Spuren hinterlassen, als sie im Raum waren, um den Diebstahl zu überprüfen. Ich verstehe nicht, wie die beiden so unvorsichtig sein konnten! Dann gibt es Spuren, die vom Reinigungspersonal kommen. Die Kollegen konnten noch nicht alles zuordnen.“

      „Bernoulli hat in der ersten Vernehmung eingeräumt, dass er nach den Empfängen mit einem Kollegen manchmal in der Suite Grappa trank. Vielleicht waren es auch Parties.“

      Lara Komirowski verdrehte die Augen: „So stellen wir uns das Leben der Fußballfunktionäre vor: Dolce Vita im Luxushotel. Sind die Personen schon überprüft?“

      Mineiro schüttelte den Kopf. „Der Assistent des Generalsekretärs rückte nur zögerlich mit den Infos raus. Wir müssen ihm unbedingt auf den Zahn fühlen. Aber mit Fingerspitzengefühl. Ihr wisst ja, wie diese Funktionäre sind. Da müssen wir ganz behutsam vorgehen. Der Innenminister hat angeordnet, diesen Personenkreis mit Samthandschuhen anzufassen. Ich habe den Eindruck, dass er nach dem Opernbesuch noch etwas in der Suite gefeiert hat. Ich bitte dich, Lara, ihn diskret zu befragen. Vielleicht sagt er etwas, wenn er allein ist.“

      „Wenn es keine Einbruchspuren gibt, dann muss jemand mit Kenntnis der Geheimzahl und mit dem Schlüssel den Tresor geöffnet haben“, sagte Gil. „Hat dieser Frank Bernoulli die Suite alleine bewohnt?“

      Mineiro grinste. „Soweit wir wissen ja. Madame Bernoulli wird in einer Woche zur Fußball-WM kommen.“

      „Die Kollegen von der Spurensicherung haben im Bad und auch unter dem Bett einige weibliche Haare gefunden“, meldete sich Mayerhofer. „Es handelt sich um Schamhaare, die wir einer Frau mit europäischen Wurzeln zuordnen können.“

      „Also keine Brasilianerin“, fragte Gil.

      Die anderen grinsten. „Natürlich kann es auch eine Brasilianerin mit europäischen Vorfahren sein“, meinte o Alemão. „Das ist ein erster Hinweis. Wir haben Haare von mindestens zwei Personen gefunden. Ihr müsst herausfinden, wie die Dame oder die Damen heißen.“ „Gut, ich fasse zusammen! Der Pokal ist verschwunden. Es gibt keine Einbruchspuren. Alles deutet darauf hin, dass jemand mit Schlüssel und Geheimzahl den Tresor geöffnet hat. Lara befragt zusammen mit mir diesen Bernoulli. Santos und Gil vernehmen das Hotel-Personal. Auch hier könnte jemand als Täter in Frage kommen.“

      „Was um Himmels Willen fängt jemand mit so einem Pokal an? Den kann man doch nicht verkaufen!“ Komirowski schüttelte den Kopf.

      „Ein verrückter Fan, Erpressung, Rache am Weltfußballverband, es gibt verschiedene Möglichkeiten. Deshalb darf nichts in die Zeitung. Wir müssen das Ganze sehr diskret und mit absoluter Verschwiegenheit abwickeln. Und schnell!“ Der Capitão blickte ernst in die Runde. „In sieben Tagen ist das Eröffnungsspiel in São Paulo. Da muss das gute Stück im Stadion sein.“

      Kapitel 7

      Mittwoch, 4. Juni, 15:30 Uhr, Basilika von Curitiba

      Um halb vier standen Forte und Schuster vor der weißen neogotischen Basilica de Nossa Senora da Luz.

      „Beeindruckende Fassade. Ich hätte nicht gedacht, dass die Kirche so groß ist“, meinte Schuster. „Das ist doch gotisch?“

      „Neogotisch.“ Es fiel Forte schwer, freundlich zu bleiben. Lieber wäre er allein in die Kirche gegangen. Er ging zum Eingang und die drahtige Frau folgte ihm. Im Innern musste sich Forte erst an das Licht gewöhnen. Der Aufbau der Kirche war typisch neogotisch und fast europäisch zu nennen. Forte lief Richtung Altar. Dort hing ein riesiges Marienbild. Nur wenige Menschen verloren sich zu dieser Zeit in der Kirche.

      „Meinen Sie das Altarbild ist auch aus dieser Zeit?“

      Forte tat so, als hätte er die Frage Schusters nicht gehört. Er verspürte keine Lust den Kirchenführer zu spielen, lief einige Schritte zurück und setzte sich in die dritte Bank. Er genoss einen Augenblick die Stille in dem Gotteshaus. Nur leise drangen die Straßengeräusche in das Innere der Kathedrale. Seine Gedanken schweiften zu seiner Familie. Er hatte Samuel ein Foto vom Flughafen in Curitiba gemailt. Als er gestern mit Sabine telefonierte, war sie nicht sehr gesprächig gewesen. Hinter ihm ließ sich jemand auf die Kirchenbank fallen. Eine Hand legte sich auf seine Schulter. Unwirsch fuhr Forte herum und wollte Barbara Schuster anfahren. Überrascht blickte er auf den Mann mit dunklem Dreitagebart, der seinen Zeigefinger auf den Mund legte.

      Der Fremde flüsterte auf Englisch: „Hören Sie! Nein, schauen Sie bitte nach vorne! Ich bin Journalist und werde verfolgt. Mein Leben ist bedroht. Ich bitte Sie um einen Gefallen. Bewahren Sie dies für mich auf.“

      Mit seinem Fuß schob er einen Umschlag nach vorne unter die Bank. Forte stellt den Fuß auf den Umschlag. Langsam bückte er sich, hob den Umschlag auf und steckte ihn in die Jackentasche.

      Leise fragte Forte ohne sich umzudrehen: „Wie heißen Sie? Wie kann ich Sie erreichen?“

      Keine Antwort. Als er sich umdrehte, war die Bank hinter ihm leer. Vorsichtig sah er sich in der Kathedrale um. Nirgendwo konnte er den Fremden entdecken. Vorne im Altarbereich stand Schuster und betrachtete die Glasfenster.

      Durch das Hauptportal betraten fünf Männer die Basilica de Nossa Senora. Sie trugen schwarze Uniformen der Polizei. Ein Mann blieb am Eingang stehen. Die übrigen liefen mit schnellen Schritten durch das Kirchenschiff. Sie schienen jemanden zu suchen. Einer der Uniformierten riss den Beichtstuhl auf. Forte sah das Entsetzten in den Augen des älteren Priesters. Er legte sein Brevier zur Seite und begann laut mit dem Mann zu schimpfen. Leider verstand Forte zu wenig Portugiesisch. Doch es war klar, dass der Priester von seinem Hausrecht Gebrauch machen wollte. Der Sakristan kam ihm zur Hilfe. Der Anführer der Polizisten sagte etwas.