Geschichte der Kapverdischen Inseln (E-Book). Daniel Moser-Léchot

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Название Geschichte der Kapverdischen Inseln (E-Book)
Автор произведения Daniel Moser-Léchot
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783035519235



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      Abb. 5: Nossa Senhora do Rósario in Ribeira Grande de Santiago. Diese Kirche war auch Sitz einer religiösen Bruderschaft, der ausschliesslich Afrikaner angehörten. Die Kirche wurde 2020 vollständig renoviert.

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      Abb. 6: Ribeira Grande de Santiago im frühen 16. Jahrhundert: Rechts unten der Bischofspalast (Palácio Episcopal, 1574) und die Kathedrale (Sé Catedral), die zwischen 1558 und 1700 gebaut wurde. Über der Stadt auf der rechten Anhöhe ist das Projekt der Festung São Filipe (1587–1593) mit ihren Bastionen eingetragen, die gegen Angriffe von der Landseite ausgerichtet sind. Links: die älteste, heute noch bestehende Kirche Santa Maria do Rósario; hinten: Kirche Nossa Senhora de Conceição (erste Kapelle 1470). In der Mitte die bis auf wenige Reste verschwundene Spitalkirche Miserícorida (1556). Auf dem Largo ist der «Pelourinho» (Gerichtsstätte, Pranger) zu erkennen.

      Mit der Erhebung zur Cidade 1533 wurde Ribeira Grande auch Bischofssitz und man plante früh den Bau einer Kathedrale. Nach grossen finanziellen Schwierigkeiten begann man 1558 mit dem Bau und schloss ihn kurz vor 1700 ab. Laut einem Beschluss des Königs von 1564 sollten alle Geldbussen der Bewohner von Santiago und Fogo für den Bau der Kathedrale verwendet werden. Bereits 1712 wurde die Kathedrale durch den französischen Korsaren Cassard zur Ruine gemacht und blieb es bis heute.65

      Als Antwort auf die Korsarenangriffe erfolgte in den Jahren 1587 bis 1593 der Bau umfangreicher Festungen, so die Fortaleza Real São Filipe auf der Anhöhe über der Stadt. Verteidigt wurde sie von 20 Artilleriesoldaten und von etwa 250 schlecht bewaffneten Milizsoldaten. Neben der Hauptfestung sollten verschiedene kleine Festungen an der Küste die Seeseite sichern.

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      Abb. 7: Der Baubestand von Ribeira Grande auf seinem Höhepunkt im 17. Jahrhundert. Es sind neue Quartiere entstanden, so S. Sebastião bei der Kathedrale und S. Brás im Westen, ältere Quartiere expandierten ins Tal hinein (S. Pedro). Bei der Kirche Nossa Senhora de Conçeição entstand ein Franziskanerkloster. Am Ufer des Meeres wurden die Festungen S. Verissimo, S. Brás und S. Lourenço zur Abwehr von Angriffen feindlicher Schiffe gebaut.

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      Abb. 8: Die Stadt Ribeira Grande nach de Beauchesne 1699.

A. Zitadelle (Fortaleza S. Filipe) F. Haus des Gouverneurs
B. Franziskanerkloster (Cordeliers) G. Artillerie Batterie
C. Festung H. Fluss, an dem man Wasser holt
D. Bischofspalast I. Eingang zur Stadt
E. Kirche Santa Maria do Rósario K. Kapelle Santa Luzia

      Zum Niedergang Ribeira Grandes haben verschiedene Faktoren beigetragen. Neben den bereits erwähnten Überfällen und Zerstörungen französischer, englischer und niederländischer Korsaren und Piraten spielten auch die merkantilistischen Handels- und Monopolgesellschaften (wie die Companhia de Grão-Pará e Maranhão) und der direkte Sklavenhandel von Westafrika nach Südamerika eine Rolle. Schliesslich haben klimatische Veränderungen zum Niedergang beigetragen, häuften sich doch die Dürreperioden und damit die Hungersnöte im 17. und vor allem im 18. und 19. Jahrhundert.

      Neben diesen externen Faktoren für den Niedergang gab es auch interne: Ribeira Grande galt wegen der häufigen blutigen Fehden unter den Familien der Elite als unsicher. Der Bischof zog ins Innere der Insel, später auf die Inseln São Nicolau und Santo Antão. Die Verwaltung verlegte ihren Sitz in das leichter zu verteidigende Praia.

      Mit den ersten Schiffen der Entdecker waren auch bereits Missionare unterwegs, so 1466 mit Antonio da Noli drei Franziskanermönche und später Vertreter des Christusordens. Dieser Orden war 1319 gegründet worden, um den 1312 aufgelösten Templerorden zu ersetzen. Hauptsitz des Ordens war der Convente de Cristo in Tomar in Portugal. 1495 kamen die Dominikaner nach Kap Verde. Der militärische Christusorden erhielt von König Afonso V den Auftrag zur Mission, die ein wichtiger Teil der Ideologie des portugiesischen Staates war. Zwischen 1420 und 1460 war Heinrich der Seefahrer Generaladministrator des Christusordens, der von den Bistümern exemt war. Die kirchliche Gerichtsbarkeit für die entdeckten und zu entdeckenden Gebiete lag vorerst bei Heinrich, nach 1454 beim Christusorden. Der Christusorden erhielt aus dem Guineahandel fünf Prozent des Ertrages aus aller Waren. Ab 1497 begann sich der Christusorden stärker für die Kapverden zu interessieren.66 Bau und Unterhalt der Kirchen wurden aus den Zöllen und aus den Zehnten der landwirtschaftlichen Produktion sowie aus den Vergabungen in Testamenten finanziert; Erbschaften, zu denen kein Testament vorlag, fielen an die Kirche. Es war Aufgabe der Zöllner, die Abgaben für die Kirche einzuziehen. Auch hier zeigt sich, wie eng Kirche und Staat miteinander verflochten waren: Der portugiesische König hatte bei Bischofswahlen ein Vorschlagsrecht an den Papst und die drei Militärorden (Christus, Avis und Santiago) waren dem König unterstellt. Manuel I, König von Portugal von 1495 bis 1521, war gleichzeitig Grossmeister des Christusordens. 50 Jahre nach ihrer Entdeckung waren die Kapverdischen Inseln in kirchlichen Dingen bereits gut ausgerüstet.67

      1514 wurde Cabo Verde dem Bistum von Funchal auf Madeira unterstellt, ein bischöflicher Vikar wirkte auf Cabo Verde. 1533 wurde mit der Bulle «Pro excellenti praeminentia» durch Papst Clemens VII. das Bistum Cabo Verde geschaffen. Zum Bistum gehörten nominell auch die Gebiete vom Gambiafluss bis zur Côte d’Yvoire (Costa do Marfim). Die Errichtung neuer Bistümer wurde mit dem Kampf gegen die Ungläubigen begründet. Die Bischöfe von Cabo Verde weilten allerdings häufig nicht auf den Inseln, sondern lebten, trotz der vom Konzil von Trient 1547 vorgeschriebenen Residenzpflicht, weiterhin in Portugal. Cabo Verde war offensichtlich kein attraktives Bistum. Aus diesen Gründen regierte vor Ort meist das Domkapitel. Der Bischof wurde übrigens durch den König besoldet, auf Cabo Verde übernahm die fazenda régia (königliche Finanzverwaltung) mit ihren Erträgen aus Zöllen und Abgaben die Besoldung der Geistlichen sowie den Bau und Unterhalt der Kirchen.

      1570 wurde in Ribeira Grande ein erstes Priesterseminar gegründet, in dem die Fächer Latein, Grammatik und Moraltheologie unterrichtet wurden. Hier sollten vor allem auf den Inseln geborene Männer ausgebildet werden. Zwischen der örtlichen weltlichen Elite und den Bischöfen kam es immer wieder zu Konflikten, unter anderem auch, weil sich der Bischof als Konkurrent am Sklavenhandel beteiligte.

      Erst der dritte Bischof von Cabo Verde, der Augustinermönch Francisco da Cruz (Amtszeit 1550–1574), versuchte, die Kirche zu reorganisieren, namentlich für die Vergrösserung der Einkünfte für den Bau der Kathedrale. 1604 kamen Vertreter der «Gesellschaft Jesu» nach Cabo Verde. Ihre Berichte über die Zustände auf den Inseln sind eine wichtige Informationsquelle für die Geschichtsforschung. Allerdings bestand zwischen dem lokalen Klerus, den örtlichen Behörden und dem Jesuitenorden stets ein gespanntes Verhältnis, vor allem weil die Jesuiten das Verhalten vieler Kleriker hart kritisierten. Die Kleriker gerieten aber auch mit der Câmara wegen der Besoldung in Streit, sodass sie 1619 mit einem Streik drohten.68

      Schliesslich bestanden Konflikte zwischen den Jesuiten und den Franziskanern. Die Mission der Jesuiten auf Cabo Verde endete 1642, in erster Linie aus finanziellen Gründen. Eigentlich war das Ziel der Jesuiten nicht die Mission auf Cabo Verde, sondern der Kampf gegen den auf dem afrikanischen Kontinent vordringenden Islam. Zwischen 1630 und 1640 gelangten Mitglieder des Kapuzinerordens aus Nantes und aus Andalusien nach Cabo Verde, worauf der König die Ausweisung der ausländischen Missionare verlangte, da diese bloss auf den Inseln seien, um Handelsbeziehungen zu Frankreich und Spanien aufzubauen.