Geschichte der Kapverdischen Inseln (E-Book). Daniel Moser-Léchot

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Название Geschichte der Kapverdischen Inseln (E-Book)
Автор произведения Daniel Moser-Léchot
Жанр Документальная литература
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Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783035519235



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vor allem im Handel mit Produkten, die der portugiesische König gesperrt hatte, beziehungsweise die dem königlichen Handel vorbehalten blieben wie Eisen, Kupfer, Schwerter, Äxte, Armreifen, Perlen und Messer.

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      Abb. 4: Mapa dito Cantino 1502, entstanden im Zusammenhang mit dem Vertrag von Tortesillas 1494. Die portugiesischen Stützpunkte sind durch portugiesische Fahnen gekennzeichnet, so Tanger (1474–1661), Arguim (1448–1638), Gorée (1444– 1617) und ganz links die Kapverdischen Inseln (1456–1975). Mit einem Löwen ist Serra Leão (Sierra Leone) mit ihren portugiesischen Handelsplätzen gezeichnet; schliesslich folgt die wichtige Festung von Elmina (Castello damina), Ausgangspunkt für den Goldhandel mit dem Königreich der Ashanti um das heutige Kumasi in Ghana.

      König João III versuchte mit diplomatischen und anderen Mitteln mit Leuten aus Frankreich ins Gespräch zu kommen. Er etablierte «Vertrauensmänner» in den Häfen der Bretagne und der Normandie, deren Hauptaufgabe es war, den Seeverkehr zu beobachten. So informierte sich der König über die Abfahrt von Schiffen, über die Anzahl der Männer auf den Schiffen, ihre Artillerie und Munition und über die Ziele dieser Expeditionen, aber auch über die geladenen Waren. Portugal wollte so die eigenen Schiffe schützen oder Kriegsschiffe bereitstellen. Viel Erfolg hatte Portugal mit diesen Spionageaufträgen indessen nicht. 1531 ging eine diplomatische Mission des Königs von Portugal nach Fontainebleau, die 1536 schliesslich den Vertrag von Lyon abschloss. Dieser Vertrag gab Frankreich die Möglichkeit, an der afrikanischen Westküste Handel zu treiben, verbot aber Angriffe auf portugiesische Schiffe und sah im Falle eines Korsarenüberfalls ein paritätisches Gerichtsverfahren in Bayonne vor. Der Vertrag hatte allerdings kaum Auswirkungen: Die Piraten- und Korsarenüberfälle vor Westafrika und vor Brasilien gingen ungebrochen weiter, wobei auch Schiffe von kapverdischen Besitzern gekapert oder versenkt wurden.51 Diese verlangten nun einen stärkeren militärischen Schutz der Häfen durch Festungsartillerie und durch Kriegsschiffe. Tatsächlich reorganisierte Portugal nun seine Kriegsflotte (bestehend aus Galeeren, Naus und Karavellen) und teilte sie fünf Gebieten zu: der portugiesischen Westküste, der Algarve, den Azoren sowie den Gebieten vor Guinea und Brasilien.

       Die intensive Landwirtschaft

      Nach 1466 nahm die Besiedlung der Inseln kontinuierlich zu, besonders auf Santiago und Fogo. Es kam zum Anbau von Weizen und Hirse, aber auch von Früchten, Gemüse und Indigo. Eine besonders wichtige Rolle spielte bald darauf der Anbau der bereits in Afrika und Südspanien bekannten Baumwolle. Sie soll durch die Genuesen nach Santiago gebracht worden sein und wurde dort sowohl auf trockenen (sequeiro) wie auf bewässerten Böden (regadio) angebaut. Es waren zwei Ernten im Jahr möglich: im Dezember/Januar und im Mai/Juni. Vor allem im 16. Jahrhundert wurde auf Santiago der Baumwollanbau intensiviert, ja, man sprach gar von einer Monokultur. Auch auf Fogo war der Anbau von Baumwolle bedeutend. Der Anbau, die Ernte und die Verarbeitung der Baumwolle erforderten wesentlich mehr Arbeitskräfte als die extensive Viehwirtschaft, womit der Bedarf an Sklavinnen und Sklaven in der Landwirtschaft stieg.

      Wie bereits festgestellt, spielte die Pferdezucht auf Cabo Verde für den Handel mit der Guineaküste eine besonders wichtige Rolle. Die Portugiesen hatten schon früher von Portugal aus einen gewinnbringenden Pferdehandel mit der Oberschicht der westafrikanischen Königreiche getrieben; die wesentlich kürzeren Seewege von Cabo Verde an die Küste sparten deutlich Kosten. Pferde waren ein gefragtes Tauschmittel gegen Sklaven und Sklavinnen. So bekam man für ein Pferd zwischen 10 und 30 Sklavinnen und Sklaven, wobei Schimmel Höchstpreise erzielten.52 Im Laufe des 16. Jahrhunderts sanken allerdings die Preise stark, gab es doch nach 1505 für ein Pferd bloss noch ein bis vier Sklavinnen oder Sklaven. Das Pferd galt in Westafrika als Luxustier für den Adel und als Statussymbol der Vornehmen, weiter war es Hilfsmittel für den Krieg.

      Eine besondere Rolle in Handel und Wirtschaft spielten bald das Sammeln und die Kommerzialisierung der Urzelaflechten zu Färbzwecken, die Salzgewinnung und das Schlachten der Ziegen für den Schiffsproviant. Die Ziegenzucht blühte vor allem auf den Inseln Boa Vista und Maio, da hier die Bestände nicht bedroht waren und eine minimale Pflege der Tiere ausreichte. 1485 erhielten die Bewohnerinnen und Bewohner von Santiago das Recht, auf den Inseln Maio und Boa Vista Ziegen zu halten – gegen ein Entgelt an den König.53

      Autoren des 16. Jahrhunderts wie Valentim Fernandes und Francisco Andrade beschreiben auch die Produktion von Zuckerrohr, Mais (!), Gemüse, Reis, Feigen, Melonen und Trauben. Mais gelangte offensichtlich sehr früh nach Cabo Verde: Bei der Untersuchung des Kraters im Tal von Paúl auf der Insel Santo Antão wurden Maispollen für die Zeit zwischen 1500 und 1550 datiert.54

      Der Weizenanbau auf Cabo Verde gelang nicht; Weizen wurde in Körnern oder gemahlen aus Europa importiert und diente zur Produktion von Broten für die portugiesische Oberschicht. Auf den Inseln wurde hingegen zur Ernährung der Sklavinnen und Sklaven der milho zaburro, eine Hirseart, angepflanzt.55

      Im 16. Jahrhundert bildete sich ein auf der Arbeit der Sklavinnen und Sklaven beruhender Grossgrundbesitz heraus.56 So verfügte beispielsweise die Fazenda von Fernão Fiel de Lugo über 200 Kühe sowie grosse Zuckerrohrplantagen. Zur Bewirtschaftung des Zuckerrohrs besass die Fazenda «industrielle» Einrichtungen, wie etwa Zuckerpressen, Destillationsgeräte und ein Wasserreservoir. Der Grossgrundbesitz in der rechtlichen Form der Morgadios war nach den gesetzlichen Vorgaben an sich nicht aufteilbar; wie es dem feudalen Erbrecht entsprach, wollte man die Zersplitterung in kleine Grundstücke vermeiden. Das Gut ging gemäss dem Ältestenrecht an den Erstgeborenen; dieser Grundsatz wurde aber offensichtlich nicht immer durchgesetzt. Gleichzeitig war auch der Verkauf des Gutes oder von Teilen davon untersagt. Das Verbot des Verkaufs machte den Bodenbesitz immobil und verhinderte dessen Zirkulation. So kam das Land der Verarmten nicht an die Vermögenden. Einige wenige reiche Familien besassen das Landmonopol und zogen sich aus dem Liegenschaftsmarkt zurück. Wenn einem Gutsbesitzer die Sklaven und Sklavinnen fehlten, war es ihm nicht möglich, ein Stück Land zu verkaufen, um zu Geld zu kommen oder seinen Betrieb zu redimensionieren. Die exportorientierte Sklavenwirtschaft auf feudalistischer Grundlage war demnach nicht in der Lage, rechtzeitig auf die Entwicklung des Marktes zu reagieren.

       Die extensive Landwirtschaft

      Sowohl auf den relativ trockenen Inseln Maio und Boa Vista wie auch auf den gebirgigen und deshalb feuchteren Inseln von Santo Antão, São Nicolau und Brava entwickelte sich gegen Ende des 16. und vor allem im 17. und 18. Jahrhundert eine extensive Viehwirtschaft. Valentim Fernandes umschrieb 1505 in knappen Worten die Besiedlung, die Vegetation, das Vorkommen von Nutztieren und die Topografie der Inseln.57

      Diese Inseln waren alle Lehen portugiesischer Adeliger, wobei die Lehensherren meist nicht auf den Inseln wohnten. Sie waren an einer Nutzung des Landes interessiert, die mit möglichst wenig Aufwand verbunden war. Die Anfangsinvestitionen der Viehzucht waren kleiner als diejenigen im Ackerbau. Für das Hüten des Viehs brauchte es nur wenige Sklavinnen und Sklaven; einzig das Schlachten und die Verarbeitung des Fleisches und der Häute erforderten dann eine intensive, fachlich qualifizierte Arbeit, wozu Lohnarbeiterinnen und -arbeiter eingestellt wurden.

      Die Viehwirtschaft von Cabo Verde exportierte Felle, Leder und Talg nach Europa. Frisches oder eingesalzenes Fleisch wurde als Schiffsproviant verkauft, wobei nach der Mitte des 17. Jahrhunderts die Konservierungstechniken verbessert wurden.

      Auf den «trockenen Inseln» – wie Maio und Boa Vista – entwickelte sich die Ziegenpopulation sehr rasch. Dies zum Schaden des Pflanzen- und Graswuchses, was unter anderem die Bodenerosion förderte. Die ökologische Problematik des Überbestandes von Ziegen (overgrazing) wurde allerdings von den Zeitgenossen kaum erkannt.

       Bodenbesitz auf Cabo Verde

      Die königliche Urkunde von 1472 brachte einen Kurswechsel im portugiesischen Kolonialmodell: Die Menschen auf Cabo Verde sollten nun selbst Produkte für den Handel