Название | Der Topophilia-Effekt |
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Автор произведения | Roberta Rio |
Жанр | Изобразительное искусство, фотография |
Серия | |
Издательство | Изобразительное искусство, фотография |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783990014325 |
Der Tempel in Delphi war viele Jahrhunderte lang die wichtigste Kultstätte der hellenistischen Welt. Wozu ihn relativ simple chemische Prozesse gemacht haben könnten. Der griechische Schriftsteller Plutarch und der griechische Geschichtsschreiber und Geograph Strabon berichten von Dämpfen, denen sie die visionären Trancezustände der Orakel-Priesterinnen zuschrieben. Plutarch bemerkte auch, dass diese Dämpfe einen süßen Geruch verströmten und sich die Priesterinnen nach dem Einatmen wie Läuferinnen nach einem Rennen oder Tänzerinnen nach einem ekstatischen Tanz verhielten.
Doch es ging im Apollo-Tempel nicht nur um den Blick in die Zukunft. Kranke Menschen konnten den Tempel ebenfalls besuchen und waren dazu eingeladen, im Rahmen einer sogenannten Inkubation eine Nacht dort zu verbringen, um wieder gesund zu werden.
Später fanden Vulkanologen und Geologen eine Fülle an Hinweisen darauf, dass Plutarch und Strabon mit ihren Beobachtungen der Wahrheit heutiger Tage sehr nahegekommen sein könnten. Der Tempel des Apollo scheint direkt über zwei Störungszonen der Erdkruste zu liegen, die von Rissen durchzogen sind, sodass dort Gase aus dem Erdinneren in den Raum treten konnten. Weltweit gibt es mehrere derartige Orte, die je nach Kultur anders benannt werden. Die hebräische Bezeichnung für »Omphalos« ist »Tabor« beziehungsweise »Tabbur«, was zu Deutsch so viel wie »Nabel der Welt« bedeutet.
Hohlwege als antike Energiezentren
Könnten die Etrusker also ihre rätselhaften Hohlwege aus ähnlichen Motiven angelegt haben wie die alten Griechen ihren Apollo-Tempel? Das ist gut möglich. Darauf könnten unter anderem die Gräber hinweisen, die sich entlang dieser Wege befinden. Die Menschen damals könnten bereits bemerkt haben, dass es sich um Orte mit viel Kraft handelte, um sakrale Plätze, deren Wirkung sie besser zur Entfaltung bringen konnten, wenn sie diese Wege schufen.
Auf welche Wirkung genau sie abzielten, bleibt dabei unklar. Doch ich habe selbst erlebt, welche bemerkenswerte Energie diese Hohlwege haben, als ich vor einigen Jahren mit einem Freund, einem Musiker, diese Hohlwege in der Toskana besuchte. Matteo, mein Freund, und ich arbeiteten gerade an einem Video für einen neuen Song und fanden, dass die Hohlwege eine fantastische Kulisse dafür bildeten.
Die schönsten etruskischen Hohlwege befinden sich in der Nähe der Stadt Pitigliano im Süden der Toskana. Die Via Cava di San Giuseppe ist ein Netz aus insgesamt etwa zwanzig Kilometer langen Wegen, die miteinander verbunden sind. Leider haben vor einigen Jahren schwere Überflutungen in der Gegend die Wege beschädigt und teilweise mit Schwemmgut in Form von Ästen und ganzen Bäumen versperrt. Niemand fühlt sich dafür verantwortlich, sie wieder begehbar zu machen. Doch als wir beide dort hinfuhren, waren sie noch intakt.
Gut ausgerüstet kamen wir an. Matteo hatte seine Kamera und allerhand weitere Ausrüstungsgegenstände dabei, Mikrofone und ein Stativ. Klarerweise zeigten die Displays aller Geräte volle Ladung an und darüber hinaus hatte er Reserve-Akkus dabei.
Wir begannen mit unseren Aufnahmen. Eine Minute später war alles schwarz. Der Akku war leer. »Das ist unheimlich«, meinte Matteo. »Lass uns hier lieber verschwinden.«
»Vielleicht stimmt etwas mit der Anzeige nicht oder beim Aufladen ist etwas schiefgegangen«, sagte ich.
Matteo war etwas beklommen, während wir die Ersatz-Akkus einbauten, ich eher neugierig. Sollten hier tatsächlich Kräfte am Werk sein, die Akkus entladen konnten und deshalb physikalischer Natur sein mussten? Kräfte, die sich die Etrusker, zu welchen Zwecken auch immer, zunutze gemacht hatten? War das wirklich möglich?
Ich nahm wieder meine Position ein. Matteo drückte auf »Aufnahme«. Eine Minute später waren wir wieder am Ausgangspunkt. Das Bild war schwarz. Die Akkus waren leer.
Als wir die Via Cava di San Giuseppe hastig verlassen hatten und ich eine Woche später wieder an meinem Schreibtisch saß, las ich nach. Mitte der 1990er-Jahre befasste sich ein Physiker namens Giuseppe Martelli mit der Erforschung der Phänomene im Zusammenhang mit den etruskischen Hohlwegen, fand ich heraus.
Er lieh sich zu diesem Zweck von einer englischen Universität ein Gaußmeter aus, also ein Instrument, mit dem sich das Magnetfeld der Erde bestimmen lässt.
Ich hatte zu diesem Zeitpunkt bereits die Erfahrung gemacht, dass gerade bei der Wirkung von Orten viele Para- und Pseudowissenschaftler mit fragwürdigen Methoden Bilder und Theorien entwerfen, die einer ernsthaften Betrachtung nicht standhalten. Dies wohl, weil sie von der Wirkung von Orten auf Menschen dermaßen überzeugt sind, dass sie die Grenzen ernsthafter Wissenschaft überschreiten, um an Überzeugungskraft zu gewinnen und dabei in Wirklichkeit genau das Gegenteil erreichen. Sie haben dafür gesorgt, dass die Wirkung von Orten inzwischen, obwohl sich praktisch alle Kulturen aller Zeiten in allen Regionen der Welt damit befasst haben, einen seltsamen Beigeschmack hat. Das Wissen darüber fällt vielfach und zu Unrecht in die gleiche Kategorie wie Verschwörungstheorien.
Deshalb informierte ich mich sicherheitshalber über Martelli, den Mann, der dem Geheimnis der etruskischen Hohlwege mit einem Gaußmeter auf der Spur war. Der Physiker war zwanzig Jahre lang, von 1964 bis 1984, Vorstand der Space und Plasma Physics Group der University of Sussex gewesen, die eine der angesehensten britischen Universitäten ist. Sie benannte sogar, um ihn zu ehren, einen Asteroiden nach ihm.
Martelli war also offenbar esoterisch unverdächtig und seine Erkenntnisse kamen für mich wenig überraschend. Alle von ihm untersuchten etruskischen Hohlwege wiesen offensichtliche Anomalien auf. Außerhalb dieser Wege lieferte das Gerät normale Werte. Bloß blieb auch er die Antwort auf die eigentliche Frage schuldig: Was hatte dieses faszinierende Volk mit den Hohlwegen bezweckt? Wenn es ihm um den Magnetismus ging, warum? Welche medizinischen oder vielleicht auch spirituellen Beweggründe könnten sie gehabt haben, ihn in dieser Form zu verdichten?
Die Vermutung, dass die Etrusker mit ihren Hohlwegen tatsächlich medizinische Ziele verfolgten, liegt nahe. Auch die moderne Alternativmedizin setzt auf die so genannte Magnetfeld- oder auch Magnettherapie, bei der Patienten einem künstlich erzeugten Magnetfeld ausgesetzt werden. Laut den Befürwortern dieser Therapie lassen sich Wundheilungsstörungen, degenerative Erkrankungen des Bewegungsapparates und der Wirbelsäule sowie Knochenbrüche oder Migräne damit behandeln. Sie argumentieren außerdem damit, dass chinesische Mediziner bereits vor rund 2.000 Jahren magnetische Steine zur Heilung einsetzten. Auch in Schriften, die dem antiken Arzt Hippokrates zugeordnet werden, ist vom Einsatz magnetischer Steine die Rede.
Desgleichen sprechen Überlieferungen davon, die alten Römer hätten schon an die positive Wirkung von Magneten geglaubt. Womöglich übernahmen sie dieses uralte Wissen von den Etruskern. Auch die alten Ägypter sprachen magnetischem Schmuck die Wirkung zu, sich stärkend auf die Gesundheit auszuwirken.
Doch was sagt die Forschung im 21. Jahrhundert dazu? Wie steht es um die Wirkung von magnetischen und elektromagnetischen Feldern auf uns Menschen?
Gespaltene Welt der Wissenschaft
Schenken wir dem Deutschen Bundesamt für Strahlschutz (BfS) Glauben, so ist der Fall klar. Auf der Homepage der Einrichtung ist Folgendes zu lesen:
Statische Magnetfelder üben Kräfte auf magnetisierbare Metalle sowie auf sich bewegende elektrisch geladene Teilchen aus. Der Mensch nutzt starke Magnetfelder beispielsweise für bildgebende medizinische Verfahren. Untersuchungen zeigen bisher keine direkten negativen biologischen und gesundheitlichen Wirkungen statischer Magnetfelder bis zu einer Magnetflussdichte von vier Tesla.
Dazu muss man wissen: Tesla ist nicht nur eine Elektroautomarke, sondern auch die Maßeinheit für die magnetische Flussdichte, benannt 1960 nach dem Erfinder, Physiker und Elektroingenieur Nikola Tesla. Und: Vier Tesla sind für irdische Verhältnisse eine ganze Menge.
Ein handelsüblicher Hufeisenmagnet hat etwa 0,1 Tesla. Ein Kernspintomograph, wie wir ihn von medizinischen Behandlungen mittels Magnet-Resonanz-Therapie (MRT) kennen, kommt auf etwa 0,35 Tesla. Ein Neodym-Eisen-Bor-Magnet (der zurzeit stärkste herstellbare Dauermagnet)