Название | Kompetenzförderung mit Aufgabensets |
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Автор произведения | Herbert Luthiger |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783035506877 |
Inhaltlich und methodisch attraktive Lernaufträge und Aufgaben bilden das Rückgrat von Lehrmitteln und Lernarrangements in fast allen Domänen: für die Schülerinnen und Schüler als Quellen der Motivation, als Gelegenheiten, sich auf Phänomene und Gegenstände einzulassen, für die Lehrkräfte als Dreh- und Angelpunkt der Unterrichtsplanung, der Unterrichtssteuerung und Lernunterstützung sowie der Überprüfung von Lernergebnissen. Eine Aufgabenkultur, die es darüber hinaus ermöglicht, die Unterrichtsaktivität stärker auf die Seite der Schülerinnen und Schüler zu verlagern und ihnen eine aktive Rolle zu geben, leistet zudem einen wichtigen Beitrag zu einer an Selbstständigkeit und der Übernahme von Verantwortung für das eigene Lernen orientierten Schule.
Im Einzelnen zeichnen sich ertragreiche Aufgaben in allen Fächern durch eine Reihe von Qualitätskriterien aus. Gute Aufgaben
•repräsentieren Kernideen eines Faches und erfordern zu ihrer Bearbeitung fachspezifische Kompetenzen;
•eröffnen Zugänge zu fachspezifischem Verstehen und zu Denkformen eines Faches;
•wecken durch Alltagsnähe, Anschaulichkeit, Überraschungsmomente und kognitive Konflikte die Neugier und motivieren dazu, Denkimpulse auszuagieren und sich auf einen Gegenstand einzulassen;
•laden ein zu tiefem Verstehen und Problemlösen und zum Austausch darüber;
•erlauben multiple Denk- und Lernwege und lassen sich auf unterschiedlichen Niveaus lösen;
•haben (Selbst-)Differenzierungseigenschaften und eignen sich für schwächere und stärkere Schülerinnen und Schüler;
•ermöglichen aktives und selbstständiges, individuelles und kooperatives Lernen und fördern damit auch die Kultivierung überfachlicher Kompetenzen;
•zielen auf ein materielles oder immaterielles Lernprodukt (Erklärung, Ergebnistext, grafische Darstellung, Flussdiagramm, Arbeitsplan, Begriffsnetz), das ausgewertet, diskutiert und gegebenenfalls weiterentwickelt werden kann;
•lassen Raum für Mitbestimmung und Mitgestaltung hinsichtlich der Lerninhalte und Lernwege (enge, halb offene und offene Aufgabenstellungen).
Selbstverständlich kann nicht jede einzelne Aufgabe alle Merkmale erfüllen. Wichtig ist, dass Aufgaben von den Lernenden als bedeutsam wahrgenommen werden und motivierend wirken. Weiter können die Kriterien dazu dienen, Lernaufträge und Aufgaben bewusst zu gestalten und möglichst adaptiv auf die Lernstände und Bedürfnisse von Schülerinnen und Schülern auszurichten.
Lehrkräfte stehen fast täglich vor der voraussetzungsreichen Aufgabe, an die Ansprüche ihrer Lernenden angepasste Aufgabenstellungen bereitzustellen und – zumal Lernaufgaben selten »didaktische Selbstläufer« sind – deren Bearbeitung in heterogenen Lerngruppen fachdidaktisch adaptiv zu unterstützen. Dazu müssen Lehrkräfte die Potenziale und Verständnisherausforderungen von Aufgaben erkennen (Ausloten des task space/Aufgabenraumes), und sie müssen sich darauf vorbereiten, leistungsstarke und -schwache Schülerinnen und Schüler durch Zusatzimpulse und abgestufte Hilfestellungen zu unterstützen. Ob Aufgaben ihr Lernpotenzial im Unterricht tatsächlich entfalten, hängt nicht nur von den Aufgabenstellungen selbst, sondern auch von ihrer auf fachliche Lerntiefe zielenden und zugleich auf unterschiedliche Lernvoraussetzungen Rücksicht nehmenden didaktisch-methodischen Unterstützung ab. Fragen, die sich in dem Zusammenhang stellen, sind: Welches ist der (über-)fachliche Bildungs- und Kompetenzwert der Aufgabe? Welche exemplarischen fachlichen Einsichten und Fähigkeiten lassen sich gewinnen? Welche Potenziale bietet die Aufgabe in Hinsicht auf die Übung (verallgemeinerbarer) methodischer, sozialer und personaler Kompetenzen? Welche Verständnisschwierigkeiten sind zu erwarten? Welche altersgerechten Möglichkeiten bietet die Aufgabe hinsichtlich der Art und Weise, in der sie gestellt, methodisch bearbeitet, differenziert und (sozial) unterstützt werden kann? Seit Klafkis Leitfragen zur didaktischen Analyse[2] gehört die Beantwortung dieser Fragen zum Kern der Unterrichtsvorbereitung von Lehrkräften.
Die fachdidaktischen Beiträge des Bandes widmen sich auf exemplarische Weise diesen Fragen. Sie leisten damit einen wertvollen Beitrag zur Lehrer- und Lehrerinnenbildung und zu einem fachdidaktisch gehaltvollen, kompetenzfördernden Unterricht.
Prof. Dr. Kurt Reusser, Universität Zürich
Einleitung
Einleitung
Was sucht LUKAS in einem Fachbuch für Pädagogik und Didaktik?
Wie jedes Buch hat auch dieses seine eigene Geschichte. Sie steht in engem Zusammenhang mit der interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Fachdidaktik und Allgemeiner Didaktik im Entwicklungsschwerpunkt »Kompetenzorientiert unterrichten« der Pädagogischen Hochschule Luzern. Bei der Auseinandersetzung mit dem Problem, wie angehende Lehrerinnen und Lehrer in der Arbeit mit modernen, kompetenzorientierten Lehrplänen möglichst gut unterstützt werden können, hat uns folgende Frage auf Trab gehalten: Wie sind Aufgaben zu gestalten und im Unterricht einzubinden, damit sie einen auf Kompetenzen ausgerichteten Lernprozess fördern?
Auf diese Weise ist das LUKAS-Modell entstanden. LUKAS steht in diesem Buch nicht für einen männlichen Vornamen, sondern ist ein Akronym für einen Ansatz, der die Kompetenzförderung über die epistemologischen und funktionalen Qualitäten von Aufgaben in den Blick nimmt: LUzerner Modell zur Entwicklung Kompetenzfördernder AufgabenSets.
Das LUKAS-Modell legt den Fokus bewusst auf Aufgaben. Aufgaben fungieren zum einen als Instrument der didaktischen Unterrichtssteuerung, zum andern sind sie – richtig eingesetzt – sowohl Träger von Lerninhalten als auch Förderer von Denk- und Verstehensprozessen.
(Angehende) Lehrerinnen und Lehrer arbeiten bereits heute mit dem LUKAS-Modell. Stellvertretend sei hier folgende Erkenntnis eines Studenten aufgeführt:
Rückblickend lässt sich festhalten, dass das Modell (LUKAS) […] hervorragend als Analyse- und Planungsinstrument eingesetzt werden kann. […] Eine Konfrontationsaufgabe lässt sich z. B. immer gewinnbringend einsetzen, um Vorwissen der Schüler abzurufen. Ebenso ist eine Hypothesenbildung (Konfrontationsaufgabe) sowie -überprüfung (Transferaufgabe) wertvoll, um Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler sichtbar zu machen. Als persönliches Learning werte ich eine formative Lernkontrolle als zwingend und werde diese auch in allen anderen zu unterrichtenden Fächern in Zukunft einsetzen. (Rückmeldung eines Studenten der Pädagogischen Hochschule Luzern, 3.4.2017)
Solche und frühere – auch kritische – Einschätzungen und Rückmeldungen, die wir im Rahmen des Entwicklungsprojekts erhielten, haben uns dazu bewogen, das Modell in der Praxis zu erproben und das vorliegende Buch gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Fachdidaktik zu verwirklichen. Es ist uns ein Anliegen, den interdisziplinären Diskurs in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung anzuregen und zu fördern, denn »jede einzelne Unterrichtsstunde und jede Unterrichtseinheit muss sich daran messen lassen, inwieweit sie zur Weiterentwicklung inhaltsbezogener und allgemeiner Schülerkompetenzen beiträgt. Die wichtigste Frage ist nicht ›Was haben wir durchgenommen?‹, sondern ›Welche Vorstellungen, Fähigkeiten und Einstellungen sind entwickelt worden?‹«[3] Dazu ist es notwendig, dass Lehrkräfte über eine möglichst klare Vorstellung verfügen, wie einzelne Kompetenzstufen aufeinander abgestimmt sind. Hierfür braucht es gute Aufgaben – gute Aufgaben in dem Sinne, dass sie den Kompetenzerwerb strukturieren und nachhaltig fördern,