Golf ist ganz einfach. Helmut Luft

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Название Golf ist ganz einfach
Автор произведения Helmut Luft
Жанр Сделай Сам
Серия
Издательство Сделай Сам
Год выпуска 0
isbn 9783767911734



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um mehr als das Doppelte verlängert. Nur durch den technischen Trick der Hebelwirkung können wir mit dem Schlägerkopf ein großes Rad markieren, das den Ball so unnatürlich weit befördert.

      Das ist vielen Menschen zuwider. Der Evolutionsschritt zum Gebrauch von Werkzeugen ist erst vor kaum mehr als 100.000 Jahren erfolgt, zu kurz um sich schon in den Genen fest zu verankern. Viele Menschen sind handwerklich unbegabt, hauen sich mit dem Hammer auf den Daumen, haben Angst vor technischen Geräten und sind auch bei Golfschlägern verunsichert. Ein prominentes Beispiel ist Winston Churchill, der Golf für den vergeblichen Versuch hielt, auf der großen Kugel eine kleine zu bewegen „und noch dazu mit dafür völlig ungeeignetem Gerät!“

      2. Der Ball ist sehr klein und deshalb schwer zu treffen. Man muss sehr genau zielen und kann ihn leicht verfehlen, als Luftschlag über ihn hinweg, neben ihm vorbei oder unter ihm in den Boden hacken. Er gehört zu den kleinsten Bällen überhaupt, ist etwa so groß wie ein Billardball – nur der beim Tipp-Kick ist noch kleiner. Zum Vergleich: Ein Tennisball ist viel größer und entsprechend leichter zu treffen, vom Hand- oder Fußball ganz abgesehen.

      3. Winzige Ursachen haben katastrophale Auswirkungen. Der Ball ist sehr klein und dementsprechend sehr rund, d. h. er ist sehr intensiv gekrümmt. Da die Fläche des Golfschlägers, die die Kraft auf den Ball überträgt – verglichen z. B. mit Tennisschlägern – ebenfalls sehr klein ist, ist es sehr schwer, den idealen Treffpunkt zu finden. Schon winzige Abweichungen haben gewaltige Auswirkungen. Den Ball nicht genau mit dem Sweetspot zu treffen, kann einen Unterschied von 100 Metern Länge bewirken, eine Verkantung von Millimetern führt zu erschreckenden Veränderungen der Flugbahn wie Slice, Hook oder Toppen. Das sind Katastrophen und aus der berechtigten Angst davor gehen viele übertrieben vorsichtig und unsicher mit den Golfschlägern um.

       Körperprobleme

      Der Golfschwung ist ein mechanischer Ablauf, folgt den Gesetzen der Physik und ist exakt berechenbar, aber die Körperbewegungen, mit denen wir ihn in Gang setzen, sind alles andere als mechanisch. Ganz im Gegenteil, dazu sind sie sehr kompliziert und werden von vielen Faktoren beeinflusst. Die Umsetzung unserer Bewegung in die Technik des Schwungs ist für viele das Problem. Für den Roughplayer sind Körperbewegungen schwer planbar und ihr Ergebnis ist nicht vorhersehbar. Infolge dieser Unsicherheit macht er halbherzige und ungeschickte Bewegungen, die den kraftvollen Ablauf der Schwungmechanik stören und den Erfolg verhindern. Damit schafft er sich seine Leiden.

      Das muss aber nicht so bleiben. Da der Schwung als Ganzes zwar tatsächlich nicht im menschlichen Bewegungsrepertoire enthalten ist, sich aber aus nur wenigen vertrauten Grundbewegungen zusammensetzt, kann durchaus ein runder, natürlicher Schwungablauf daraus werden.

      Man muss sich nur klarmachen, dass der Golfschwung sich aus drei Grundbewegungen zusammensetzt, die wir sicher beherrschen und geschickt ausführen können.

      1. Eine davon ist das Pendeln. Es ist fast reine Mechanik. Wenn man beim Putten einfach mechanisch Richtung Loch pendelt, fällt das Zittern und Zagen, ob der Ball wohl will, weg, denn er muss ja, er kann nicht anders.

      2. Eine Anschubbewegung wie beim Kegeln ist bei vielen Schwüngen beteiligt und hilft, besser von innen zu kommen, zum Ziel hin, und den Slice zu vermeiden.

      3. Auch das Werfen und Schleudern aus Schultern und Armen ist uns vertraut.

      Die Grundbewegungen wirken harmonisch zusammen, bei jedem Schlag in etwas anderer Kombination.

      Eigentlich ist der Golfschwung also weder so schrecklich noch so verwirrend, wie er dem Roughplayer vorkommt. Das Repertoire mechanischer Grundregeln ist ebenso übersichtlich wie das der vertrauten Körperbewegungen. Es ist also kein Problem, mit einer natürlichen fließenden Körperbewegung die Kräfte der Mechanik wirksam an den Ball zu bringen und in einen guten Ballflug zu verwandeln.

      Die Probleme, besonders wenn wir uns gerade im Roughplayer-Modus befinden, ergeben sich daraus, dass wir den natürlichen Ablauf der Mechanik stören, weil wir zu viel denken und zuviel wollen und das Schwingen nicht dem Körper überlassen. Wir meinen, wir müssten uns anspannen und machen verrenkte Bewegungen, um genug Kraft für den Impact aufzubauen. Der schöne große Schwung läuft dann nicht mehr rund, weil wir durch Fehlbewegungen, die wir gar nicht merken, seinen Ablauf stören. Durch unwillkürliches Anziehen der Hände verkürzen wir den Radius, durch Einknicken der Knie hacken wir in den Boden, durch Überdrehen der rechten Schulter läuft der Schwung aus der Spur.

      Wie man trotzdem überlebt

      Roughplayers Probleme sind etwas, was allein durch Technik nicht auf Dauer zu beheben ist. Der Pro kann zwar meist sofort helfen. Er sieht ein technisches Detail, und schon läuft es wieder. Beim Ernstfall auf der Runde ist es dann aber nicht umzusetzen oder geht schnell wieder verloren. Kein Pro und keiner der begnadeten Halbgötter, die gleichmäßig spielen und immer in der Nähe ihres Handicaps sind, kann das verstehen. Als Roughplayer ist man der einsamste Mensch auf dem Platz, allein mit seinen Leiden, seinem Kummer, seinen rätselhaften Fehlern und unbegreiflichen Sockets, seinen Zweifeln an sich Selbst und seinem Charakter.

      Dabei ist es gar nicht so schwer, aus dem inneren Rough, in dem man sich verfangen hat, herauszukommen. Man muss einen Weg sehen und muss ihn gehen, und jeder Weg beginnt mit einem ersten Schritt.

      Überlegen Sie sich, welche Hindernisse ein Grund für Ihre Formtiefs sein könnten. Wenn Sie noch keines finden können, dann denken Sie sich als ersten Schritt eben eines aus, mit dem Sie sich vor sich selbst und andern rechtfertigen können. Raten Sie, was es bei Ihnen sein könnte, und folgen Sie dabei Ihrem Gefühl. Der Rücken, die Bandscheibe, die Arthrose, das Knie- oder Hüftgelenk, die mangelnde Übung leuchtet jedem ein. Das sind zuerst nur gute Ausreden, die aber bekanntlich zur Stabilisierung des Selbstwertgefühls absolut nötig sind, im Golf genau so wie im Leben. Der Zweck heiligt die Mittel. Die Erfahrung zeigt dann, dass Sie mit Ihrer Vermutung nicht selten intuitiv sogar richtig liegen. Ihre Diagnose wird sich bestätigen oder Sie werden eine andere Ursache herausfinden, an der Sie arbeiten können. Wichtig ist, dass Sie den ersten Schritt tun, um aus der Lähmung und Verwirrung, dem psychischen Rough, herauskommen und ernstlich anfangen, den wirklichen Ursachen Ihrer Formtiefs auf die Spur zu kommen.

       Technik und Mechanik nutzen

      Die Angst des Roughplayers vor den Tücken des Golfschwungs lässt sich auflösen. Dem Ball gut zusprechen, ihn anschreien, ihn bitten, sogar den Himmel anflehen, bewegt ihn keinen Millimeter. Er sperrt sich wie ein störrischer Esel oder wie unsere Kinder im Trotzalter.

       Was hilft ist, näher hinzuschauen und festzustellen, dass der Ball ausschließlich durch Technik und mechanische Kräfte in Bewegung gesetzt wird, und durch nichts sonst.

      Den Kräften der Mechanik gehorcht er unverzüglich, setzt sie 1 zu 1 in Bewegung um, er hat keine Wahl, er muss den physikalischen Gesetzen folgen. Das können wir uns zunutze machen. Wir können uns darauf verlassen, dass der Ball genau das und nur das tut, was die Mechanik ihm vorschreibt. Das entlastet uns sehr, denn zum Glück und zum Trost gibt es beim Golf nur zwei sehr einfache den Golfball bewegende Kräfte. Diese sind:

      1. Die Bewegungskraft durch Stoß oder Schwung. Geben Sie einem Ball einen Stoß oder Anschub, etwa mit dem Putter, dann muss er genau in die Richtung rollen und genau so weit, wie die Stoßkraft dosiert war. Das müssen wir uns zunutze machen. Wenn wir uns darauf konzentrieren, dass der Ball dem Naturgesetz der Mechanik folgen muss, geht die Nervosität sofort weg und wir fühlen uns ruhig und souverän.

      Beim Putten mit seiner einfachen Pendelbewegung spürt man das sofort. Aber auch bei Hölzern und Eisen muss der Ball die Schwung-Energie 1 zu 1 in Bewegung verwandeln und in der Treffrichtung davonfliegen. Die Gesetze der Mechanik lassen ihm keine Wahl.

      2. Die Schwerkraft, Erdanziehung