Название | Grüne Antibiotika |
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Автор произведения | Eberhard J. Wormer |
Жанр | Сделай Сам |
Серия | |
Издательство | Сделай Сам |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783863742263 |
Gibt es noch Hoffnung für die Menschheit? Gibt es Lösungen für das Resistenzproblem? Ja, es gibt sie. Die erste Maßnahme wäre ein viel beschworener Umdenkungsprozess: Mikroorganismen, Bakterien und Viren sind keine „bösen Feinde“ des Menschen. Wir sollten aufhören, „Krieg“ gegen sie zu führen. Bakterien sind nützliche Mitbewohner des Menschen. Sie sollten unsere „Freunde“ sein. Durch massenhafte und kritiklose Anwendung von Antibiotika in der Medizin und in der Massentierhaltung haben wir selbst beste Bedingungen für die Resistenzentwicklung geschaffen. Antibiotika sind immer auch ein Angriff auf die Lebensgemeinschaft des Menschen mit seinen Mikroorganismen, die für seine Gesundheit und das Überleben gebraucht werden.
Alle modernen Antibiotika hemmen prinzipiell mit nur wenigen Stoffwechselmechanismen den Lebenszyklus der Mikroben. Demgegenüber haben Flora und Fauna in Jahrmillionen komplexe Abwehrmechanismen entwickelt, die es den Pflanzen mit einer Mixtur aus Hunderten von Abwehrstoffen erlauben, ihr Überleben zu sichern. Ein evolutionsbiologischer Vorteil, dem die Wissenschaft nur sehr wenig entgegenzusetzen hat. Es überrascht nicht, dass es pflanzliche Antibiotika gibt, die auch bei MRSA-Infektionen wirksam sind! Davon handelt dieses Buch.
KAMPF GEGEN KEIME
Die Entdeckung von Penicillin gilt – zu Recht – als große Errungenschaft der Medizin. Erstmals hatte man beobachtet, wie sich ein Mikroorganismus (ein Schimmelpilz) vor schädlichen Angreifern schützt – und daraus gefolgert, dass dies auch zur Behandlung von Infektionen beim Menschen nützlich sein könnte. Der Begriff Antibiotika kennzeichnet Stoffe, die Mikroorganismen töten können. Er wurde 1942 von dem amerikanischen Mikrobiologen Selman Waksman eingeführt. Antibiosis (Antibiotika) ist von den griechischen Worten anti (= gegen) und bios (= Leben) abgeleitet.
Bis zum 20. Jahrhundert beruhte die Behandlung von Infektionen auf traditionellen Heilmitteln. Belege für solche natürlichen, antibakteriell wirksamen Mittel finden sich in den Heilsystemen aller Weltkulturen seit mehr als 4 000 Jahren: im Ayurveda, in der chinesischen Medizin, in der antiken westlichen Medizin und bei zahllosen indigenen (lat. indiges = eingeboren) Bevölkerungen.
Im antiken Ägypten war Honig ein geschätztes Mittel bei Infektionen. Noch im Zweiten Weltkrieg behandelte man in Shanghai infizierte Hautwunden erfolgreich mit einer Salbe aus Honig und Schmalz. Weihrauch, Myrrhe, Zwiebeln und Knoblauch gehörten gleichfalls zu den traditionellen antibakteriell wirksamen Heilmitteln. Die antike griechische Medizin benutzte Wein und Essig als keimtötende Mittel bei infizierten Wunden. Darüber hinaus wurden dort wie auch in Indien bereits Schimmelpilze bei Infektionen therapeutisch eingesetzt.
Kugel- (Kokken, B, C, D, E), stäbchen- (F) und spiralförmige Mikroorganismen (G) im Zahnbelag von Antoni van Leeuwenhoek unter dem Mikroskop (1683).
Jahrhundertelang bediente man sich solcher Mittel, um infizierte Wunden zu behandeln. In früheren Zeiten konnte die kleinste Hautwunde tödlich sein. Fortschritte auf dem Gebiet der Mikrobiologie waren erst möglich, als Mikroskope zur Verfügung standen. Der niederländische Tuchhändler Antoni van Leeuwenhoek (1632–1723) begann ab 1660, als Autodidakt Mikroskope zu bauen. Er beschrieb erstmals Bakterien, die er mikroskopisch beobachtet hatte. Über die Bedeutung solcher Kleinstlebewesen (animalcula) war jedoch nichts bekannt. Ansteckende Infektionskrankheiten wurden noch bis Mitte des 19. Jahrhunderts auf ein „kontagiöses Miasma“ (Ausdünstung) zurückgeführt.
Schimmelpilze
Dass Schimmelpilze antibiotisch wirken können, war lange vor der Entdeckung von Penicillin bekannt. Im antiken Griechenland und in Indien benutzte man Schimmelpilze und Pflanzen zur Behandlung von Infektionen. 1550 v. Chr. behauptete ein ägyptischer Arzt (Papyrus Ebers), dass eine „faulige Wunde … mit verdorbenem Gerstenbrot bedeckt werden solle“. In Serbien, Griechenland und Russland waren verschimmeltes Brot oder (sporenhaltige) warme Erde traditionelle Mittel zur Wundbehandlung. Feuchtes Brot, vermischt mit (sporenhaltigen) Spinnweben, galt im 16. Jahrhundert in Polen als probate Wundbehandlung. Spinnweben wurden auch von der indigenen Bevölkerung Nordamerikas und der bayerischen Landbevölkerung bis Mitte des 19. Jahrhunderts als Wundauflage benutzt.
1871 beobachtete der englische Physiologe Sir John Scott Burdon Sanderson, dass Penicillium in Kulturflüssigkeit das Wachstum von Bakterien hemmt. Zur gleichen Zeit entdeckte Joseph Lister, ein englischer Chirurg und der Begründer der Antisepsis (Karbolsäure), dasselbe Phänomen bei mit Schimmelpilz kontaminiertem Urin. Der englische Arzt William Roberts stellte 1874 fest, dass eine bakterielle Verunreinigung generell fehlt, wenn die Kultur den Pilz Penicillium glaucum enthält. Der irische Forscher John Tyndall bestätigte diese Beobachtung ein Jahr später. Der französische Chemiker und Mikrobiologe Louis Pasteur (1822-1895) beobachtete 1877 eine Wachstumshemmung bei Anthrax-Bazillen, wenn die Kultur mit Schimmelpilz kontaminiert war.
Im Jahr 1897 reichte der französische Militärarzt Ernest Duchesne eine Doktorarbeit mit dem Titel Untersuchungen zum Überlebenskampf der Mikroorganismen: der Antagonismus von Schimmelpilzen und Mikroben ein. Die Arbeit wurde abgelehnt, doch seine Erkenntnisse wurden 50 Jahre später anerkannt. Er hatte bemerkt, dass arabische Stallknechte die Pferdesättel in einem dunklen feuchten Raum lagerten, um Schimmelpilzbildung anzuregen. Die Knechte erklärten, dass Scheuerwunden bei Pferden dadurch besser abheilen. Ein erster Versuch Duchesnes mit der Injektion einer Schimmelpilzlösung bei erkrankten Meerschweinchen war erfolgreich. Anschließend befasste er sich experimentell mit der Wechselwirkung von Escherichia coli und Penicillium glaucum. Es zeigte sich – lange vor der Entdeckung von Penicillin –, dass der Pilz in einer Kultur vorhandene Bakterien abtöten konnte.
Arsphenamin
Als erstes Antibiotikum der Medizingeschichte gilt eine Arsenverbindung (Arsphenamin), die unter dem besser bekannten Namen Salvarsan zur Behandlung der Syphilis 1910 in den Handel kam. Erstmals gab es nun ein gezielt antimikrobiell wirksames Medikament, das bei Spirochäteninfektionen (Syphilis, Frambösie, Rückfallfieber u.a.) erfolgreich war.
Der deutsche Arzt Paul Ehrlich (1854-1914) führte in großem Stil Arzneimittelforschung mit Labortests und Tierversuchen durch, bis er 1909 die gegen Syphilis-Spirochäten wirksame Substanz Bayer 606 gefunden hatte.
Salvarsan war sehr stark wirksam, hatte aber auch starke Nebenwirkungen. Bei intravenöser/-muskulärer Injektion konnte es zu Verätzungen kommen. Salvarsan verändert sich an der Luft sehr schnell zu einer giftigen Substanz. Aus diesem Grund wurde es in luftdichte Glasampullen abgefüllt. Später wurden besser verträgliche Derivate entwickelt. Salvarsan blieb lange Zeit das erste und einzige Antibiotikum. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts war Salvarsan kaum mehr in Gebrauch und wurde weitgehend durch moderne Antibiotika (z.B. Penicillin) ersetzt.
Penicillin
Es hatte vielleicht daran gelegen, dass Semesterferien waren und Professor Alexander Fleming (1881–1955) mehrere Wochen sein Labor im Londoner St. Mary’s Hospital zusperrte, um in Urlaub zu fahren. Bevor er abgereist war, hatte er mit Kulturen traubenförmig angeordneter Kugelbakterien (Staphylokokken) in flachen Glasschalen mit Nährlösung experimentiert. Am dritten September 1928 kehrte Fleming an seinen Arbeitsplatz zurück und entdeckte beiläufig eine im Brutschrank vergessene Petrischale – ohne Glasdeckel! Siehe da – fremde Keime hatten sich eingenistet: Schimmelpilz. Schon wollte er die unbrauchbare Kultur vernichten, als ihm auffiel, dass die Nährlösung rund um die Pilzflecken sauber war. Er entdeckte Zonen ohne Staphylokokken und identifizierte die Spezies Penicillium chrysogenum (notatum). Wahrscheinlich stammte der Keim aus dem Pilzlabor ein Stockwerk tiefer – der Professor arbeitete niemals bei offenem Fenster.
Da der Pilz einen unbekannten bakterienhemmenden Stoff enthalten musste, prüfte Fleming diese Wirkung mit einem gereinigten Pilzextrakt bei verschiedenen Bakterien, mit Erfolg.
Er