Was hat sie, was ich nicht habe. Katarina Michel

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Название Was hat sie, was ich nicht habe
Автор произведения Katarina Michel
Жанр Сделай Сам
Серия
Издательство Сделай Сам
Год выпуска 0
isbn 9783894276843



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auch von ihr treiben ließen.

      Stets war Eifersucht eine dynamische, zerstörerische Kraft, die Bewegung und Veränderung ins Leben brachte.

      Eine andere Qualität bekam die Eifersucht in den abendländischen Kulturen, nachdem das zur Staatsreligion gewordene Christentum die Ehe als monogam und gemäß Dogma als „unauflöslich“ definiert hatte. Eifersucht wurde mit einer theologisch legitimierten Moral verbunden, die ihr für Jahrhunderte eine stabile Basis für ihre Aufrechterhaltung verlieh. Moral wurde mit Sünde (sogar mit Todsünde) und Sünde mit Hölle verknüpft. Derjenige (zumeist diejenige!), der eine Sünde begangen hatte, wurde bestraft – weltlich und möglicherweise später auch jenseitig.

      Moral wurde mit Sünde (sogar mit Todsünde) und Sünde mit Hölle verknüpft.

      Die Frau hat dem Mann gedient und der Mann hat die Frau versorgt. Anders war es moralisch nicht vorstellbar und gesellschaftlich nicht umsetzbar. Ab dem 12. Jahrhundert haben sich die Auswirkungen des kirchlichen Monopols auf die Ehe noch verstärkt. Die Institution Ehe hatte nicht nur ihren Sinn für den Aufzug des Nachwuchses, sondern war zudem ein „Schutz-Bündnis“ für die Gesellschaft. Es sollte das Verhalten von jungen Frauen kontrollieren und die sexuelle Energie der Männer kanalisieren. Aus der Liebe und der daraus entstandenen Beziehung wurde so (fast) eine Zwangs-Institution mit genau vorgegebenen Regeln, in welcher der Besitz des Partners eine entscheidende Rolle spielte. Es war eine Phase der menschlichen Entwicklung, in der es wichtig war, „zu haben“ und „zu besitzen“ – auf der materiellen Ebene genauso wie auf der geistigen. Natürlich spielte auch hier die christliche Religion, manifestiert in der Macht der Kirche, eine entscheidende Rolle, weil sie ihren Einfluss auf das Denken der Menschen mit brutaler Konsequenz ausübte.

      Dieser Prozess löste eine zweifache Entwicklung aus: Zum einen hatte sich die Freiheit des Einzelnen – und der Frau im Besonderen – der kirchlichen Verkündigung unterzuordnen; zum anderen wurde die Verbindung zwischen Beziehung und Besitz festgeschrieben. Besitz-Ansprüche auf den jeweiligen Partner wurden von der Gesellschaft als völlig normal angesehen und akzeptiert. War im Altertum Eifersucht noch mehr einer Sache der persönlichen „Ehre“, so wurde sie unter der kirchlichen Herrschaft zu einer moralischen Angelegenheit.

      Mit dem Aufkommen der bürgerlichen Gesellschaft und dem Zurückdrängen des kirchlichen Machtanspruches brachen sich Freiheit und individuelle Verantwortung neue Bahnen, in denen neben der Selbstbestimmung auch ein „romantisches Gefühl“ zugelassen wurde. Letzteres gestattete die gesellschaftliche Übereinkunft vorrangig den Frauen.

      Die weitere Säkularisierung in der modernen Industriegesellschaft, bis hinein ins 21. Jahrhundert, hat diese Freiräume weiter ausgebaut, nicht selten unter erheblichen Zerwürfnissen (Emanzipations-Bewegung). Geblieben sind allerdings die menschlichen Ur-Themen. Auch für die selbstbewusste Frau im Zeitalter von iPhone und iPad sind die psychologischen Grundstrukturen nicht anders als zur Zeit des Sokrates oder der Hildegard von Bingen.

      Ist Eifersucht angeboren oder anerzogen?

      Im Zusammenhang mit der Geschichte der Eifersucht steht zeitübergreifend eine Frage im Vordergrund: „Ist Eifersucht angeboren oder anerzogen?“ Gibt es für dieses Gefühl eine genetische Erklärung oder ist es das Ergebnis von Erziehung und Lebensstil? Als Antwort auf diese Frage existieren die unterschiedlichsten Theorien und Meinungen. Auch wenn diese Erklärungsmodelle häufig Vergleiche aus dem Tierreich heranziehen – seien es Säugetiere, Schimpansen, Bonobos, Igel oder Fledermäuse – bleibt in den meisten Fällen leitend, dass für viele Forscher auf diesem Gebiet ein Punkt von besonderer Wichtigkeit ist, nämlich wie sich das menschliche Verhalten auf das Erbgut auswirkt. Eine Theorie besagt, dass die Frauen deshalb mehrere Beziehungen eingehen, weil sie die besten Gene für ihre Nachkommen suchen. Männer wiederum stehen unter dem Zwang, sich fortpflanzen zu wollen. Sie möchten ihr Erbgut weitergeben und suchen dafür immer neue Möglichkeiten, um ihre Nachkommenschaft zu sichern. Wenn die Frauen immer das Beste für sich suchen, müssen die Männer immer das beste Angebot unterbreiten. So einfach stellen sich manche Theoretiker das „Spiel der Geschlechter“ vor.

      Die Partnersuche ist genetisch vorgegeben und gehört ganz natürlich zur menschlichen Entwicklung. Der Mensch sucht einen Partner, denn er ist so von der Natur vorprogrammiert. Der Mann sucht die Frau und die Frau sucht den Mann, um sich gemeinsam um das Erbgut zu kümmern. Auch wenn es die komplexe Thematik der zwischenmenschlichen Beziehungen keineswegs auch nur annähernd abdeckt, lebt die Gesellschaft weitgehend mit diesem Grundkonsens, wonach es die primäre Aufgabe des Menschen ist, sowohl des Mannes als auch der Frau, sich um die Weitergabe des vorhandenen Erbgutes zu kümmern. Allerdings, und das macht es etwas kompliziert, scheint es aus der Natur heraus genetisch programmiert zu sein, dass der Mensch einmal hier und einmal da sucht. Man ahnt, dass hier ein ziemliches Konfliktpotenzial schlummert!

      Die Partnersuche treibt den Einzelnen so lange an, bis er das bekommt, was er sucht – und sich dabei auch noch wohlfühlt. Aus der Sicht der Genetik steht dem Menschen – aufgrund des „Angebotes“ – die Freiheit bei der Partnerwahl ganz natürlich zu. Es geht schließlich um das Erbgut, das weiterleben und weitergegeben werden soll! Doch es gibt auch hier den berühmten Haken. Die Natur hat es wohl nicht so einfach mit uns Menschen gemeint. Oder erklären wir Menschen die Natur nur auf eine komplizierte Art und Weise? Sobald eine Frau das Beste für ihr Erbgut gefunden hat, wendet sie ihre ganze Aufmerksamkeit auf diesen Nachwuchs, und sie verlangt und erwartet dasselbe auch von ihrem Partner. Sobald der Mann eine passende Möglichkeit gefunden hat, um sein Erbgut zu vermehren, erhebt er Besitzansprüche auf die Partnerin, um sicherzustellen, dass er der tatsächliche Vater des Kindes ist, damit es „sein Material“ ist, welches er versorgt. So kommen unerwartet neue Besitzansprüche und klar definierte Erwartungen ins Spiel um das Erbgut. Beide zusammen bilden eine wunderbare Grundlage für die Eifersucht.

      Die Eifersucht des Mannes ist durch das Patriarchat gesellschaftlich „legalisiert“ worden.

      Eine andere Evolutionstheorie nimmt das Patriarchat als Nährboden für die Eifersucht an. Dadurch, dass dem Mann das naturgesetzliche Recht auf „echtes Erbe“ zugesprochen wird, ist die Eifersucht sein natürliches Instrument, um dieses Recht zu verteidigen. Man kann aus heutiger Sicht sagen, dass die Eifersucht des Mannes durch das Patriarchat gesellschaftlich „legalisiert“ worden ist. Sie gilt nicht mehr nur als eine treibende, unruhige, eventuell auch zerstörerische Emotion, sondern eher als moralischer Schutz für den ganz privaten, zutiefst intimen „Besitz“. Dieser seltsame Besitzanspruch des Mannes auf die Frau wurde so gesellschaftlich anerkannt, akzeptiert und hat sich ins Bewusstsein des Menschen eingebrannt. Während Evolutionstheoretiker und Kirchenvertreter in seltener Verbundenheit nun eine Ordnung in der Gesellschaft sehen, was das Erbgut anbelangt, zeigen sich in der Realität, vor allem auf der Seite der Frauen, Einschränkungen, Beklemmungen, Verlogenheit sowie Intrigen und Verleugnungen – die ein wichtiger Nährboden für die Angst sind. Angst wiederum ist, wie sich im Folgenden zeigen wird, von zentraler Bedeutung für die Eifersucht.

      Angst ist von zentraler Bedeutung für die Eifersucht.

      In einer klassischen Patriarchatsstruktur hatten sowohl diejenigen Angst, die etwas (jemanden) besaßen, als auch diejenigen, welche diesen Besitz darstellten. Der eine hatte Angst um sich selbst, um seine Würde und sein Ansehen, der andere hatte Angst, heimlich etwas zu leben, was er moralisch nicht leben durfte, was nicht gesellschaftlich akzeptiert war. Die Angst prägte viele Handlungen – mit den vorhersehbaren psychologischen Folgen.

      Aufgrund von Konvention, Ehre, Ansehen und Moral gewann die Eifersucht immer mehr an sozialer und psychologischer Kraft. Diese Entwicklung vollzog sich so lange, bis sie als „normaler“ Aspekt einer Liebesbeziehung anerkannt wurde. „Wer liebt, ist auch eifersüchtig, sonst liebt er nicht wirklich“, besagen viele alte Beziehungsratgeber. Eifersucht wurde als eine Art „Liebesbeweis“ empfunden. Diese seltsame, aber gesellschaftlich durchaus akzeptierte Abwegigkeit zeigt nur, wie stark der Besitzanspruch auf einen Partner im Bewusstsein der Menschen noch immer wirkt. Die meisten Betroffenen merken gar nicht, dass sie nachhaltig und mit einer starken Tendenz zur Selbstschädigung gegen die Liebe handeln.

      Es spricht sehr viel dafür, dass Eifersucht nicht angeboren, sondern vielmehr anerzogen ist.

      Es