dann dort in Hohensalza die Essig- und Mostrichfabrik des Onkels meiner Mutter, Alfred, der dort im Ort lebte und seine Mutter betreute. Er war verheiratet und hatte 2 Kinder, die etwas älter als ich waren. Bevor er die Fabrik übernahm, hat er als Dentist gearbeitet. 1945 sind alle zusammen geflüchtet. Zunächst zu Richard nach Berlin, nach kurzem Aufenthalt dort sind sie nach Kempten im Allgäu weitergereist und von dort später nach Villingen im Schwarzwald gezogen, wo meine Urgroßmutter Hulda, am 22.08. 1956 mit ca. 88 Jahren gestorben ist. Alfred und Richard wie Arthur (wohnhaft in Kiel) waren Brüder meiner Oma Helene und Kinder der Hulda. Alfred und Richard haben sich wegen des Erbes der Mutter, das ausschließlich aus einem Lastenausgleich in Höhe von 24 000 DM bestand, heftig gestritten. Arthur war zu diesem Zeitpunkt schon tot, von ihm erbten zwei Kinder zu gleichen Teilen und auch ich 1964 mein erstes Auto, einen Trabant 601. Der Wagen kostete damals im Westen 4100 DM. So behielt ich noch 2000 DM übrig, die ich gegen 8000 Ostmark eintauschen konnte. Zurück zu Landsberg. Ich erinnere mich an einige dramatische Ereignisse: Als ich noch nicht schwimmen konnte, hatten mich mehrere Schüler der höheren Klassen in den Kanal geworfen, mich also an Händen und Füßen gepackt und ins Wasser geschleudert. Dabei hätte ich leicht ertrinken können. Meine Mutter ging mit mir zum Direktor der Schule und beschwerte sich darüber. Das fand ich toll. Wir waren öfter mal baden an den sogenannten Schafspfuhlen, die in der Nähe des Kanals lagen. Meine Mutter saß auf der Wiese, unterhielt sich mit irgendwelchen Bekannten und achtete nicht auf mich, der ich zwar Wasser sehr mochte, aber eben noch nicht schwimmen konnte. So kam es, dass ich allein an einem der kleinen Pfuhle ins Wasser ging. Ich bewegte mich aber nur am Rande entlang, wollte den Pfuhl in Ufernähe umlaufen, so etwa bis zum Bauch im Wasser. Plötzlich kam ich an eine Stelle, wo das Wasser viel tiefer war und ich geriet unversehens unter Wasser. Da ich nicht schwimmen konnte, kam ich mir ziemlich hilflos vor und wäre wohl in Kürze ertrunken, hätte nicht unser Nachbar, Bäckermeister Jordan, mein Untergehen von einem anderen Pfuhl, in dem er gerade badete, zufällig gesehen. Er kam mir zu Hilfe und rettete mich. Später, nachdem ich mir selbst das Schwimmen beigebracht hatte, überraschte ich einmal meine Mutter mit einem Sprung vom 7,5-Meter-Turm, als sie gerade zur Tür des Schwimmbades hereinkam. Dabei blieb ich dann noch extra lange unter Wasser, um ein Unglück vorzutäuschen. Als ich dann an der Leiter wieder auftauchte, war ich ganz stolz auf mein Können. Meine Mutter war beeindruckt und aber auch entsetzt.
Mein Jagdtrieb muss damals schon relativ ausgeprägt gewesen sein, hatte ich es doch auf Vögel abgesehen. Ich besaß ein Katapult, der Gummi stammte von einem alten Autoschlauch meines Opas. Damit ging ich auf Pirsch und erlegte die schönsten Singvögel, die ich an Ästen im Gestrüpp aufhängte. Da ich keine Zeugen dafür hatte, sollten doch auch andere von meinen „Jagderfolgen“ erfahren. So erzählte ich davon den Mitschülern.
Meine Mutter mit mir, ca. 1939
Die Vertreibung