Название | Tschefuren raus! |
---|---|
Автор произведения | Goran Vojnović |
Жанр | Языкознание |
Серия | Transfer Bibliothek |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783990371169 |
Dejan ruft ihnen ständig was hinterher, die allervulgärsten Meldungen, dass dann alle Tussen, wenn sie uns nur von Weitem sehen, machen, dass sie wegkommen. Einmal, als er der Moderatorin was nachgerufen hat, hätte ich ihm fast eine gescheuert, weil er wirklich grauenhaft war. Und dann das Hinterherpfeifen. Ständig. Bei jeder, die vorbeigeht. Das ist das Tschefurischste auf der Welt. Keine Ahnung, wo sie sich das ausgedacht haben.
Je mehr ich darüber nachdenke, scheint mir, dass ich mit dem, mit Sex und so, meine Schwierigkeiten habe. Denn wenn ich normal wäre, hätte ich schon mal eine gepoppt. Aber dann denke ich, das ist deshalb, weil bei uns zu Hause Sex ein Tabu ist. Über Sex wird bei den Tschefuren nicht gesprochen. Der existiert nicht. Meiner Schätzung nach haben Radovan und Ranka sowieso schon hundert Jahre nicht mehr. Wo sollen sie auch, wenn ich im Nebenzimmer bin und die Wände in Fužine so dünn sind, dass ich Radovan höre, wenn er schnarcht. Und wenn ein Film im Fernsehen läuft und da zwei anfangen, miteinander rumzumachen und so, wechselt Radovan sofort das Programm. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich Radovan frage, wann er zum ersten Mal hat, oder Ranka. Das Einzige, wo mal ein Fick erwähnt wird, ist, wenn irgendwelche schweinischen Witze erzählt werden, wenn Mujo Fata pempert und so. Sonst keine Chance.
Mit Adi, Dejan und Aco rede ich auch nicht darüber. Ich meine, ernsthaft. Klar sind wir ständig am Flachsen, Adi erklärt, dass er Tanja Ribič und Rebeka Dremelj nageln würde, Dejan Jelena Karleuša, und Aco Nataša Bekvalac. Ich sage dann meistens Severina, und dann heißen sie mich einen Ustascha, diese Wichser. Gute Möpse sind aber eine supranationale Kategorie. Aber ernsthaft reden wir nie darüber. Weil jeder Angst hat, dass ihm die anderen auf den Kopf scheißen, wenn er sagte, was ihn anmacht. Und wie sie das täten. Wenn ich sagen würde, dass ich auf die Moderatorin stehe, würde ihr Dejan jedes Mal, wenn sie vorbeigeht, nachrufen: „He, Moderatorin! Moderatorin! Marko würde dich gern in deinen Arsch pempern!“
Deshalb starre ich wieder auf den Boden. Wieder trägt sie Heels, und wieder riecht der Aufzug nach ihrem Parfüm. Und wieder geht die Tür vom Aufzug auf und wieder warte ich, dass sie sich etwas entfernt, und gehe hinter ihr her. Wieder hat sie die eng anliegenden Hosen an, und wieder schaukeln die Bäckchen links, rechts, rauf, runter. Was für ein Arsch! Und wieder gehe ich hinter ihr her bis zur Haltestelle, und sie steigt in den Bus, und ich tue, als würde ich auf den nächsten warten, und gehe, wenn der Bus weg ist, zurück vor den Block.
Aber auf sie kann ich nicht wichsen. Geht nicht. Komisch ist das, aber es geht nicht. Auf andere Nachbarinnen geht es, und auch auf Mitschülerinnen und so, aber auf sie kann ich einfach nicht. Ob das Verliebtheit ist oder sonst ein Fotzenrauch, weiß ich nicht, ich weiß nur, dass mein sogenanntes Liebesleben total im Arsch ist und dass ich total im Arsch bin und dass ich auch das nächste Mal, wenn wir allein im Aufzug fahren, keinen Ton rausbringen, sondern wieder nur auf den Boden starren werde. Vielleicht war Radovan derselbe Loser, oder ein noch größerer, und deshalb will er jetzt nicht darüber reden, weil es für ihn noch immer peinlich ist. Scheiße, Blut ist kein Wasser.
10. Warum ich das Training geschmissen habe
Zur Belohnung, weil ich einem Vollpfosten von Olimpija die Fresse rechts links poliert habe, war ich für eine Woche suspendiert. Das hat sich unser idiotischer Trainer ausgedacht, der sich aufbläst und ständig was von Fair Play faselt, der Sprücheklopfer. Ein debiler Oberstreber, der Basketball aus Büchern gelernt hat, scheiß auf die. Sein Fair Play kann er sich in den Arsch schieben, weil er von Basket keinen Schimmer hat. Da hat er sich irgendwelche amerikanischen Stehsätze angedudelt und war zweimal in Amerika auf so Lehrgängen, aber das hilft bei ihm überhaupt nicht, wenn der Typ nicht dribbeln kann und sich sogar an der Linie verhakt. Scheiß auf Fair Play und Suspendierung und all den anderen Scheiß. Er hat sich auch dieses Klemmbrett ausgedacht und malt jetzt auf dem herum und denkt, dass das full eine Taktik ist. Diese dämlichen Wichtigtuer machen den slowenischen Basketball kaputt. Das ist diese Mentalität. Wenn du ihn fragst, wer der beste Basketballer ist, wird er sagen, der, der gute Blocks aufstellt und hoch springt, und in der Abwehr zustellt und alle Aktionen im Angriff kennt, nicht aber einer, der über drei Riesen unterm Korb hinweg zehn Dreier einlocht. Wichtig ist, dass du fleißig bist und dass du die taktischen Ideen des Trainers befolgst. Wenn Jordan immer nur auf die Trainer gehört hätte, wäre er noch heute eine gewöhnliche Pfeife und keine Legende. Denn diese Suspendierungen sind nicht deshalb, weil wir die grünen Luschen ein bisschen vermöbelt haben, sondern weil wir in der letzten Sekunde seinen taktischen Schwachsinn nicht befolgt haben und einen Korb gemacht haben. Das ist das Trauerspiel beim slowenischen Basket. All die dicken Tränensäcke, die uns ihre Weisheiten verkaufen wollen.
Und deshalb bin ich absichtlich fünfzehn Minuten später zum Training gekommen, und das noch mit einem Tschick im Mund. Der fette Sack kann mir mal einen blasen. Eine Schande ist das, dass solche Tanzbären bei Slovan überhaupt Trainer sind. Das will ja doch so etwas wie ein ernsthafter Klub sein. Gleich wie ich ihn sehe, wie er da vor der Halle steht, voll wütend, zu jedem Scheiß bereit, und wie er mich mit dem Tschick sieht, fängt er an zu fauchen und seine roten Bauernbäckchen werden dabei noch röter. Und dann will ich in die Halle, und der Typ lässt mich nicht und fängt an, mich wegzuziehen. Der Sack zieht mich zu meinem Tschick, den ich ins Gras gefuckt habe.
„Heb das auf!“
„Weshalb?“
„Heb das auf!“
Und dann hebe ich das auf und drehe mich um, ob es wo einen Mülleimer gibt, wenn er schon ein solcher Kretin ist, dass er mir mit ökologischem Quatsch kommt.
„Ciao. Wenn du Basket spielen willst, kannst du wiederkommen.“
Und geht in die Halle und schließt hinter sich ab. Ich fass es nicht. Was für ein Idiot. Der ist doch nicht normal. Diese Streberfotze. Was für ein Schwachkopf! Ich fass es nicht. Aber so ist es. Das ist der Dank, wenn du in der letzten Sekunde einen Korb machst und Staatsmeister wirst. Das gibt’s sonst nirgends auf der Welt. Diese Kretins. Deshalb wird Slowenien nie was reißen im Basket. Deshalb wird alles schön den Bach runtergehen. Ihr Arschlöcher, ihr verwichsten. Näht dir die Mami deine Trainerweste, oder macht das dein Stecher? Wirst du deinen Stecher heiraten, Arschlecker, debiler? Blas ihm einen, du abgewichster Affe. Das gibt es nur in diesem abgefuckten Slowenien. Du machst einen Korb in der letzten Sekunde, und am nächsten Tag stellen sie dich vor die Tür. Wenn Jordan in Slowenien geboren wäre, könnte er denen die Handtücher hinterhertragen, die gute Blocks aufstellen. Verpiss dich, du Wichser! Čipša none! Schieß in den Wind, du Schwuchtel! Soll dir der Arsch bluten!
Ich habe keine Lust mehr. Mir reicht’s. Ich werde nicht mehr trainieren. Sie werden schon noch anrufen und mich betteln, dass ich komme. Es wird ihnen noch leidtun. Fotzen, slowenische. Was für Arschlöcher. Sollen doch die Nejcis und Rančićis für euch spielen, da werdet ihr einen Dreck Staatsmeister, armselige Loser. Wen interessiert das. Spiel ich eben drei gegen drei in Fužine. Das ist sowieso der bessere Basketball als eure Kritzeleien auf dem Klemmbrett.
Wie ich so gehe und so tue, als wär ich der Stärkste und würde einen Dreck auf alles geben und die ganze Welt könnte mich am Arsch lecken, macht mich das Tap-tap aus der Halle ganz fertig. Man hört das Training, zwanzig Bälle, das Quietschen der Treter und alles. Das macht mich so fertig, dass ich plötzlich ganz feuchte Augen habe. Ich schwöre, dass ich im Leben noch nie geweint habe, aber dieses Scheißgeräusch macht mich fertig. Das bringt mich um. Ich bleibe stehen und horche auf das Training. Wie hypnotisiert. Und dann fällt mir Radovan ein und ich muss daran denken, was es aus ihm macht, wenn er erfährt, dass ich nicht mehr trainiere, und ich bin fertig. Ich fühle mich saumäßig, ich bin so im Arsch, dass die Tränen nur so laufen. Zuerst will ich zurück in die Halle und es diesem Kretin so richtig zeigen. Aber dann stehe ich nur da und plärre und horche auf das Tap-tap der Bälle. Ich bin total fertig. Und dann drehe ich mich um, dass mich ja keiner sieht, und wische die Tränen weg, ich drehe mich zur Wand der Halle und gehe ganz schnell von dort weg, damit ich