Work-Life-Balance. Uta Kirschten

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Название Work-Life-Balance
Автор произведения Uta Kirschten
Жанр Зарубежная деловая литература
Серия
Издательство Зарубежная деловая литература
Год выпуска 0
isbn 9783739801988



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umfasst die Wertsteigerung ausgehend von der Rohstoffgewinnung, über die Weiterverarbeitung zu Vorprodukten und Produkten oder Dienstleistungen, deren Verkauf an Kunden, die Nutzung der Produkte oder Leistungen bis hin zur Wiederverwertung oder zur Entsorgung eines Produktes. Die meisten heute hergestellten Produkte bestehen aus international beschafften Rohstoffen, Vorprodukten und Arbeitsleistungen. Ein Beispiel für globale Wertschöpfungsketten ist die Textilindustrie, die sowohl die Rohstoffe als auch die meisten Arbeitsleistungen und Vorprodukte international beschafft und aufgrund der geringen Löhne für die Rohstoffgewinnung und Verarbeitung sowie den oft unsozialen Arbeitsbedingungen in anderen Ländern eine hohe eigene Wertschöpfung erzielt. Aber auch z.B. für die Herstellung von Laptops, Smartphone und anderer technischer Geräte werden viele spezielle Rohstoffe (z.B. bestimmte Metalle, seltene Erden, Kobalt) aus anderen Ländern bezogen, um sie in Deutschland zu hochwertigen Produkten weiterzuverarbeiten. Diese globalen Wertschöpfungsketten verschärfen den internationalen Wettbewerb, schaffen Abhängigkeiten und gleichzeitig auch die Ausnutzung international sehr unterschiedlicher Arbeitslöhne und Arbeitsbedingungen, um Produkte möglichst kostengünstig und damit hoch wertschöpfend herzustellen. Dies kann auch zulasten der einheimischen Arbeitsbedingungen bzw. zur Auslagerung einheimischer Produktionsbereiche und damit zum Wegfall von Arbeitsplätzen führen. (vgl. z.B. www.dgb-bildungswerk.de/gute-arbeit/globale-wertschoepfungsketten. Abruf 10.09.2020).

      Um international erfolgreich tätig sein zu können, benötigen die Unternehmen Mitarbeiter, die neben dem aufgabenbezogenen Fachwissen auch über internationale Kompetenzeninternationale Kompetenzen verfügen. Dazu gehören u.a. interkulturelle Kenntnisse, Verständnis für andere Kulturen, Sprachkenntnisse aber auch Kompetenzen zur internationalen Zusammenarbeit und Verhandlung. Darüber hinaus erfordert eine internationale Unternehmenstätigkeit mobile und flexible Mitarbeiter, die bereit sind, z.B. als Expatriates für eine gewisse Zeit in einem ausländischen Tochterunternehmen zu arbeiten oder als Impatriates für eine gewisse Zeit im inländischen Mutterunternehmen zu arbeiten. Auch die internationale Zusammenarbeit über Kontinente und damit Zeitgrenzen hinweg erfordert eine neue Flexibilität der MitarbeiterFlexibilität der Mitarbeiter. Weitere Herausforderungen betreffen z.B. die Führung internationaler Teams und die Entwicklung der Unternehmensstrukturen sowie der Unternehmenskultur im Hinblick auf eine internationale oder gar globale Unternehmenstätigkeit.

      Dieser Trend zur internationalen und auch globalen Wirtschaftstätigkeit vieler Unternehmen erhöht für die Mitarbeiter die benötigten Qualifikationen und geforderten Anforderungen an ihre Arbeitsaufgaben. Insbesondere wird eine steigende MobilitätMobilität und Flexibilität der Mitarbeiter gefordert, sofern sie im Unternehmen „Karriere“ machen und verantwortungsvollere Aufgaben übernehmen möchten. Ein- oder mehrjährige berufliche AuslandsaufenthalteAuslandsaufenthalte lassen sich jedoch schwer mit den Anforderungen anderer privater Lebensbereiche (z.B. mit einer Familie) vereinbaren und führen häufig zu Interessenskonflikten zwischen der Arbeitswelt und anderen Lebensbereichen. Die für eine internationale Projektzusammenarbeit notwendige zeitliche Flexibilität (aufgrund der Zusammenarbeit in unterschiedlichen Zeitzonen z.B. zwischen Deutschland und Amerika, oder China) kollidiert vielleicht mit bestimmten zeitlichen Verpflichtungen anderer Lebensbereiche, z.B. der Betreuung der eigenen Kinder oder pflegebedürftigen Eltern. Hier können unternehmerische Work-Life-Balance-Maßnahmen helfen, mögliche Konfliktpotenziale zwischen den Anforderungen und Interessen verschiedener Lebensbereiche zu verringern und Problemlösungen zur besseren Vereinbarkeit einer internationalen Berufstätigkeit mit z.B. den Familienpflichten anzubieten.

      2.3.3 Steigende Dynamik und Komplexität der Wirtschaft

      Wesentlich vorangetrieben durch die steigende Digitalisierung sind die DynamikDynamik der Wirtschaft aber auch die Komplexität der WirtschaftKomplexität der Wirtschaft in den letzten zwei Jahrzehnten stark gestiegen. Die InnovationszyklenInnovationszyklen werden immer kürzer, weil die Märkte in immer kürzerer Zeit neue Produkte und Technologien fordern, aber auch anbieten können. Unternehmen müssen heute in der Lage sein, sich schnell veränderten Kundenwünschen anzupassen, auf Produktentwicklungen von Wettbewerbern umgehend reagieren zu können und mit den neuen, oft digitalen Technologien Schritt halten zu können. Hierbei gilt es, auch die veränderten Wirkungszusammenhänge der Märkte sowie die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und flexiblerer Organisationsstrukturen zu berücksichtigen, um frühzeitig und kompetent mit den vielfältigen Veränderungen umgehen zu können. Die Globalisierung der Wirtschaft verschärft diese Dynamik und Komplexität noch zusätzlich.

      Für die Beschreibung der durch die Digitalisierung getriebenen steigenden Dynamik und Komplexität der Wirtschaft mit ihren vielfältigen Veränderungen hat sich in den letzten Jahren der Begriff der VUKA-WeltVUKA-Welt (englisch VUCA) etabliert.

      Er ist ein Akronym und steht für

       Volatilität bzw. Unbeständigkeit (volatility),

       Unsicherheit (uncertainty),

       Komplexität (complexity) und

       Ambiguität bzw. Mehrdeutigkeit (ambiguity).

      Ursprünglich wurde der Begriff der VUCA-Welt in den 1990er Jahren am United States Army War College (USAWC) entwickelt zur Beschreibung der multilateralen Welt nach dem Ende des Kalten Krieges (vgl. Johansen 2012). In den folgenden Jahren veränderte sich die Begriffsverwendung hin zur Beschreibung wesentlich durch die zunehmende Digitalisierung getriebener steigender Dynamik und Komplexität der Märkte und Wirtschaft, die von den Unternehmen neue Geschäftsmodelle und flexiblere Unternehmensstrategien fordern, um mit der stark gestiegenen Unbeständigkeit, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit der Wirtschaftswelt umgehen zu können. (vgl. Johansen 2012; Mack/Khare 2016). Gleichzeitig verändert die VUKA-Welt auch stark die Arbeitswelt mit ihren Arbeitsbedingungen, Aufgabenbereichen und Arbeitsmodellen (vgl. Brandes-Visbeck/Thielecke 2018, S. 17).

      Um eine genauere Vorstellung der VUKA-Welt zu ermöglichen, werden die einzelnen Begrifflichkeiten im Folgenden etwas ausführlicher vorgestellt.

       VolatilitätVolatilität bedeutet Unbeständigkeit oder auch eine hohe Schwankungsbreite. Bezogen auf Veränderungen ist damit gemeint, dass sich Veränderungen in zeitlich deutlich kürzeren Abständen entwickeln und in ihrer inhaltlichen Ausprägung sehr stark und umbruchhaft sein können. Beispielsweise werden schnell fallende oder steigende Aktienkurse als volatil bezeichnet. Im Hinblick auf die Digitalisierung und die Märkte bedeutet Volatilität, dass beispielsweise neue Wettbewerber aus ganz unterschiedlichen Branchen sich sehr schnell am Markt mit neuen Angeboten etablieren können und so das bisherige Marktgefüge verändern können. Ein treffendes Beispiel hierfür ist das Unternehmen Airbnb, das sich seit einigen Jahren als neuer branchenfremder Wettbewerber in der Hotelbranche etabliert hat. Die Unternehmensidee hatte ein arbeitsloser junger Produktdesigner, der für die Dauer einer Designermesse in San Francisco eine Unterkunft suchte. Der Unternehmenswert von Airbnb liegt heute bei mehr als 30 Milliarden US-Dollar. (vgl. Brandes-Visbeck/Thielecke 2018, S. 18). Dieses Beispiel zeigt, wie schnell und unerwartet neue Wettbewerber bestehende Märkte verändern können und wie stark der Innovationsdruck auf die Märkte und Unternehmen zunimmt. Die digitalen Technologien beschleunigen und verstärken potenzielle Veränderungen noch.

       UnsicherheitUnsicherheit entsteht aufgrund der hohen Veränderungsdynamik und der unzureichenden Vorhersehbarkeit möglicher neuer Marktentwicklungen. Unternehmen müssen diese Unsicherheiten stärker in ihren Strategieentwicklungen berücksichtigen und insgesamt flexibler und schneller auf Veränderungen des Marktes reagieren. Hierfür bedarf es auch der Entwicklung flexiblerer Organisationsstrukturen und -abäufe, wie die Entwicklungen von Netzwerkunternehmen und hierarchiearmen Unternehmen zeigen. (vgl. Brandes-Visbeck/Thielecke 2018, S. 18f.).

       KomplexitätKomplexität bedeutet, dass eine Vielzahl an Faktoren Prozesse und Handlungen beeinflussen und Veränderungen bewirken können. Auch eine einzelne Handlung eines Akteurs kann Auswirkungen auf ganz unterschiedliche Parameter und andere Akteure haben. Die Digitalisierung und